Kritik am Shootingstar der Demokraten
9. November 2018Der Einzug der Demokratin Ilhan Omar ins US-Repräsentantenhaus wird von ihren Unterstützern als Erfolg für die Demokratie und mehr Vielfalt gefeiert. Doch insbesondere rechts-konservative Kreise in den USA werfen der in Somalia aufgewachsenen Abgeordneten eine antisemitische Haltung vor.
Ilhan Omar selbst hat diese Vorwürfe vermehrt zurückgewiesen und sieht diese als Teil einer Hasskampagne gegen ihre Person. Ilhan Omar flüchtete als Kind mit ihrer Familie aus Somalia, und lebte vier Jahre in einem Flüchtlingslager in Kenia, bevor sie 1995 in die USA kam. Omar ist damals zwölf Jahre alt. Zuletzt saß die Muslima als erste Somali-Amerikanerin im Repräsentantenhaus von Minnesota. Sie wird die erste Kongressabgeordnete im US-Repräsentantenhaus sein, die einen Hijab trägt.
Ausgelöst wurde die Antisemitismus-Debatte durch einen Tweet aus dem Jahr 2012:
Für Zweistaatenlösung starkgemacht
"Israel hat die Welt hypnotisiert, möge Gott die Menschen erwecken und ihnen helfen, die bösen Taten Israels zu sehen." Der Tweet war wahrscheinlich eine Reaktion auf israelische Luftangriffe auf den Gazastreifen, mit denen das Militär damals auf Raketenangriffe der Hamas reagierte. Der rechts-konservative Kolumnist John Gilmore antwortete im Mai 2018 auf diesen Tweet und brachte damit die Debatte ins Rollen. Er wirft Omar vor eine "stolze Judenhasserin" zu sein. Omars Antwort: "Auf das Apartheid Regime Israels aufmerksam zu machen, kann nicht mit Judenhass gleichgesetzt werden."
Auch während ihrer Amtszeit im Repräsentantenhaus von Minnesota bezieht Omar zu Israel Stellung. Im Februar 2017 verabschiedet der Bundesstaat einen Gesetzentwurf, der Staatsverträge mit Partnern verbietet, die Israel boykottieren. Omar stimmt damals gegen diesen Entwurf. Ihre Begründung: "Ich hätte gerne für einen Gesetzentwurf gestimmt, […] der gegen alle Art von Diskriminierung steht. Ich möchte nicht Teil einer Abstimmung sein, die Menschen einschränkt, für Gerechtigkeit und Frieden zu kämpfen."
Zuletzt distanzierte sich Omar von Boykott-Bewegungen wie BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen), die Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren wollen. Zudem befürwortet sie nun öffentlich eine Zweistaatenlösung. Auf einer Wahlkampfveranstaltung in einer Synagoge im August 2018 sagte die Kongessabgeordnete: "Es ist wichtig, den rechtmäßigen Platz Israels im Nahen Osten und den des jüdischen Volkes in dieser Region anzuerkennen." Die BDS-Bewegung sei nicht hilfreich auf dem Weg zu einer friedlichen Zweistaatenlösung.
Die Anti-Diffamierungs-Liga (ADL), die sich in den USA gegen die Diskriminierung von jüdischen Menschen einsetzt, sagt in einem Statement gegenüber der Deutschen Welle: "Während Ilhan Omars vergangene Tweets über Israel beunruhigend waren, sind ihre jüngste Ablehnung der BDS-Bewegung und ihre Unterstützung für eine Zweistaatenlösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt ermutigend. Wir hoffen, dass sie sich als Kongressabgeordnete weiterhin für diese Ansichten einsetzt und die Menschen in ihrem Bezirk, zu dem auch Juden und viele andere gehören, die Israel unterstützen, voll und ganz vertritt."
Bei diversen öffentlichen Auftritten hat Omar zuletzt wiederholt klar gemacht, sie dulde keinerlei Diskriminierung und sei überzeugt, Juden und Muslime seien Allierte im Kampf gegen Fanatismus wie Antisemitismus und Islamophobie.
Vorwürfe bleiben trotz Distanzierungen
Als im Oktober elf Menschen in einer Synagoge in Pittsburgh erschossen werden, zeigt sich Omar bestürzt. Auf Twitter schreibt sie: "Unsere Herzen sind bei den Familien der Opfer, aber beten ist nicht genug. Wir müssen handeln, um den giftigen Antisemitismus und Hass zu beenden, der zu Gewalt wie dieser führt." Wenige Tage später nimmt sie an einer Andacht in einer Synagoge teil.
Trotz dieser jüngeren Entwicklungen, wird Ilhan Omar insbesondere auf Twitter weiter Israelfeindlichkeit vorgeworfen. Die Demokratische Partei wollte sich auf Nachfrage der Deutschen Welle nicht zu den Anschuldigungen gegenüber Ilhan Omar äußern.
Ihre Kollegin Rashida Tlaib, die als zweite muslimische Frau neben Omar für die Demokraten in den Kongress einzieht, erntet in den USA weniger Kritik. Dabei bietet die Tochter palästinensischer Eltern ebenso viel Angriffsfläche, allerdings verpackt in weniger plakativen Aussagen.
Im Gegensatz zu Omar ist sie für eine Einstaatenlösung im israelisch-palästinensischen Konflikt. "Ein Staat. Es muss ein Staat sein", sagt sie gegenüber dem Magazin "In These Times". Im selben Interview sagt sie auch: "Ich stehe zu den Rechten von Menschen, die BDS unterstützen." Und auf die Frage eines Reporters von Channel 4, ob sie die amerikanische Unterstützung für das israelische Militär kürzen würde, antwortet sie mit Ja. Tlaib rückt mit diesen Ansichten jedoch immer nur auf Nachfragen von Journalisten raus und verbreitet diese nicht auf Twitter. Anders als Omar hatte sie in den Kongresswahlen am vergangenen Dienstag zudem keinen republikanischen Kontrahenten. Sie trat als einzige Kandidatin in ihrem Wahlkreis an. Ihr Sieg war ihr damit sicher. Möglicherweise machte sie das zu einem weniger interessanten Angriffsziel für rechts-konservative Kreise.
Kritik an Israel oder antisemitische Aussagen von Kongressabgeordneten in den USA gab es in der Vergangenheit immer wieder - sowohl von Republikanern als auch von Demokraten.