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Politik

Kurden in Syrien relativieren Trump-Tweet

24. Februar 2019

Die syrischen Kurden sitzen zwischen allen Stühlen. Die Schutzmacht USA will bald den Großteil der Soldaten abziehen, von Norden her droht eine Offensive der Türkei. Das jüngste Statement ist auch ein diplomatischer Zug.

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Syrien Kurden
Angehöriger der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) in Syrien (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/D. Souleiman

Vertreter der kurdischen Kräfte in Nordsyrien haben versichert, deutsche Anhänger des "Islamischen Staates" (IS), die sich ihren Händen befinden, nicht freizulassen."Wir werden mit den IS-Mitgliedern gemäß den internationalen Verträgen und Konventionen umgehen", sagte Abdulkarim Omar der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Omar ist Außenbeauftragter der kurdischen Selbstverwaltung in Syrien. Gegen letzte Widerstandsnester des IS gehen dort die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) vor, ein Militärbündnis, dem auch die Kurdenmiliz YPG angehört.

Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump Länder wie Deutschland, Großbritannien und Frankreich aufgerufen, sie müssten mehr als 800 in Syrien gefangene Kämpfer des IS mit europäischem Pass zurücknehmen und vor Gericht stellen. Auf Twitter drohte Trump, andernfalls seien die USA gezwungen, sie auf freien Fuß zu setzen - woraufhin sie unkontrolliert nach Europa "eindringen" könnten.

"Was hat Trump damit zu tun?"

Der nach Deutschland entsandte Vertreter der kurdischen Selbstverwaltung, Ibrahim Murad, relativierte die Äußerungen des US-Präsidenten: "Wir verstehen nicht, warum Trump das sagt. Was hat er damit zu tun?" Die ausländischen Gefangenen seien zwar ein Last, doch liege es nicht im kurdischen Interesse, sie in die Freiheit zu entlassen. "Das wäre auch für uns zu gefährlich", sagte Murad der FAS.

Abdul Karim Omar
Der Außenbeauftragte der Kurden in Syrien: Abdulkarim Omar (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/BELGA/T. Roge

Die inhaftierten IS-Kämpfer befinden sich nicht in US-Gewahrsam, vielmehr in der Gewalt kurdischer Einheiten. Doch nach Trumps Äußerung war in Berlin eine Debatte darüber entbrannt, wie mit deutschen Staatsangehörigen umzugehen sei, die sich unter den gefangenen IS-Leuten befinden.

In der Stoßrichtung liegen Trump und die Kurden näher beieinander, als es auf den ersten Blick scheint: Beide Seiten dringen darauf, dass europäische Staaten ihre Bürger zurücknehmen. Die Kurden legen aber offenkundig Wert darauf, als Herren des Verfahrens zu gelten - auch wenn sie von der Schutzmacht USA im Kampf gegen den IS abhängig sind. Gleichzeitig signalisieren sie den Europäern ihre Verlässlichkeit. Zu einem Zeitpunkt, an dem ein weitgehender Rückzug der Vereinigten Staaten aus Syrien ausgemacht scheint, dürfte dahinter auch der Versuch stehen, die Beziehungen zu anderen Staaten des Westens zu stärken.

"Wir sind an unsere Grenzen gekommen"

Auch wenn die Kurden nicht direkt mit der Freilassung der IS-Leute drohen, bitten sie seit langem - und zunehmend lauter - um Unterstützung in dieser Frage. Der Außenbeauftragte Omar sagte der FAS, die Kurden seien inzwischen an der Grenze ihrer Kraft angelangt. "Wir haben einen hohen Preis dafür gezahlt, unser Land zurückzuerobern. Wir können nun nicht auch noch 1500 traumatisierte ausländische Kinder erziehen."

Die SDF haben laut kurdischen Angaben rund 800 ausländische IS-Kämpfer festgenommen, die in provisorischen Haftzentren einsitzen, vor allem in der Nähe der syrischen Stadt Rakka. Deren Familienangehörige sind in Flüchtlingslagern nahe der irakischen Grenze untergebracht. Unter den Kämpfern seien nach Schätzung der deutschen Sicherheitsbehörden gut 40 Deutsche, hierzulande lägen gegen 18 von ihnen Haftbefehle vor, meldet die Deutsche Presse-Agentur.

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Dieses IS-Propagandabild soll einen Dschihadisten zeigen, der auf kurdische Kräfte in Syrien feuertBild: picture-alliance/AP Photo/Militant Photo

Alternativ zu einer Rücknahme europäischer Staatsbürger brachten die Kurden zuletzt Sondergerichte unter Führung der Vereinten Nationen ins Gespräch. Diese könnten auf kurdisch verwaltetem Gebiet in Syrien Verfahren eröffnen und Gefangenenlager unterhalten.

"Eine Gefahr für die ganze Welt"

Langfristig sind für die kurdische Seite aber die Europäer am Zug. Es sei "die moralische und juristische Verantwortung" Deutschlands, seine Bürger zurückzunehmen, erklärte Omar. Der kurdische Vertreter in Berlin, Murad, wird im FAS-Interview noch deutlicher: "Diese Dschihadisten sind wie eine tickende Zeitbombe. Wenn die Bombe platzt, ist dies eine Gefahr für die ganze Welt."

jj/qu (dpa, afp, fas)