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Lebensfeuer im Kleinwalsertal

Arnulf Boettcher23. Oktober 2012

Maximale Erholung für Körper und Geist verspricht die weltweit erste Lebensfeuer-Region. Das Kleinwalsertal in den Allgäuer Alpen kombiniert das neue Gesundheitskonzept mit dem Wandernetz Walser Omgang.

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Wanderer auf der Obere Lüchlealpe am Walmendinger Horn im Kleinwalsertal. (Foto: DW)
Bild: DW/A. Boettcher

"Walser Omgang? Das ist Dialekt und heißt eigentlich Umgang", erklärt Daniela Schwendiger, Bergführerin im österreichischen Kleinwalsertal. "Gemeint ist: Miteinander Umherzuwandern – aber auch: Wie gehen wir miteinander um, wie gehe ich mit dem Anderen um?" Die gebürtige Walserin begleitet Erholungssuchende durch das 15 Kilometer lange und bis zu sechs Kilometer breite Alpental und nennt die Vorzüge der "Wanderwelt" südlich der deutschen gemeinde Oberstdorf im Allgäu: "Wir haben eine Kessellage und ein halbes Dutzend Seitentäler. Hier bieten wir flache Wege für alle an, die wirklich jeder begehen kann. Das ist sehr angenehm für Kinder und Ältere oder auch für Leute, die sich mit Wandern und Laufen schwer tun."

Oberhalb der vier Orte Riezlern, Hirschegg, Mittelberg und Baad finden sich die mittleren Höhen- oder Panoramawege. "Und auch die sind gut zu begehen. Man muss also nicht alpin unterwegs sein", fügt Schwendiger an. "Für die Alpinisten und Sportkletterfreunde haben wir schließlich die hohen Gebirgszüge. Es ist für Jeden etwas da. Da macht das Kleinwalsertal so interessant und besonders."

Blick auf Hochebene und Wanderwege vor Kanzelwand (rechts) im Kleinwalsertal. (Foto: DW)
Walser Omgang im Herbst: Höhenwege mit Riezler Alpsee vor der Kanzelwand (2059 m)Bild: DW/A. Boettcher

Aktivität, Regeneration und Balance

Das Kleinwalsertal im Bundesland Vorarlberg verfügt also über ein ausgeprägtes Wanderwegenetz. Der Walser Omgang selbst besteht aus acht Wegen mit unterschiedlichen Charakteren, die man alleine oder auch mit Führung gehen kann. Die Wege sind entsprechend ihres Typs farblich markiert. Es gibt aktivierende und regenerierende Wege. Und solche, die eine ausgeglichene Mischung aus beidem sind. Sie beziehen landschaftliche Schauplätze und ganz bestimmte Sinneseindrücke mit ein. "Regenerativ ist ein Panoramaweg. Wir gehen manchmal aber auch abseits des Weges durch den ältesten Wald des Tales – in aller Stille, bleiben stehen, um den Wald in uns einzusaugen. Einfach mal regenerieren", sagt Schwendiger.

Beim Balanceweg geht es mit der Bahn den Berg hinauf. "Oben wandern wir über drei Alpen, mal rauf, mal runter. Dabei erzählen wir von der traditionellen Alpwirtschaft. Man kann auch einkehren und kommt schließlich ausgeglichen wieder nach Hause."

Die aktivierenden Wege fordern das Herz-Kreislauf-System. Sie führen über 900 bis 1000 Höhenmeter vom Tal in die Gipfellagen. "Wir gehen dabei auf die Geologie des Tales ein", betont die Bergführerin, "und erklären die Vegetation und die Botanik. Wo wächst etwas und wo nicht?"

Bergführerin erklärt Altersringe am Horn einer Bergziege vor einer Hütte im Kleinwalsertal. (Foto: DW)
"Die Natur näher bringen": Bergführerin Schwendiger (l.) mit Erklärungen zu Wild und WaldBild: DW/A. Boettcher

Der Walser Omgang ist aber kein reines Wanderangebot, sondern macht Erholung messbar – in Kombination mit dem "Lebensfeuer".

Erste Lebensfeuerregion

"Das Kleinwalsertal ist weltweit die erste Lebensfeuerregion", sagt Klaus Peter vom Hotel Gemma in Hirschegg. Das Lebensfeuer beschreibt, "wie ich mich fühle, meinen Ist- und Gesamtzustand. Wie steht es um meine körperliche und geistige Vitalität, die Schlafarchitektur und die Ernährung?" Peter ist einer von aktuell zehn Lebensfeuer-Professionals der Region. Sie coachen interessierte Gäste während ihres Aufenthalts, stellen Wanderprogramme zusammen und geben auch Empfehlungen für die Zeit nach dem Urlaub.

Die Messung des Lebensfeuers ist vergleichbar mit einem Elektrokardiogramm (EKG). Zwei Klebeelektroden werden am Körper angebracht. Angeschlossen wird für 24 Stunden ein kleiner, nur 16 Gramm leichter Recorder. Er zeichnet die Herzratenvariabiliät (HRV) auf, den minimal unregelmäßigen Abstand zwischen den einzelnen Herzschlägen. Während dessen muss der Klient genau Buch führen, was er wann getan und wie er sich dabei gefühlt hat. Das Herz reagiert nämlich auf äußere Einflüsse und innere Signale.

Eine spezielle Software setzt die gemessenen Daten in ein grafisches Bild um. Das Diagramm gleicht einem Feuer. Je intensiver die Farben und je höher die "Flammen" lodern, umso vitaler, jünger, durchtrainierter, gesünder ist ein Mensch. Zeigt das Diagramm aber nur kleine Flammen auf, deutet das auf "Burnout" oder eine eher geringe Lebenskraft hin. Beurteilt wird also das biologische Alter. "Je nach Ergebnis der Messung empfehlen wir den Klienten Wanderungen auf dem Omgang", so Peter, "die für den Impuls Aktivierung, Regeneration oder Balance bestens geeignet sind."

Wanderin auf dem Grat zur Roten Wand oberhalb des Kleinwalsertals. (Foto: DW)
Balancegefühl ist gefragt auf dem Panoramaweg zum Aussichtspunkt Rote WandBild: DW/A. Boettcher

Die Kosten für die Lebensfeuer-Messung mit einem Coaching-Gespräch liegen bei 189 Euro, Folgemessungen sind günstiger. Mit Esoterik habe die Messung nichts zu tun, versichert der Lebensfeuer-Coach. Und es sei auch kein Webegag. "Man versucht natürlich, im Tourismus immer neue Sachen zu entdecken. Aber die Kombination Gesundheit mit Wandern ist derzeit schon einmalig." Peter und seine Kollegen in den anderen Lebensfeuer-Hotels hoffen, "dass es ein Trend wird. Wir sehen ja, dass auch andere Regionen sich in diese Richtung weiterentwickeln. Das Walsertal hat das Glück, dass wir halt vielleicht den richtigen Trend als erste erkannt haben."

Breitachklamm und Winterfreuden

Auch im Winter kommen Besucher des Kleinwalsertals und Lebensfeuer-Interessierte auf ihre Kosten. Über 50 Kilometer Winterwanderwege machen Lust auf ausgedehnte Touren. Den Walser Omgang gilt es dann, mit Langlauf-Skiern zu bewältigen. 42 Kilometer Loipen, sowohl für klassischen als auch freien Stil, ziehen sich durch die idyllischen Seitentäler. Gemeinsam mit dem benachbarten Oberstdorf bildet das schneesichere Kleinwalsertal zudem ein grenzüberschreitendes deutsch-österreichisches Skigebiet. Die Liftanlagen sind fast durchgängig miteinander verbunden.

Eine Attraktion ist auch das Naturdenkmal Breitachklamm am Ausgang der Enklave Kleinwalsertal nach Deutschland. Die fast 100 Meter tiefe Felsenschlucht zählt zu den beliebtesten Ausflugszielen der Region und ist vor allem im Winter wegen ihrer funkelnden und bizarren Eisformationen sowie erstarrten Wasserfälle sehenswert.