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Lange Haftstrafen für Hutu-Rebellenchefs

28. September 2015

Nach mehr als vier Jahren geht der Mammutprozess um Kriegsverbrechen im Kongo zu Ende. Die beiden Hutu-Milizenchefs wurden vom Stuttgarter Oberlandesgericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

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Ruanda Deutschland Ignace Murwanashyaka im Gerichtssaal in Stuttgart (Foto: picture-alliance/dpa/MDR/Fakt)
Der Hauptangeklagte Ignace Murwanashyaka während der Verhandlung in Stuttgart (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/MDR/Fakt

Im Stuttgarter Mammutprozess um grausame Verbrechen im Ostkongo sind der Hutu-Milizenchef Ignace Murwanashyaka und sein früherer Stellvertreter Straton Musoni zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Murwanashyaka muss für 13 Jahre hinter Gitter.

Das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass der 52 Jahre alte gebürtige Ruander Rädelsführer einer ausländischen terroristischen Vereinigung war und Beihilfe zu Kriegsverbrechen geleistet hat. Der seit den 80-Jahren in Baden-Württemberg lebende Hauptangeklagte soll von Mannheim aus per Satellitentelefon, SMS und E-Mail die Rebellenorganisation FDLR geführt haben. Sein Stellvertreter wurde wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung mit acht Jahren Gefängnis bestraft.

Vorwürfe gegen die Bundesanwaltschaft

Die Bundesanwaltschaft hatte lebenslange Haft für Murwanashyaka und zwölf Jahre für Musoni gefordert. Die Anklage lastete Murwanashyaka fünf Massaker im Jahr 2009 im Kongo an, bei denen etwa 200 Zivilisten getötet wurden. Nach Zeugenaussagen spielte Musoni eine untergeordnete Rolle. Die Verteidiger beider Angeklagten plädierten auf Freispruch.

Die Bundesanwälte hätten sich "zum Sprachorgan der ruandischen Militärdiktatur" gemacht, beklagte der 52-Jährige während seines fast dreistündigen Schlusswortes. Entlastende Zeugenaussagen und Widersprüche seien von ihnen bewusst ignoriert worden, warf er der Bundesanwaltschaft vor. Das Regime in Ruanda pflege das Klischee der bösen Hutu und guten Tutsi. Es habe auf den Prozess gegen ihn gedrängt. Ziel sei die "politische Eliminierung" seiner Person. Eine Verurteilung könne höchstens aus politischen Gründen erfolgen und nicht aufgrund der Beweise, erklärte Murwanashyaka.

Prozesskosten in Millionenhöhe

Es ist der erste Prozess in Deutschland nach dem 2002 eingeführten Völkerstrafgesetzbuch. Darin wurde die Verantwortlichkeit von Vorgesetzten enger gefasst: Sie können auch dann bestraft werden, wenn sie die systematische Gewalt ihrer Untergebenen nicht stoppen.

Der Senat stand vor einer besonders schwereren Aufgabe: Er musste beurteilen, was damals im rund 6.000 Kilometer entfernten Ostkongo passiert ist und wie groß Murwanashyakas Macht in der FDLR war. Mehr als vier Jahre und fast 320 Sitzungstage lang hat das Gericht Puzzleteile zusammengetragen. Einige Zeugen wurden aus Ruanda eingeflogen oder per Videovernehmung ins Gericht geholt. Manche sagten an bis zu zwölf Verhandlungstagen aus. Die Prozessbeteiligten studierten mehr als 230 Dokumente, Filme, Karten und Telefonate. Nach Hochrechnung des Oberlandesgerichts kostete jeder Verhandlungstag rund 15.000 Euro. Damit summiert sich der Prozess auf rund 4,8 Millionen Euro.

pab/jj (epd, afp)