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Politik

Bin Salman "kann Jemen-Konflikt beenden"

Shamil Shams
26. März 2018

Seit knapp drei Jahren wird im Jemen gekämpft. Der Westen müsse den saudischen Kronprinzen Bin Salman davon überzeugen, den anhaltenden Konflikt zu beenden, sagt der britische Abgeordnete Keith Vaz im DW-Interview.

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London Mohammed bin Salman
Kronprinz Mohammed bin Salman beim Besuch in LondonBild: picture-alliance/empics/V. Jones

DW: Knapp drei Jahre dauert der Jemen-Konflikt nun an. Warum wird er international nicht so sehr beachtet wie der Konflikt in Syrien?

Keith Vaz: Das ist eine sehr gute Frage. Die Fakten zeigen klar, dass sich im Jemen die weltweit schlimmste humanitäre Krise abspielt. Über 22 Millionen Menschen brauchen dringend humanitäre Hilfe; acht Millionen stehen kurz vor dem Hungertod und weitaus mehr als die von der UN geschätzten 10.000 Menschen sind gestorben. Cholera und Diphtherie sind weit verbreitet. Ich denke mal, dass der Jemen vor allem weniger beachtet wird, weil weniger internationale Mächte involviert sind. Doch mehr und mehr Menschen wissen um die Notlage. Wir müssen alle dafür kämpfen, dass mehr im Jemen getan wird, um das Leiden der Jemeniten zu beenden.

Großbritannien Keith Vaz
Keith Vaz ist britischer AbgeordneterBild: AFP/Getty Images/A. Dennis

Noch immer kommt es zu Anschlägen. Was muss passieren, damit wenigstens die alltäglichen Attacken ein Ende nehmen?

Ein aktueller Report zeigt, dass Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) im Durchschnitt fast einen Selbstmordanschlag pro Tag durchführt. Terroristische Organisationen keimen in instabilen Regierungssystemen. Somalia, Afghanistan und Libyen sind nur ein paar Beispiele, wo genau das passiert ist. AQAP hat jedoch tatsächlich Boden im Jemen verloren. Grund dafür sind die US-Drohnenangriffe und Attacken aus den Vereinigten Arabischen Emiraten im Süden des Landes. Aber die Gruppe hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie solche Verluste aushält und gleichzeitig auch noch angreifen kann. Radikale Dschihadisten-Gruppierungen werden so lange da sein, wie Krieg im Jemen herrscht.

Wieso hat die Welt, das Vereinigte Königreich eingeschlossen, noch nichts dafür getan, saudische Angriffe im Jemen zu unterbinden? Im Gegenteil: Die Briten hießen erst vor Kurzem, den saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman willkommen und unterzeichneten einen Kampfjet-Deal mit Riad?

Wie schon das UN-Expertengremium in seinem Report geschrieben hat: Es ist "wahrscheinlich", dass bestimmte Einsätze Saudi-Arabiens Kriegsverbrechen gewesen sind. Das ist inakzeptabel. Ich habe Premierministerin Theresa May bereits vor dem Besuch des Kronprinzen geschrieben und sie gebeten, die Thematik anzusprechen. 

Der Krieg im Jemen ist Kronprinz Mohammed bin Salmans Krieg. Er hat mit der Kampagne als Verteidigungsminister begonnen und ist jetzt fest mit dem Ausgang verbunden. Aber wir müssen versuchen, die Position der Saudis an der südlichen Grenze zu verstehen. Geschosse, die im Iran hergestellt wurden, werden regelmäßig auf das saudische Gebiet abgefeuert. Der schamloseste Angriff war der auf den King Salman Flughafen am 4. November im vergangenen Jahr. Das entschuldigt nicht willkürliche Bombenangriffe auf Zivilisten, aber das erklärt, warum sich die Saudis im Jemen einmischen. 

Meiner Meinung nach war es eine richtige Entscheidung der britischen Regierung, den Kronprinzen einzuladen. Er ist die Person, die den Konflikt beenden kann. Das Vereinigte Königreich muss seinen diplomatischen Einfluss nutzen, um sicherzustellen, dass die Saudis dem Konflikt ein Ende setzen. Das wäre schwierig zu verwirklichen, wenn wir den Dialog beenden würden.

Die Verbindungen zwischen Washington und Riad sind seit dem Regierungsantritt von Donald Trump enger geworden. Sollten wir erwarten, dass die USA und ihre Verbündeten weiterhin direkt und indirekt die von den Saudis angeführte Militärkampagne gegen die jemenitische Bürgerkriegspartei Huthi unterstützen und Menschenrechte verletzen?

Es ist sehr schwierig vorauszusagen, wie das Trump-Kabinett zu bestimmten Themen steht. Mit Blick auf den Jemen nehme ich an, dass das US-Militär weiterhin die Anti-Terror-Operationen mit Drohnen durchführen wird. Eine aktuelle Resolution hat Jemen und die amerikanische Unterstützung für Saudi-Arabien auf den Radar des Senats gebracht. 

Insgesamt glaube ich kaum, dass die US-Saudi-Verbindungen geschwächt werden. Selbst wenn die Amerikaner aufhören, das saudische Militär im Jemen zu unterstützen. Und so wie das Trump-Kabinett dem Iran gegenüber eingestellt ist, wird es wohl eine noch engere Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern geben - in allen außenpolitischen Belangen. Meine Hoffnung ist, dass Trump Riad davon überzeugt, dass der Konflikt in niemandes Interesse ist und dass eine Friedensvereinbarung allen Parteien helfen würde.

Wie gestalten sich die Verhandlungen zwischen der international anerkannten jemenitischen Regierung und den Huthi-Rebellen in Sanaa? Können wir bald mit einem Durchbruch rechnen? Was haben ihre Gespräche mit jemenitischen Interessensgruppen gezeigt?

Ich sehe die Situation im Jemen so wie Peter Salisbury in seinem Artikel "Yemen and the Business of War". Im Jemen profitieren gerade zu viele Menschen finanziell von dem Konflikt. Die Huthi-Rebellen sind im System verankert und können nach dem Konflikt mit einer wesentlich größeren Rolle rechnen, als beispielsweise in der Resolution 2216 des UN-Sicherheitsrats und der National Dialogue Conference besprochen. Präsident Hadi lebt in einem Palast in Riad und isoliert sich immer mehr. Im Süden gibt es Kämpfe zwischen Regierungskräften. Der STC, der Southern Transitional Council, droht den Jemen auf eine Art und Weise zu spalten, die man nicht wieder rückgängig machen kann. 

Die Aufgabe von Martin Griffiths, dem UN-Sondergesandten im Jemen, ist absolut nicht beneidenswert. Trotzdem könnte er möglicherweise Friedensgespräche vorantreiben.

Wie ist die Rolle des Iran in dem Konflikt? Versucht Teheran gemeinsam mit der Weltgemeinschaft das Problem zu lösen?

Es steht außer Frage, dass der Iran im Jemen seine Finger im Spiel hat. Der Report des UN-Expertengremiums bestätigt, dass Geschosse, die auf Saudi-Arabien gefeuert wurden, aus dem Iran stammen. Die iranischen Ziele im Jemen sind klar: Die Saudis in einen Krieg zu verwickeln. Bis jetzt scheint es zu funktionieren.

Keith Vaz ist der Vorsitzende der Parlamentariergruppe All-Party Parliamentary Group for Yemen. 1987 wurde er erstmals Mitglied des britischen Parlaments. Es folgten sieben Wiederwahlen. Vaz war der erste Mann asiatischer Abstammung im Unterhaus seit 1922. Er war britischer Europaminister unter Premierminister Tony Blair. Zwischen 2007 und 2016 war er Vorsitzender des Innenausschusses.

Das Interview führte Shamil Shams