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Kritik an russischem Adoptionsverbot

Markian Ostaptschuk28. Dezember 2012

Menschenrechtler halten das Adoptionsverbot für eine unangebrachte Reaktion auf US-Sanktionen gegen russische Beamte, denen Menschenrechtsverstöße vorgeworfen werden.

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Heimkinder in Russland Foto: picture-alliance/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Trotz internationaler Kritik hat Russlands Präsident Wladimir Putin am Freitag (28.12.2012) ein Gesetz unterzeichnet, das US-Bürgern die Adoption russischer Kinder untersagt. Die beiden Kammern des russischen Parlaments hatten das Verbot zuvor mit breiter Mehrheit verabschiedet. Das Gesetz trägt inoffiziell den Namen des russischen Kleinkindes Dima Jakowlew, das 2008 in den USA starb, nachdem sein US-Adoptivvater es in einem überhitzten Auto vergessen hatte. Das Adoptionsverbot gilt aber auch als Reaktion auf das sogenannte Magnitski-Gesetz der USA. Dieses sieht Sanktionen gegen russische Funktionäre vor, denen die Verletzung von Menschenrechten vorgeworfen wird. Begonnen wurde die Liste mit jenen, die in Verbindung zum Tod des russischen Anwalts Sergej Magnitski stehen sollen.

Magnitski, der für Hermitage Capital gearbeitet und einen Korruptionsskandal im russischen Innenministerium publik gemacht hatte, war 2008 wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung festgenommen worden. 2009 starb er in einem Moskauer Gefängnis nach Misshandlungen an den Folgen unterlassener Hilfeleistung. Ein Gericht in der russischen Hauptstadt sprach am Freitag den Vizechef des Gefängnisses, Dmitri Kratow, vom Vorwurf der Fahrlässigkeit frei. Zwischen Kratows Handlungen und dem Tod des damals schwer kranken Magnitski gebe es keinen Zusammenhang, so das Gericht. Die USA werfen Russland hingegen schwere Menschenrechtsverstöße vor.

Portrait von Sergej Magnizki (Foto:Alexander Zemlianichenko, File/AP/dapd)
Sergej Magnitski starb in einem Moskauer UntersuchungsgefängnisBild: AP

Menschenrechtler bejahen Sanktionen

Ljudmila Alexejewa, Leiterin der Moskauer Helsinki-Gruppe, begrüßt die Haltung der USA im Fall Magnitski. Die US-Sanktionen, die sich gegen namentlich genannte russische Funktionäre richten, und Einreiseverbote und Kontensperrungen vorsehen, seien "eine richtige Maßnahme, die vollkommen der heutigen Menschenrechtslage in Russland entspricht", betonte Alexejewa im Gespräch mit der DW. Die Personen auf der US-Liste würden tatsächlich die Rechte russischer Bürger verletzen und den Staatshaushalt ausrauben. Dafür müssten sie bestraft werden, so die Menschenrechtlerin.

Portrait von Ljudmila Alexejewa (Foto: DW)
Ljudmila Alexejewa begrüßt US-Sanktionen gegen russische BeamteBild: Egor Winogradov

Auch der Leiter der russischen Nichtregierungsorganisation "Recht des Kindes", Boris Altschuler, befürwortet die US-Sanktionen gegen russische Staatsvertreter. "Das Magnitski-Gesetz verteidigt in Wirklichkeit die russischen Bürger gegen korrupte Beamte, die Menschenrechte verletzen", sagte der Aktivist der DW. Das russische Adoptionsverbot, so Altschuler, bestrafe hingegen die russischen Waisenkinder, die zu Geiseln gemacht würden. "Sie alle könnten eine Familie haben", betonte er. Altschuler hält das russische Adoptionsverbot als Antwort auf das amerikanische Magnitski-Gesetz für völlig unangebracht.

Diese Entwicklung wirke sich negativ auf das russisch-amerikanische Verhältnis aus, meint Alexej Malaschenko vom Moskauer Carnegie-Zentrum. "Die Staatsduma hat sich selbst diskreditiert. Wie sollen die Amerikaner mit diesen Abgeordneten überhaupt noch umgehen?", äußerte Malaschenko gegenüber der DW. An einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen sei in Wirklichkeit aber niemand interessiert. Putin verstehe dies. "Deshalb glaube ich, dass es irgendeinen Kompromiss geben wird ", so der Moskauer Politikexperte.

UNICEF appelliert an den Kreml

Der Kinderrechtsbeauftragte des russischen Präsidenten, Pawel Astachow, hält im Unterschied zu den Menschenrechtlern das Adoptionsverbot für eine gerechtfertigte Antwort auf das amerikanische Magnitski-Gesetz. "Jede feindselige Handlung gegen einen anderen Staat muss von dem Staat erwidert werden, der sich in der Rolle des Opfers befindet", so Astachow. Ihm zufolge sollte grundsätzlich allen Familien aus jenen Ländern die Adoption russischer Kinder untersagt werden, mit denen Russland keine entsprechenden Abkommen habe - und die bestehen derzeit nur noch mit Italien und Frankreich. Das Adoptionsabkommen mit den USA verliert mit Putins Unterschrift unter das neue Gesetz nun seine Gültigkeit.

Portrait von Pawel Astachow (Foto: DW)
Pawel Astachow verteidigt das Adoptionsverbot für US-BürgerBild: DW

Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF fordert die russische Regierung auf, auch künftig Adoptionen aus dem Ausland zu ermöglichen. Moskau müsse dafür sorgen, dass "die derzeitige Notlage vieler russischer Kinder in Heimen bevorzugte Aufmerksamkeit erhält", erklärte UNICEF-Generaldirektor Anthony Lake. Dazu gehöre ein Aktionsplan zur Stärkung russischer Familien, aber auch mehr Betreuung in Pflegefamilien sowie Adoptionen aus dem In- und Ausland.