Luise, Preußens Königin der Herzen
11. März 2010"Working Mom", steht auf einem quietschgrünen Button, der frech auf das Plakat geklebt wurde. Ein bewusster Stilbruch, denn diese "Working Mom" bezeichnet keine andere als die auf dem Plakat abgebildete Königin Luise - eine schöne junge Frau mit zarten Gesichtszügen, blond gelocktem Haar, juwelengeschmückt und in eine kostbare Robe gehüllt. Luise sei eine Frau gewesen, die die Aufgaben als Königin mit den Aufgaben als Mutter und Ehefrau in Übereinstimmung zu bringen wußte, sagt Hartmut Dorgerloh. Damit habe sie ein neues Bild, ein neues Selbstverständnis von der Rolle als Königin über ihre Zeit hinaus formuliert, erklärt der Generalsekretär der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Schön. Glücklich. Vorbildlich
Gestorben ist diese Luise vor 200 Jahren, am 19. Juli 1810, im Alter von gerade einmal 34 Jahren. Ihren Todestag nimmt die Stiftung nun zum Anlass, der Königin im Laufe des Jahres mit gleich drei großen Ausstellungen zu gedenken. Im Rahmen der größten im Schloss Charlottenburg in Berlin wird gefragt, warum Luise bis heute die Populärste der Hohenzollern ist und schon zu Lebzeiten zu einer Legende wurde. Antworten liefert die Schau auch. "Bei Luise ist es so", sagt Kurator Rudolf Scharmann, "dass Neigungen und Pflicht in eins fielen".
Die Ehe der jungen Luise Auguste Wilhelmine Amalie von Mecklenburg-Strelitz mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm wurde arrangiert, natürlich, das war seinerzeit so üblich. Dass die beiden sich gut vertrugen und sogar geliebt haben sollen, war also reines Glück. Weil sie dann gleich nach der Hochzeitsnacht vertraulich "Du" zueinander sagten und mit der Kinderschar, die sich bald darauf einstellte, viel Zeit verbrachten und überaus liebevoll umgingen, galt ihre Ehe im bürgerlichen Sinne als mustergültig.
Eine für alle
"Bei Luise findet sich jeder wieder, egal, ob er die treusorgende Mutter sucht oder die tanzende junge Frau in Berliner Ballsälen", glaubt André Schmitz, Berlins Staatssekretär für Kultur. Tatsächlich hatte die junge Frau selbst vor Napoleon keine Scheu. Anno 1807, im vertraulichen Gespräch mit ihm, versuchte Luise, nun bereits Königin, den Verlust von etwa der Hälfte des preußischen Reiches zu verhindern. Das misslang, nährte aber den Mythos. Und wie sahen die Fakten aus? "Diese Luise war", so Hartmut Dorgerloh, "eine mutige Frau, eine unkonventionelle Frau, eine, die die Geschicke in die Hand nimmt, eine Frau, die eine Vorreiterrolle spielt – heute würde man sagen: im Marketing der Königsfamilie. Aber auch in anderen Bereichen wie Mode, Interieurs, Gestaltung. Sie hat schlicht Trends gesetzt."
Und dabei sah sie, nicht zu vergessen, immer gut aus! Das bezeugen die zahlreichen Portraits und Büsten, die renommierte Künstler und insbesondere Johann Gottfried Schadow zu Lebzeiten und, mit der entsprechenden Verklärung auch posthum, von Luise angefertigt haben. Sie sei schon zu Lebzeiten eine Legende gewesen, sagt Hartmut Dorgerloh. "Das hat sich nach ihrem Tod spürbar verklärt. Sie ist vom preußischen Königshaus wie auch von den Untertanen gleichermaßen für unterschiedliche Ziele und Interessen in Anspruch genommen worden und diese Inanspruchnahme setzte sich im 20. Jahrhundert fort, einschließlich des Missbrauchs im Nationalsozialismus."
Mythos Luise
Von den Nazis wurde ihre "Standhaftigkeit" gepriesen. Zuvor war Luise als Mutter des ersten deutschen Kaisers als mythische Reichsgründerin überhöht worden, und ihren frühen Tod - die Regentin starb mit nur 34 Jahren an einer Lungenentzündung - hatte die schwächelnde preußische Monarchie zu einer Machtdemonstration genutzt. Luises Sarg war durch Berlin gefahren worden, alle Glocken läuteten, das Volk trauerte kollektiv wie viel später beim Tod von Prinzessin Diana. In der Ausstellung im Charlottenburger Schloss scheinen zwischen Gemälden, Büsten und Briefen neben verschiedenen Luise-Bildern auch diese Varianten der Vereinnahmung auf. Eine ganz zeitgeistige aber liefern die Ausstellungsmacher selbst: mit den Aufschriften "Working Mom", "Fashion Victim" und "It-Girl" auf den Ausstellungsplakaten.
Autorin: Silke Bartlick
Redaktion: Marlis Schaum