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Lambsdorff - Deutschlands neuer Mann in Moskau

21. Juni 2023

Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff wird neuer deutscher Botschafter in Russland. Mit Land und Sprache ist er bereits vertraut. Ein Porträt.

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Mann mit Anzug und Krawatte spricht
Alexander Graf Lambsdorff bei der Debatte zur Nationalen Sicherheitsstrategie im Bundestag Bild: Carsten Koall/dpa

Wenn Alexander Graf Lambsdorff in einigen Wochen den wahrscheinlich schwierigsten diplomatischen Job antritt, den Deutschland derzeit zu bieten hat, kann der 56-jährige Bundestagsabgeordnete mit einem Pfund wuchern: Die Sprache kann er schon einmal. Denn bereits 1997 sollte er als Wirtschaftsattaché bei der Deutschen Botschaft in Moskau anfangen und paukte dafür fleißig Russisch - bei einem zweimonatigen Intensivkurs im sibirischen Nowisibirsk.

Am Ende wurde aus dem Job nichts, weil der frühere Außenminister Klaus Kinkel rief und Lambsdorff die Leitung seines Abgeordnetenbüros anvertraute. Erst jetzt, gut 25 Jahre später, schließt sich der Kreis, und der FDP-Politiker landet doch in Moskau. Und formuliert seine Herkulesaufgabe so: "Ich sehe meine Aufgabe darin, der russischen Seite unmissverständlich, aber diplomatisch zu kommunizieren, wie die Bundesregierung die Dinge sieht."

Immer den Blick auf internationale Politik

Lambsdorffs Lebenslauf liest sich wie ein einziges Bewerbungsschreiben für seinen neuen Posten: 1966 in Köln als Sohn des Diplomaten Hagen Graf Lambsdorff geboren, geht er in Hamburg, Brüssel und Bonn zur Schule und studiert später Europäische Geschichte in Bonn und Washington. Seine Abschlussarbeit: die Kooperation faschistischer Gruppen im Europa der 20er Jahre. In der US-amerikanischen Hauptstadt ist die spätere Außenministerin Madeleine Albright eine seiner Dozentinnen.

Bundesakademie für Sicherheitspolitik BAKS | Alexander Graf Lambsdorff
"Es ist nicht zu erkennen, dass das System Putin wankt" - Lambsdorff in der Bundesakademie für SicherheitspolitikBild: Dmytro Katkov/DW

Weitere kurze Stationen ab 1993 sind die Unternehmensberatung McKinsey, die Europäische Kommission und die Friedrich-Naumann-Stiftung in Talinn, Estland, ehe Lambsdorff 1995 seine Diplomatenausbildung beginnt. Im Auswärtigen Dienst ist er Anfang der 2000er Jahre im Planungsstab, in der Presseabteilung der Botschaft in Washington und als Länderreferent für Russland tätig.

Name Lambsdorff verpflichtet

Apropos Russland: Lambsdorff tritt in Moskau auch in die Fußstapfen seines Vaters, der von 1982 bis 1985 zu Zeiten des Eisernen Vorhangs die Kulturabteilung an der Deutschen Botschaft leitete, als Jugendlicher war er einige Male in der russischen Hauptstadt zu Besuch. Noch größer sind die Fußstapfen seines Onkels Otto Graf Lambsdorff, von 1977 bis 1984 deutscher Wirtschaftsminister und später Bundesvorsitzender der FDP. 

Klatschende Männer
Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff auf dem Bundesparteitag der FDP am 15.Mai 2009 in HannoverBild: AP

Auch seinen Neffen zieht es 2004 in die Politik: Alexander Graf Lambsdorff kehrt nach seiner Wahl in das Europäische Parlament dem Auswärtigen Amt den Rücken. 13 Jahre vertritt er die liberale Partei in Brüssel, steigt 2014 sogar zum Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments auf. Internationale Politik bleibt sein Steckenpferd, Lambsdorff leitet die Wahlbeobachtungsmissionen in Kenia, Bangladesch und Guinea, gehört zur Delegation für die Beziehungen zu China und fordert 2015, den EU-Beitrittsprozess mit der Türkei zu beenden.

Außenministerium geht an die Grünen

2017 kehrt der zweifache Vater zurück in seine Heimat: Lambsdorff zieht über die nordrhein-westfälische Landesliste in den Bundestag ein und wird von der FDP-Fraktion prompt zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden mit der Zuständigkeit Außenpolitik ernannt. Zwar kann er vier Jahre später sein Mandat bei der Bundestagswahl 2021 verteidigen, doch der außenpolitische Kopf der FDP geht bei der Vergabe der Ministerposten leer aus: Außenministerin wird Annalena Baerbock.

"Gefährliche Lage für Europa"

Die Grünen-Politikerin ist es aber, die Lambsdorff das Amt des Botschafters in Russland anträgt. Lambsdorff, der immer ein großer Fürsprecher für eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine war und die Erdgas-Pipeline Nordstream 2 als "eine geopolitische Dummheit und ein diplomatisches Debakel" bezeichnet hatte, muss nicht lange überlegen.

Deutschland wird in den nächsten Jahren mit Alexander Sebastian Léonce Freiherr von der Wenge Graf Lambsdorff, so sein vollständiger Name, auf einen Diplomaten in Moskau zählen können, der ansonsten nichts von scharfer Rhetorik hält. Er will in Moskau lieber an die Politik der außenpolitischen Ikone der FDP anknüpfen, wie er der "Berliner Morgenpost" verriet: "Genschers Philosophie war: Wenn wir den Gesprächsfaden abreißen lassen, dann merken wir auch nicht, wenn sich irgendetwas ändert."

Porträt eines blonden Manns im schwarzen Hemd
Oliver Pieper DW-Reporter und Redakteur