Oppositionelle prangern Menschenrechtslage in Honduras an
2. März 2010Putsch oder nicht? Für den honduranischen Regierungskritiker Jesús Garza gibt es da keine Diskussion. "Natürlich war das ein Putsch", sagt er in einem kleinen Sitzungssaal im Obergeschoss des Reichstags in Berlin, "aber wir müssen auch ganz klar sehen, dass es sich um eine neue Qualität des Staatsstreichs handelt." Im vergangenen Jahr, nachdem die Armee den Präsidenten Manuel Zelaya aus dem Land vertrieben hatte, verschwanden die Truppen mit ihren gepanzerten Wagen schnell wieder in den Kasernen. In der neuen Regierung gab es keine Militärs und die neuen Machthaber verwiesen immer wieder darauf, dass ihr Vorgehen verfassungskonform sei. "Das war von langer Hand vorbereitet, so dass die entsprechenden Posten im obersten Gerichtshof und bei der Staatsanwaltschaft mit den richtigen Leuten besetzt werden konnten." Also kein militärischer Putsch im herkömmlichen Sinne? "Ich würde lieber von einem politisch-militärischen Staatsstreich sprechen", sagt Garza.
Garza reist zusammen mit der Oppositionellen Berta Oliva durch Europa, um ihre Sicht vom abrupten Machtwechsel in Honduras öffentlich zu machen. In Berlin waren sie Gäste der Linkspartei. Sie suchen die Öffentlichkeit, weil sie glauben, dass sich international eine ganz andere Sicht der Ereignisse durchsetzen könnte. Besonders nach den Präsidentschaftswahlen im November 2009.
Suche nach internationaler Anerkennung
Der konservative Porfirio Lobo hat vor einem Monat sein Amt angetreten und setzt alles daran, als Versöhner des zerstrittenen lateinamerikanischen Landes aufzutreten und die internationale Isolation zu durchbrechen. Er macht sich für eine Wahrheitskommission stark und eine Amnestie für die Zeit des Machtwechsels. International wird das geschätzt. Spanien, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft ausübt, hat Lobo zum EU-Lateinamerika-Gipfel im Mai nach Madrid eingeladen. Dort soll über ein Freihandelsabkommen verhandelt werden.
"Das gesamte Rechtssystem wird von den Putschisten ausgenutzt", meint Berta Oliva. Die Medien seien gleichgeschaltet, um ein geschöntes Bild von der Realität in Honduras wiederzugeben. Es sei in der offiziellen Presse nichts von gezielter Gewalt gegen Regierungskritiker, organisierten Vergewaltigungen und politischen Morden zu lesen. Selbst die internationalen Wahlbeobachter, die im November nach Honduras gekommen waren, um die Präsidentschaftswahlen nach dem Machtwechsel zu beobachten, seien getäuscht worden. "Das war schon grotesk", sagt Oliva, "die Wahlbeobachter hatten sich in Luxushotels in den Nobelvierteln zurückgezogen und ihre Hauptinformationsquelle waren die Zeitungen und Sender von genau denen, die für den Putsch verantwortlich waren."
Kritik an Naumann-Stiftung
Nicht nur die honduranischen Medien, auch internationale Beobachter sehen Honduras inzwischen auf dem Weg zu Stabilität und Demokratie. Den beiden Honduranern ist dabei die deutsche Friedrich-Naumann-Stiftung aufgefallen. Sie steht der FDP nahe und damit auch dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel. "Von denen wird ein völlig falsches Bild vom Putsch gezeichnet", sagt Jesús Garza. Die entwicklungpolitische Sprecherin der Linken, Heike Hänsel pflichtet ihm bei: "Die Friedrich-Naumann-Stiftung behauptet, dass es kein Putsch gewesen sei und man jetzt wieder zur Normalität zurückkehren sollte." Am meisten ärgert Hänsel, dass die Stiftung im vergangenen Jahr in den Räumen des Bundestages eine Informationsveranstaltung über Honduras abgehalten hat. "Dazu hat sie Personen eingeladen, die den Putsch politisch unterstützt haben", lautet ihr Vorwurf. Die Friedrich-Naumann-Stiftung verwies auf Nachfrage lediglich auf ihre Publikationen zu Honduras im Internet.
Jesús Garza fordert, dass Porfirio Lobo und seine Regierung erst dann anerkannt werden sollten, wenn sie für die Beachtung der Menschenrechte sorgen und diejenigen bestraft worden sind, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben. "Wir wollen schließlich nichts Unmögliches", sagt Garza. Niemand wolle das Land radikal umbauen, oder Banken und Unternehmen verstaatlichen, "die Leute auf der Straße wollen doch bloß, dass ihre Rechte respektiert werden."
Autor: Heiner Kiesel
Redaktion: Thomas Kohlmann