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Kunst

Wenn das Museum zur Heimat wird

9. Dezember 2021

Die Künstlerin Nana Oforiatta Ayim kuratiert in Dortmund eine Ausstellung mit Werken zeitgenössischer afrikanischer Künstler und kolonialer Raubkunst.

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Filmemacherin, Künstlerin und Kuratorin Nana Oforiatta Ayim posiert in einem weißen Kleid mit schwarzer Bordüre vor einer modularen Bambusstruktur.
Hinter Nana Oforiatta Ayim wird gerade eine modulare Bambusstruktur aufgebaut, die Kunstwerke beherbergen wirdBild: FIIFI ABBAN

Was wäre, wenn künstlerische Objekte eine Seele hätten? Wenn sie Emotionen wie Leid, Trauer, Einsamkeit empfinden könnten? Diese Fragen hat sich die ghanaische Autorin, Filmemacherin, Kuratorin und Künstlerin Nana Oforiatta Ayim bei der Konzeption ihrer Ausstellung "EFIE: The Museum as Home" (dt.: "Efie: Das Museum als Heimat") gestellt, die am 10. Dezember 2021 im kulturellen Zentrum Dortmunder U startet.

"In der Twi-Sprache (eine von Ghanas Amtssprachen, Anmerk. der Red.) bedeutet 'Efie' Heimat", so Nana Oforiatta Ayim gegenüber der DW. "In der Vergangenheit waren Objekte [in Ghana] keine leblosen Dinge, die man in Vitrinen stellte. Sie hatten einen Geist, sie waren dynamisch, sie waren lebendig, und die Orte, an denen sie untergebracht waren, waren ihr Zuhause." 

Raum für Heilung schaffen

Für ihre Ausstellung hat Ayim Werke zeitgenössischer Künstler mit historischen Artefakten, die sie als Leihgabe aus deutschen Sammlungen erhielt, in Zusammenhang gebracht: Heimat - auch ihr Verlust - ist das Thema, das den Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart spannt.

Die gestohlene Seele - Raubkunst aus Afrika

Für die historischen Werke hat Ayim einen speziellen Ausstellungsraum, "eine Art Raum der Heilung, ein Zuhause" geschaffen. In europäischen Museen wird Kunst traditionell wertneutral präsentiert. Da steht eine Skulptur dann neben anderen in der Vitrine, angestrahlt von einem Scheinwerfer. Ayims Ausstellung soll einen subjektiven Blick auf die Objekte zulassen und ihnen ihre Seele wiedergeben.

Die Beschäftigung mit Kunst aus kolonialem Kontext kommt bei Nana Oforiatta Ayim nicht von ungefähr; sie ist nicht nur Künstlerin, sondern zudem Ghanas Beauftragte in Sachen Restitution. In dieser Rolle ist sie maßgeblich dafür verantwortlich, Strategien für die Rückgabe von Raubkunst aus Ghana zu erstellen. Wichtig sei es vor allem, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen und wieder Kontrolle über die eigene Erzählungen zu gewinnen, sagt sie: "Die Objekte wurden mit unterschiedlicher Gewalt entwendet. Zwischen uns und unserer Geschichte und unseren Erzählungen hat es eine Trennung gegeben." In ihrer Ausstellung möchte Ayim diesen Trennungsschmerz lindern: "Es ist eine Art Zwischenschritt, bevor die Objekte [nach Ghana] zurückkommen."

Das Konzept der Rückgewinnung der eigenen Geschichte greifen auch die acht zeitgenössischen Künstler auf, die Ayim für ihre Ausstellung im Dortmunder ausgewählt hat, beispielsweise Filmemacherin Kuukua Eshun: "Sie arbeitet viel über Frauenrechte und hat einen wirklich wunderbar eindringlichen Film über Frauen gedreht, die auf verschiedenen Ebenen körperlich missbraucht wurden. Und darüber, wie diese Frauen ihren Körper wieder zu ihrem Zuhause gemacht haben."

Das Bild zeigt zwei Männer, die in seidige, flatternde lila und pinke Stoffe gehüllt sind.
Kwasi Darko beschäftigt sich in seinen Werken mit Identität und SexualitätBild: Kwasi Darko

Neben Eshun haben Afroscope, El Anatsui, Diego Araúja, Rita Mawuena Benissan, Kwasi Darko, Na Chainkua Reindorf und Studio Nyali zu der Ausstellung beigetragen. Die zeitgenössischen Künstler haben sich alle auf ihre ganz eigene Weise mit dem Konzept "Heimat" beschäftigt. "Eingebettet" sind die Werke in einem beweglichen Bambusgerüst innerhalb der Ausstellungsfläche. Die sogenannte "Fufuzela" ist nach Bedarf erweiterbar und übertragbar auf andere Projekte. 

Kunst im Kiosk

Architekt DK Osseo Asare entwickelte sie ursprünglich für Ayims mobile Museen in Ghana. Mit diesen Museen, die im Stil typischer ghanaischer Kioske gebaut sind, möchte Ayim, die bei Duisburg aufgewachsen ist und heute in Ghanas Hauptstadt Accra lebt, ihren Landsleuten Kunst wieder näher bringen. "Wir haben ein Nationalmuseum in Ghana. Es ist schon seit einiger Zeit geschlossen, aber selbst als es geöffnet war, war es in erster Linie für Touristen, vielleicht für Schulkinder", so Ayim. Die Bevölkerung fühle sich mit dem Museum nicht verbunden, zu Kulturfestivals kämen die Menschen dagegen zu Tausenden. Es läge also nicht am mangelnden Interesse, sondern an der Form der Präsentation. Generell möchte möchte Ayim mit ihren Ausstellungen das traditionelle Verständnis von Museen hinterfragen und neue Perspektiven einbringen. Ein Konzept, das aufgeht, ob in Ghana - oder jetzt in Deutschland.