Kurswechsel bei EU-Flüchtlingspolitik
13. Mai 2015Nach den Bootsunglücken mit Tausenden Toten im Mittelmeer hat die EU-Kommission Vorschläge für eine Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik beschlossen. Das Gremium habe bei seiner Sitzung ein Strategiepapier zur Einwanderung angenommen, schrieb die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini im Kurznachrichtendienst Twitter.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte: "Wir brauchen untereinander mehr Solidarität." Das neue Konzept sieht vor, Flüchtlinge, die an den Außengrenzen der Gemeinschaft, etwa in Italien oder auf Malta, ankommen , nach einer festen Quote auf die übrigen Mitgliedstaaten zu verteilen. Auch will die Kommission den Menschen die lebensgefährliche Flucht über das Meer ersparen. Die EU-Länder sollten daher Flüchtlinge direkt aus den Krisengebieten holen. Diese Pläne sind innerhalb der EU freilich umstritten.
"Verrückte Regelung"
Unter anderem lehnen Großbritannien, Tschechien und die baltischen Staaten ein Quotensystem ab, das vor allem die südeuropäischen Mittelmeeranrainer entlasten soll. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte eine solche Regelung als "verrückt" bezeichnet.
Die britische Innenministerin Theresa May erklärte: "Wir müssen und werden uns Aufrufen für eine Zwangsverlegung oder -ansiedlung von Migranten quer durch Europa widersetzen." Dieser Ansatz erhöhe für Flüchtlinge den Anreiz, sich auf den Weg nach Europa zu machen.
Dagegen war Bundesinnenminister Thomas de Maizière ebenso wie der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, mehrfach für eine Quotenregelung eingetreten. Es sei inakzeptabel, dass Deutschland und vier weitere europäische Staaten bisher rund drei Viertel aller Flüchtlinge aufnähmen, so de Maizière.
Abschied vom Dublin-Verfahren
Nach den jüngsten Plänen soll der Verteilungsschlüssel auf der Wirtschaftskraft der Mitgliedstaaten, der Bevölkerungszahl, der Arbeitslosenquote und der Zahl bereits aufgenommener Schutzsuchender basieren. Bisher müssen nach dem Dublin-Verfahren Asylbewerber in dem Land bleiben, in dem sie zuerst den Boden der EU betreten haben.
Damit die Quote rechtlich verbindlich wird, bedarf es zumindest einer qualifizierten Mehrheit der 28 Mitgliedstaaten. Daher ist fraglich, ob die von der EU-Kommission favorisierte Regelung wirklich kommt.
jj/sti (dpa, afp)