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Politik

Neuer Streit um Afghanistan-Abschiebungen

22. Februar 2017

Das Bundeskabinett hat schärfere Regeln zu Abschiebungen beschlossen. Kurz davor schlug die Rückführung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan noch einmal Wellen.

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Deutschland Demo gegen die Abschiebung von Flüchtlinge nach Afghanistan in Berlin
In Berlin protestieren Demonstranten gegen die Abschiebung von Flüchtlingen an den Hindukusch Archivbild)Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com/O. Messinger

Abschiebungen nach Afghanistan bleiben ein Streitthema zwischen dem Bund und einigen Bundesländern. Niedersachsen, Bremen und Berlin bekräftigten ihre skeptische Haltung zu den Zwangsrückführungen in das kriegsgebeutelte Land. Parteiübergreifend melden sich Kritiker zu Wort, während Bundesinnenminister Thomas de Maizière den rot-grün geführten Bundesländern eine Blockadehaltung vorwirft.

"Afghanistan ist nicht sicher, das sagt nicht nur der UNHCR, sondern das zeigt auch die Erfahrung der ersten beiden Sammelabschiebungen", betonte die Grünen-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt. Der Bund müsse "die Sicherheitslage neu, seriös und realistisch bewerten". Es gebe keine sicheren Zonen in diesem Land, sagte Göring-Eckardt. Sie freue sich, dass Länder wie Schleswig-Holstein die Spielräume bei Abschiebungen nutzen. Schleswig-Holstein hatte in der vergangenen Woche einen Abschiebestopp für Afghanen erlassen. Die Bundesländer dürfen das in Eigenregie für einen begrenzten Zeitraum. Soll der Abschiebestopp länger als ein halbes Jahr dauern, muss es dafür ein Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium geben.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Frank Schwabe, sprach gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland von populistischer Effekthascherei, "menschenrechtlich fragwürdig und mit enormem Aufwand verbunden". Skeptisch äußerte sich auch der menschenrechtspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Michael Brand. Jeder Einzelfall müsse genau betrachtet werden, sagte der CDU-Politiker. "Weder ist es generell unproblematisch, nach Afghanistan abzuschieben, noch ist ein genereller Abschiebestopp angemessen", sagte Brand. Wer politisch verfolgt werde, müsse weiter Schutz erhalten.

Bayern zeigt Härte

Dagegen kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann an, der Freistaat werde sich auch weiterhin an Abschiebungen nach Afghanistan beteiligen. "Die Einschätzung des Bundesinnenministeriums und des Auswärtigen Amtes, die die aktuellen Erkenntnisse und Erfahrungen der in Afghanistan eingesetzten Einsatzkräfte auswerten, lassen Rückführungen in gesicherte afghanische Provinzen zu", sagte er. Flüchtlingsorganisationen rechnen mit einer weiteren Sammelabschiebung nach Afghanistan an diesem Mittwoch. De Maizière hatte im Oktober 2016 ein Rückführungsabkommen mit Afghanistan unterzeichnet, das Sammelabschiebungen in das Land ermöglicht. Daraufhin hatte es im Dezember eine erste Sammelabschiebung mit 34 Personen, im Januar eine zweite mit 25 Personen gegeben.

Im Ringen um schnellere und konsequentere Abschiebungen kritisierte der Bundesinnenminister die Position einiger rot-grün geführter Bundesländer. "Schwarze-Peter-Spiele bringen uns nicht weiter", sagte de Maizière den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es sei der falsche Weg, wenn gerade einige rot-grün geführte Länder immer reflexartig auf andere zeigten, wenn es Probleme gebe. Sie seien die ersten, "die sich aus der Verantwortung stehlen".

Das gelte zum einen für die pauschale Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan auch in Fällen, in denen Behörden und Gerichte auf der Grundlage einer Einschätzung des Auswärtigen Amtes eine Abschiebung für angezeigt hielten, sagte de Maizière. Zum anderen auch für die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten, die "längst überfällig" sei. Die Blockadehaltung mehrerer rot-grün geführter Bundesländer sei hier "rein parteipolitisch" motiviert. "Wir brauchen beim Thema Rückführung eine gemeinsame Anstrengung, bei der jeder seinen Beitrag leistet."

Kabinett berät Maßnahmenpaket

Das Bundeskabinett billigte unterdessen das von Bund und Ländern vereinbarte Maßnahmenpaket für schnellere und konsequentere Abschiebungen. Das "Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" soll dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unter anderem ermöglichen, bei der Feststellung der Identität von Flüchtlingen auf deren Smartphones zuzugreifen. Vorgesehen ist auch, den Ausreisegewahrsam auf zehn Tage zu verlängern, um zu verhindern, dass sich abgelehnte Asylbewerber der Abschiebung entziehen.

Ebenfalls zu dem Maßnahmenpaket gehört die Regelung, dass Rückführungen möglichst aus den Erstaufnahmeeinrichtungen erfolgen sollen. Ein "Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr" von Bund und Ländern soll künftig Sammelabschiebungen erleichtern. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder hatten sich am 9. Februar auf das Paket verständigt. Nach Angaben des BAMF waren mit Stand vom 31. Dezember rund 207.000 Personen in Deutschland ausreisepflichtig.

kle/jj (afp, kna, epd, dpa)