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Kurdische Abgeordnete werden nicht nach Cizre gelassen

10. September 2015

In der Stadt Cizre sind trotz Ausgangssperre 30 Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen der PKK und der Polizei gestorben. Ein Friedensmarsch der prokurdischen HDP zur Stadt wurde gestoppt.

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Türkei Kurdische Abgeordnete werden nicht nach Cizre gelassen (Foto: rtr)
Bild: Reuters/S. Kayar

In der Stadt Cizre im Südosten der Türkei sind trotz einer Ausgangssperre mindestens 30 Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen der Kurdischen Arbeiterpartei PKK und Sicherheitskräften ums Leben gekommen. Innenminister Selami Altinok teilte mit, bis zu 32 militante Kurden und ein Zivilist seien getötet worden, seit die Ausgangssperre am Freitag verhängt wurde. Die prokurdische Partei HDP sprach von 21 getöteten Zivilisten. Laut Angaben der HDP wird der Sperrbezirk nicht ausreichend mit Lebensmitteln, Trinkwasser und Elektrizität versorgt. Videobilder aus Cizre zeigen verlassene Straßen und die Spuren von Kämpfen.

Protestmarsch nach Cizre (Foto: rtr)
Protestmarsch nach CizreBild: Reuters/Sertac Kayar

Ein am Mittwoch begonnener Protestzug prokurdischer Abgeordneter nach Cizre wurde derweil von Sicherheitskräften beendet. Die Polizei stoppten die Demonstranten vor der 120.000-Einwohner Stadt (Artikelbild). "Wir verlangen die Aufhebung dieser illegal errichteten Blockade. Die Ausgangssperre soll beendet werden", sagte HDP-Führer Selahattin Demirtas.

HDP: "120.000 Menschen als Geiseln genommen"

Cizre sei dabei, "zum türkischen Kobane" zu werden, sagte Demirtas mit Blick auf die syrische Grenzstadt, die monatelang von der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) belagert worden war. "120.000 Menschen werden dort seit einer Woche als Geiseln genommen." Leichen von Jungen und Mädchen, die ins Kreuzfeuer geraten seien, dürften nicht beerdigt werden.

"Die Regierung hat Angst, dass die Dinge, die dort passieren, ans Licht kommen werden. Aber sie werden trotzdem ans Licht kommen. Nichts kann geheim bleiben", sagte der HDP-Abgeordnete und Demonstrant Saruhan Oluc der Deutschen Presse-Agentur. "

Wir versuchen, sowohl die PKK als auch den türkischen Staat zu einer Beendigung dieses gewaltsamen Konflikts zu bewegen", hieß es in einer HDP-Stellungnahme. Darin weist die prokurdische Partei die Schuld an den Gewalttaten der AKP zu und bittet die internationale Gemeinschaft um Hilfe für einen neuen Waffenstillstand.

Friedensmarsch bringt Regierung in Erklärungsnot

"Um ihre Sicherheit und Ruhe zu garantieren dürfen, die Demonstranten keinesfalls nach Cizre reinkommen. Das werden wir nicht zulassen", sagte Innenminister Selami Altinok dagegen auf einer Pressekonferenz in Ankara. Bei Polizeieinsätzen in der Gegend seien zehn mutmaßliche Untergrundkämpfer festgenommen sowie Waffen, Munition und Sprengsätze konfisziert worden.

Der Friedensmarsch ist eine Herausforderung für Präsident Recep Tayyip Erdogan, der der HDP wiederholt eine Verbindung zur illegalen PKK unterstellt hat. "Wer auf der Seite der Terroristen ist, muss den Preis dafür zahlen", sagte Erdogan nach einem Treffen mit dem EU-Ratspräsidenten Donald Tusk - vermutlich mit Bezug auf die HDP. Erdogan warf Demirtas zudem vor, "die Sprache der Terroristen" zu benutzen. Tusk betonte die Notwendigkeit, den Friedensprozess wieder in Gang zu setzen und verurteilte die "Terrorattacken" in dem Land.

Auch kritische Medien Ziel von Attacken

Bei den Parlamentswahlen im Juni übersprang die HDP erstmals die Zehn-Prozent-Hürde. Die regierende islamisch-konservative AKP verlor dabei ihre Parlamentsmehrheit. Kritiker der Regierung Erdogans sehen darin einen Grund für das massive Vorgehen der Türkei gegen die Kurden.

Nach einem mehr als zweijährigen Waffenstillstand sind seit Juli die Gefechte zwischen der türkischen Armee und der PKK wieder in voller Härte entbrannt. Allein seit dem vergangenen Wochenende wurden mehr als 30 Soldaten und Polizisten bei Angriffen der PKK getötet. Der türkische Staat reagiert mit Luftangriffen und groß angelegten Militäraktionen. Die HDP warnte deshalb vor einem Bürgerkrieg.

Unterdessen hat die Türkei die niederländische Journalistin Frederike Geerdink des Landes verwiesen, die seit Jahren im kurdisch geprägten Südosten der Türkei lebt und arbeitet. Sie hatte über die eskalierende Gewalt zwischen Regierungstruppen und Kämpfern der kurdischen Untergrundorganisation PKK berichtet.

chr/stu (dpa, afp)