Von Magritte bis van Gogh: Kunstwerke, die übermalt wurden
Nicht nur Magritte verwandte seine Leinwände mehrmals. Auch Rembrandt, van Gogh oder Picasso übermalten ihre Werke. Unsere Galerie zeigt die spektakulärsten Werke aus der zweiten Reihe.
René Magritte: Die fünfte Jahreszeit
Dieses Gemälde kennen Besucher des Museums der Schönen Künste in Brüssel. Es stammt von einem der berühmtesten Söhne der Stadt, dem Surrealisten René Magritte, und heißt im Original "La cinquième saison". Auf die Leinwand brachte es der belgische Surrealist im Jahr 1943. Doch jetzt machten Experten eine aufregende Entdeckung ....
René Magritte: War diese Frau seine Muse?
Mit Hilfe von Infrarot-Reflektographie wurde hinter dem Gemälde ein weiteres sichtbar: das Bildnis einer Frau. Es stamme zweifelsohne ebenfalls von Magritte, so die Experten. Die Identität des Modells ist unklar, aber sie hat starke Ähnlichkeit mit Georgette, der Frau und Muse des Malers. Wahrscheinlich hat Magritte die Leinwand übermalt, weil er in Geldnöten steckte und keine neue kaufen konnte.
Amedeo Modigliani: Recycling-Künstler aus Not
Der Italiener zog 1906 nach Paris und verkehrte dort in Bohème-Kreisen. Seine Aktbilder galten als skandalös, daher konnte Modigliani sie nur schwer verkaufen. Um zu sparen, benutzte er seine Leinwände mehrfach. Unter dem "Akt mit Hut" von 1908, das er bereits beidseitig bemalte, sodass ein Porträt auf dem Kopf steht, haben Kuratoren eines israelischen Museums nun drei weitere Skizzen entdeckt.
Vincent van Gogh: Verstecktes Selbstporträt
Auch van Gogh war chronisch pleite und nutzte die Rückseiten seiner Leinwände. Wie bei diesem "Kopf einer Bäuerin mit weißer Haube": Unter mehreren Schichten Klebstoff und Pappe wurde mittels Röntgenstrahlen nun ein Selbstporträt entdeckt. Es zeigt einen Mann mit Halstuch und Hut. Das linke Ohr, das sich der Maler 1888 abschnitt, ist deutlich zu sehen - die Zeichnung muss vorher entstanden sein.
Van Gogh: Übermalungen aus Geldmangel
Nicht nur die Rückwände seiner Bilder mussten aus Geldmangel herhalten, Vincent van Gogh übermalte auch Leinwände. Die beiden halbnackten Ringer (rechts), die er 1885 oder 1886 an der Kunstakademie Antwerpen auf Leinwand gebracht hatte, überpinselte er etwa mit seinem "Stillleben mit Wiesenblumen und Rosen" (1886). Bis 2012 dauerte es, bis man das Blumengemälde eindeutig van Gogh zuordnen konnte.
Frauenporträt unter "Grasgrond" und "Schlucht" über "Wilde Vegetation"
Auch diese van Gogh-Werke kommen nicht alleine daher: Unter "Schlucht" (links oben) entdeckte man das Bild "Wilde Vegetation" (links unten). Die beiden Bilder entstanden im Abstand von vier Monaten. Unter seinem Gemälde "Grasgrond" (rechts) fanden Forschende 2008 mit spezieller Röntgentechnik ein Frauenporträt von van Gogh. Detailgetreu konnten sie das dunkel gehaltene Porträt rekonstruieren.
Picasso: Orientierung am Alten
Auch Malerstar Pablo Picasso lebte einst in bescheidenen Verhältnissen und knüpfte sich für seine "La Miséreuse accroupie" (1902) eine bereits bemalte Leinwand eines unbekannten Künstlers vor. Wie ein kanadisches Forschungsteam 2018 herausfand, liegen eine Landschaft und eine Hand unter der Frau mit Decke. An deren Linien hat sich Picasso für sein Gemälde sogar orientiert.
Rembrandts legendäre "Nachtwache"
Im Rahmen von "Operation Night Watch" unterzog das Rijksmuseum Rembrandts berühmtestes Gemälde zweieinhalb Jahre lang einer genauen Untersuchung mit modernster Technik. Am Ende stellte sich heraus: Rembrandt hatte zunächst eine Skizze auf der Leinwand angefertigt und diese dann übermalt. "Bisher fehlten uns dafür die Beweise", so Museumsdirektor Taco Dibbits, der von einem "Durchbruch" sprach.
Vermeer und der übermalte Liebesgott
So wie links zu sehen kannte man Johannes Vermeers "Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster" (um 1657-1659) bislang. Vor zwei Jahren entdeckten Forschende ein Bild im Bild, genauer: einen nackten Amor an der Wand, der übermalt worden war. Nun ist er freigelegt und das Gemälde in der Dresdener Ausstellung "Johannes Vermeer. Vom Innehalten" bis 2. Januar 2022 in seinem Originalzustand zu bewundern.
Jan van Eycks menschelndes Lamm
Anfang vergangenen Jahres sorgte diese Entdeckung am Genter Altar für Aufruhr: Der flämische Maler Jan van Eyck (ca. 1390 bis 1441) hatte sein Lamm nicht wie links abgebildet gemalt, sondern tatsächlich so wie rechts zu sehen: mit frontal sitzenden Augen, schmaler Schnauze und stierendem Blick - geradezu menschlich! Ein Schock. Im Netz wurde das freigelegte Original verspottet.
Zu nackt: Michelangelos "Jüngstes Gericht"
Was wir heute von Michelangelos "Jüngstem Gericht" (1534-1541) in der Sixtinischen Kapelle sehen, entspricht mitnichten dem Original von Michelangelo. Denn der malte die Figuren um Jesus Christus splitterfasernackt. Seinen Zeitgenossen war das zu obszön, sodass sie Daniele da Volterra beauftragten, ihnen Höschen zu malen. Der ging von da an als "braghettone" (Höschenmaler) in die Geschichte ein.
Max Pechstein: Was nicht gefällt, wird verborgen
Ein knappes Jahrhundert lang versteckte sich auf der Rückseite eines Blumenstilllebens von Max Pechstein dieses Werk: "Dame mit Hut" (1910). Max Pechstein dürfte das in grellen Farben gehaltene Bild übermalt haben, weil er selbst nicht zufrieden gewesen war. Was heutzutage als Expressionismus verstanden und als schützenswert betrachtet wird, wollte Pechstein lieber zurücknehmen.
Giacometti verzweifelt an den eigenen Fähigkeiten
Einer, der seine Bilder nicht nur mangels Geldes, sondern auch aus permanenter Unzufriedenheit heraus immer wieder übermalte, war der Schweizer Maler und Bildhauer Alberto Giacometti (1901-1966). Wenn er malte fluchte er, lamentierte, setzte neu an... 18 Tage lang benötigte er etwa für das Porträt seines Freundes James Lord. Stanley Tucci hielt die Geschichte 2017 im Film "Final Portrait" fest.
Georg Baselitz: neue Wege in der Kunst mit Schwarz
2013 sagte Georg Baselitz: "Ich träume davon, ein Bild unsichtbar zu malen." Wie das gehen soll? Indem er es unter schwarzen Farbschichten verschwinden lässt. "Joseph Beuys hat einfach das Bild mit dem Rücken zum Betrachter aufgestellt und so das Geheimnis bewahrt. So ungefähr stelle ich mir das vor." Da bekommt das Übermalen eine ganz andere Bedeutung als bei Vermeer, Picasso und Co.