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Streit statt Jubel auf dem AU-Gipfel

Ludger Schadomsky11. Juli 2012

Die Afrikanische Union feiert ihren 10. Geburtstag, und die Mitglieder streiten. Es geht um den Chefposten im Bündnis und die Krisen in den Ländern Mali, Sudan und Somalia. Droht der Union die Spaltung?

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Südafrikas Ministerin für Internationale Beziehungen und Zusammenarbeit auf dem AU-Gipfel in Addis Abeba am 12.07.12 (Foto: epa/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es war symbolträchtiger Termin: Der Gipfelbeginn am Montag (09.07.2012) fiel ausgerechnet auf den 10. Geburtstag der Afrikanischen Union (AU). 2002 wurde sie als Nachfolgerin der ineffektiven Organisation Afrikanischer Einheit (OAE) gegründet, heute gehören ihr 53 Staaten an. Und so übertünchten Festreden die diplomatische Krise im Vorfeld des Treffens, das bis zum 16. Juli geht. Malawi, das den Gipfel ursprünglich ausrichten sollte, hatte zuerst den vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gesuchten Präsidenten Sudans, Al-Bashir, ausgeladen und sich dann als Gastgeber zurückgezogen. Der Gipfel musste an den Hauptsitz der AU, ins äthiopische Addis Abeba, verlegt werden. Das wiederum veranlasste Malawis Präsidentin Joyce Banda dazu, die Versammlung zu boykottieren.

Befürworter und Gegner des Weltgerichts

Logo der Afrikanischen Union (Logo: Afrikanische Union)
Die Afrikanische Union - tief gespalten?

Tief gespalten ist die Union über den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. 2010 hatte die AU in Uganda entschieden, das Tribunal nicht zu unterstützen - eine Entscheidung, an die sich zahlreiche Mitglieder wie Südafrika und Botswana nicht gebunden fühlen. Sie gehören zu den inzwischen 33 afrikanischen Staaten, die das Gründungsstatut des Gerichts ratifiziert haben.

Dazu kommt die hitzige Diskussion um den neuen Kommissionspräsidenten, eine Art Premierminister Afrikas. Dessen Wahl war bereits einmal verschoben worden, weil keiner der Kandidaten die notwendige Zweidrittelmehrheit bekam.

Machtkampf um den Chefposten

Zur Wahl stehen Amtsinhaber Jean Ping aus Gabun, ein Vertreter des traditionell dominierenden frankophonen Blocks innerhalb des Bündnisses und Nkosazana Dlamini-Zuma, die Innenministerin Südafrikas, als Vertreterin der englischsprachigen Staaten. Südafrika verweist nach außen auf die Geschlechterbalance und möchte mit Dlamini-Zuma erstmals eine Frau an die Spitze der AU bringen.

Nkosazana Dlamini-Zumadpa (Foto: dpa)
Südafrikas Innenministerin Dlamini-ZumaBild: picture-alliance/ dpa

Tatsächlich geht es um die strategische Frage, ob das Schwergewicht Südafrika, das den Kontinent bereits im UN-Sicherheitsrat und in der G20 vertritt, auch auf dem eigenen Kontinent mehrheitsfähig ist. So ginge es nicht etwa um einen Wettkampf zwischen mehrheitlich frankophonen und anglophonen Ländern, sagt Jide Okeke vom Institut für Sicherheitsstudien (ISS) in Nairobi, sondern um einen "Zusammenprall zwischen den Interessen dominanter Regionalmächte". Südafrika habe die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) hinter sich, erklärt der Analyst. Das kleine Gabun dagegen werde von vielen westafrikanischen Staaten unterstützt, angeführt vom englischsprachigen Nigeria.

Ein ungeschriebenes Gesetz der AU besagt, dass vorrangig kleine und weniger finanzstarke Mitgliedsländer führende Positionen bekleiden sollen. Südafrika hat mit seiner Kandidatur dieses Gesetz gebrochen und damit besonders die politischen Schwergewichte Algerien und Nigeria verärgert. Die Südafrikaner argumentieren dagegen, die Union benötige eine starke Führung, um ein Dilemma wie in der Libyen-Krise zu vermeiden. Damals wollte sich die AU lange nicht positionieren.

Ganz oben auf der Agenda: Mali und Sudan

Islamistische Rebellen in Mali (Foto: rtr)
Islamisten und Rebellen: Krisenherd MaliBild: Reuters

Bis zur Entscheidung über den neuen oder alten AU-Chef werden die Delegierten über die aktuellen Krisen beraten. Neben Guinea-Bissau steht dabei Mali ganz oben auf der Tagesordnung. Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS will militärisch eingreifen – der UN-Sicherheitsrat verweigert seine Zustimmung. Andreas Mehler, Direktor des GIGA-Instituts für Afrika-Studien, fordert "sehr viel konkretere Pläne" über Personal, Zeit und politische Ziele. "Das scheint mir noch alles nicht so geklärt zu sein, die ECOWAS rennt ein bisschen vorne weg und zieht die anderen hinterher", so Mehler.

Auch der Konflikt im Sudan wird auf der Tagesordnung der Staats- und Regierungschefs am Abschluss-Wochenende des Gipfels stehen. Nur wenige Meter vom Tagungsort entfernt verhandeln seit Monaten Sudan und Südsudan über eine politische Lösung – etwa für den Ölstreit, der inzwischen beide Länder an den Rand des Staatsbankrotts und in Khartum Demonstranten auf die Straße treibt.

Krisenherde statt Freihandelszone

Und auch der Dauerbrenner Somalia wird diskutiert: Das Mandat der umstrittenen Übergangsregierung (TFG) läuft zum 20. August aus. Dann sollen ein neuer Präsident und eine neue Regierung bestimmt werden. Afrika-Experte Mehler spekuliert, dass die AU einen Verhandlungserfolg bloß symbolisch herstellen will. "Aber solange die Sicherheitsprobleme nicht geklärt sind, ist in der Sache wenig gewonnen", sagt er. "Wir werden symbolische Politik erleben und die wird wenig ändern".

Der Streit über die Verschiebung des Tagungsortes, den Boykott Malawis und die Anwesenheit des Sudanesen Al-Bashir wird den Gipfel nicht überschatten, meint Mehler. Im Gegenteil: Letzteres sei sogar für die Lösung des Sudan-Konflikts notwendig: "Das hat den Ausschlag gegeben, weshalb man Malawi als Standort auch nicht aufrecht erhält, weil man eben Bashir sozusagen haben muss". Angesichts der vielen aktuellen Krisen wird das eigentliche Gipfelthema - eine pan-afrikanische Freihandelszone bis 2017 - wohl nur nachrangig diskutiert werden.