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Wegbereiter des fast Unmöglichen

Kersten Knipp21. Januar 2014

Seit 2012 bemüht sich UN-Sondervermittler Lakhdar Brahimi um ein Ende der Gewalt in Syrien. Dafür setzt er auf seine gesamte Verhandlungskunst. Doch er weiß, dass er bei dieser Mission auch scheitern kann.

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Lakhdar Brahimi (Foto: Imago)
Bild: Imago/Xinhua

Dass seine neue Aufgabe schwierig würde, wusste Lakhdar Brahimi von Anfang an. Im Grunde sei sie kaum zu lösen, erklärte er kurz nach seiner Ernennung zum UN-Vermittler im Syrien-Krieg im September 2012. Von vornherein verzagen wollte er dennoch nicht: "Ich kann nicht sagen, dass die Aufgabe unmöglich ist - sie ist nur fast unmöglich", äußerte er in einem Interview mit dem Britischen Sender BBC.

Den Willen, den Erfolg auch bei geringen Erfolgsaussichten zu suchen, hat er auch nach anderthalb Jahren Vermittlungsarbeit nicht verloren. Die Syrienkonferenz bezeichnete er auf einer Pressekonferenz als "riesige Chance, die nicht vertan werden sollte".

Erfahrener Vermittler

Was zu tun ist, um diese Chance nicht zu vergeben, weiß der 1934 im algerischen Aziza geborene Brahimi aus zahlreichen anderen Vermittlungsmissionen. 1989 bis 1991 engagierte er sich als Schlichter im libanesischen Bürgerkrieg und trug wesentlich dazu bei, dass die beteiligten Parteien sich im so genannten Abkommen von Taif auf ein Ende der Gewalt einigten. Danach folgten in kurzen Abständen weitere Missionen in Krisenregionen. Im Namen der UN leitete er Friedensverhandlungen in der damaligen Republik Zaire, im Jemen, in Liberia und auf Haiti. 1997 versuchte er in Afghanistan, zwischen Taliban und den Stammesführern zu vermitteln - eine tatsächlich unmögliche Aufgabe, wie er bald feststellen musste: Im Herbst 1999 legte er das Amt nieder.

Brahimi mit den Außenminsitern Kerry (USA) und Lavrov (Russland) in Paris (Foto: Reuters)
Arbeit für den Vermittlungserfolg: Brahimi mit den Außenministern Kerry (USA) und Lavrov (Russland) in ParisBild: Reuters/Pablo Martinez Monsivais

Doch der Rückschlag hinderte ihn nicht, sich im Jahr 2001 wieder nach Afghanistan zu wagen. Nach den Terroranschlägen vom 11. September und den darauf folgenden monatelangen Angriffen der USA auf Stellungen der Taliban erarbeitete Brahimi als UN-Sonderbotschafter einen Fünf-Punkte-Plan, der schließlich zur Bildung einer Übergangsregierung unter Hamid Karsai führte. Kaum war diese etabliert, eilte Brahimi in den Irak. Dort trug er nach der US-Invasion 2003 dazu bei, dass sich eine Übergangsregierung bildete, die im Sommer 2004 ihre Arbeit aufnahm.

Sieben Todsünden der Vermittlung

Seine Erfahrungen als internationaler Krisenvermittler fasste Brahimi in einer 2008 erschienenen Schrift zusammen: "The Seven Deadly Sins of Mediation", "Die sieben Todsünden der Vermittlung". Als da sind: Ignoranz, Arroganz, Parteilichkeit, Machtlosigkeit, Hast, mangelnde Flexibilität, falsche Versprechen.

Brahimi beim syrischen Präsidenten Assad, 21.10.2012 (Foto: EPA)
Brahimi hat sich 2012 auch mit Assad getroffenBild: picture-alliance/dpa

Nicht zuletzt ein ganz bestimmter Fehler, schreibt Brahimi, könne den Erfolg diplomatischer Missionen schon zu Beginn zum Scheitern bringen - die Versuchung nämlich, sich vor allem auf jene 50 Leute in dem jeweiligen Krisenland zu verlassen, die am besten Englisch sprechen könnten. Das sei vor allem aus einem Grund nicht ratsam: "Sie sagen genau das, was der Vermittler hören will." Hören müsse man sämtliche Seiten.

Sprachlich bedingte Missverständnisse dürften Brahimi, der als Algerier Arabisch als Muttersprache spricht, im Syrien-Krieg zwar nicht zu schaffen machen. So kann er zwar alle Seiten hören, muss aber eine andere Schwierigkeit überwinden, die er in den "Sieben Todsünden" unter dem Stichwort "Machtlosigkeit" notiert hatte: "Der Umstand, dass die Konfliktparteien gewillt sind, dem Vermittler unbefangen zuzuhören, heißt nicht, dass sie das, was dieser rät, auch tun werden."