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Künstliche Sternschnuppen auf Bestellung

Susann Kexel
12. Februar 2019

Ein japanisches Start-up hat bereits einen Satelliten ins All geschossen, der auf Knopfdruck künstliche Sternschnuppen abfeuern soll. Das Projekt soll nicht nur Freude schenken, sondern auch der Wissenschaft dienen.

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Perseiden Sternschnuppe leuchtet über der Erde
Bild: Imago/Leemage

Dr. Lena Okajima, die Gründerin des Unternehmens Astro Live Experiences (ALE) , befindet sich in einem Dilemma: Ihre Liebe zum kosmischen Naturschauspiel und das Leben im Lichtermeer von Tokio harmonieren nicht. So träumte sie von künstlichen Sternschnuppen, die auch in der Stadt zu sehen sind. Die Idee ist nicht neu, ihre Umsetzung sehr teuer. Weil natürliche Meteore unvorhersehbar auftreten und zu schnell verglühen, fehlt es an Datensätzen zu ihrer Entstehung. Das erschwert die Entwicklung ihrer Nachahmung.

Doch nach sieben Jahren Forschung und Entwicklung (und einer großen Geldsumme) ist die Astronomin ihrem Traum einen entscheidenden Schritt näher gekommen.

Der erste große Erfolg

Ein erster Satellit mit künstlichen Sternschnuppen wurde am 18. Januar diesen Jahres von einer Rakete der japanischen Weltraumagentur JAXA in einer Höhe von 500 Kilometern ausgesetzt. Die Kommunikation mit der Bodenstation an der Universität Tohoku ist hergestellt, jetzt werden Funktionschecks durchgeführt. 

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Ein Mikrosatellit schwebt über der Erde in der Umlaufbahn
Wenn der erste ALE-Satellit seine endgültige Position gefunden hat, kann er Sternschnuppen generierenBild: ALE

Ohne Erdanziehungskraft ist es allerdings gar nicht so einfach, den Satelliten korrekt auszurichten. Denn zunächst muss der Satellit 100 Kilometer Richtung Erde sinken. Erst wenn er dort erfolgreich seine Zielposition erreicht hat, kann er die erste künstliche Sternschnuppe mit Hilfe einer kleinen Kugel generieren.

Großes Geheimnis um die kleine Kugel

Jeder Satellit soll 400 spezielle Kugeln lagern, die nacheinander "abgefeuert" werden können. Das japanische Start-up nennt diese Kugeln "Meteorquellen-Partikel". Aus welchem Material sie bestehen, wird geheim gehalten.

Die Kugeln sind einen Zentimeter im Durchmesser groß und sind damit größer als die meist nur wenige Millimeter kleinen natürlichen Meteore. Beim Eintritt in die Erdatmosphäre nutzt das Partikel seine aerodynamische Erwärmung und wandelt die kinetische Energie in Helligkeit um. Dadurch sollen sie auch bei klarer Sicht in hell erleuchteten Städten zu beobachten sein. 

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Kleine Kugel verglüht beim Eintritt in die Erdatmosphäre und leuchtet orange
Beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht das Meteorpartikel - wie eine natürliche Sternschnuppe auchBild: ALE

Anders als die natürlichen Meteore sollen die Partikel währenddessen aber nicht nur weiß, sondern in verschiedenen Farben leuchten. Verantwortlich dafür soll eine Wechselwirkung des geheim gehaltenen Materials mit der Atmosphäre sein. Doch nicht nur durch die verschiedenen Farben sollen sie sich von natürlichen Sternschnuppen unterscheiden: Die künstlichen Sternschnuppen sollen auch länger, nämlich bis zu zehn Sekunden lang am Himmel leuchten, da sie langsamer als natürliche Meteore durch die Umlaufbahn reisen. 

Wahrscheinlichkeit einer Kollision gering

Laut eigenen Aussagen des Start-ups ist der Aufprall eines Meteors auf der Erde ausgeschlossen. Simulationen im Windkanal der japanischen Raumfahrtagentur JAXA zeigten, dass ein Meteorpartikel nach dem Eintritt in die Atmosphäre – wie eine natürliche Sternschnuppe auch − vollständig verglüht. Das passiert spätestens 60 Kilometer über dem Erdboden, also weitab der Flugbahn von Flugzeugen.

Um die Kollision mit einem Satelliten in der Erdumlaufbahn zu verhindern, hat das Unternehmen zusammen mit JAXA ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet: Drei Prozessoren prüfen unabhängig voneinander die Position des Satelliten. Erst wenn ihre Ergebnisse übereinstimmen, wird die Freigabe zur Meteorfreisetzung erteilt. So soll gewährleistet sein, dass die Sternschnuppen auf Bestellung pünktlich und am richtigen Ort leuchten. 

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Ein Satellit lässt eine kleine, leuchtende Kugel frei. Im Hintergrund sieht man die Erde aus dem All.
Der Satellit setzt das Meteorpartikel frei, das danach als bunter Schweif am Himmel zu sehen sein soll.Bild: ALE

Das Unternehmen ist selbstverständlich auch an Gesetze und Vorschriften des Weltraumrechts gebunden. Vor allem die Reduzierung von Weltraummüll spielt dabei eine zentrale Rolle. Damit die Satelliten nach Gebrauch nicht als Weltraumschrott enden, sollen sie ebenfalls bei Eintritt in die Atmosphäre verglühen. Bis dahin werden allerdings zwei bis vier Jahre vergehen.

Privatunternehmen will Entertainment und Forschung vereinen

Angesichts von Weltraumschrott und der hohen Kosten stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit des künstlichen Sternschnuppen-Projekts. Auch deshalb betont die Herstellerfirma ALE, dass sie mit den bunten Sternschnuppen nicht nur Menschen erfreuen möchte, sondern auch mehr über die obere Erdatmosphäre erforschen will. So sollen Daten zur Dichte, Windrichtung und Zusammensetzung gesammelt werden. Außerdem soll herausgefunden werden, wie sich die Flugbahn des Meteors bei Eintritt in die Atmosphäre verändert.

Sternschnuppe
Bild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Allerdings sollte der wissenschaftliche Wert dieser Untersuchungen nicht überbewertet werden. Zunächst einmal handelt es sich um ein Privatunternehmen, das seine Produkte nach erfolgreichem Test verkaufen will. Verlässliche Preise sind allerdings noch nicht bekannt. Als Zielgruppen sieht die Herstellerfirma ALE vor allem Unternehmen und größere Institutionen. So könnten die künstlichen Sternschnuppen zum Beispiel bei Open-Air-Festivals, in Themenparks oder bei großen Sportveranstaltungen am Himmel leuchten. Denkbar wäre, dass das kosmische Spektakel bei den Olympischen Spielen im Sommer 2020 zu bestaunen ist. Dann wird sich zeigen, ob die Technik funktioniert und ob sich das Publikum für die Sternschnuppen auf Bestellung begeistern kann.