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Libyen ist kein Schurkenstaat mehr

16. Mai 2006

Die USA streichen Libyen von der Schwarzen Liste. Nach mehr als 25 Jahren wollen sie die diplomatischen Beziehungen wieder normalisieren - als Belohnung dafür, dass Staatschef Gaddafi dem Terror abgeschworen hat.

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Grund zur Freude für den libyschen Staatschef Muammar el Gaddafi (Archiv-Foto)Bild: picture-alliance/dpa

Eigentlich herrschte zwischen den USA und Libyen seit 1980 diplomatische Eiszeit. Doch jetzt werde die Regierung von Muammar el Gaddafi von der Liste der Staaten gestrichen, die als Unterstützer des Terrors gelten, kündigte das US-Außenministerium am Montag (15.5.2006) an. Außerdem solle bald ein Botschafter in die libysche Hauptstadt Tripolis entsandt werden. Damit wollten die USA anerkennen, dass Libyen sich vom Terror abgewandt habe, erklärte Außenministerin Condoleezza Rice. Sie nannte die jetzige Kooperation Libyens im Kampf gegen den internationalen Terrorismus "hervorragend". Die Wiederaufnahme der vollen diplomatischen Beziehungen stehe "für eine neue Ära des amerikanisch-libyschen Verhältnisses". Der libysche Außenminister Abdurrahman Schalgham betonte, der Schritt diene den Interessen beider Länder.

Die Europäische Union begrüßte die Entwicklung als einen "positiven Schritt". Sie zeige, dass auch eine Lösung äußerst komplexer Streits möglich sei, erklärte die Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Brüssel. Allerdings ist Libyen damit noch nicht von allen Vorwürfen befreit: Die US-Regierung sorge sich nach wie vor um die Menschenrechte in Libyen, sagte David Welch, Abteilungsleiter im US-Außenministerium in Washington.

Verantwortung für Lockerbie und La Belle

Lockerbie
Für den Anschlag von Lockerbie 1986 hat Libyen die Verantwortung übernommen - und dem Terror abgeschworenBild: AP

Zum großen Bruch zwischen den USA und Libyen war es 1979 gekommen, nachdem die US-Botschaft in dem nordafrikanischen Land von einer aufgebrachten Menschenmenge in Brand gesetzt wurde. Ein Jahr später wurde die diplomatische Vertretung geschlossen; die USA warfen Libyen die Unterstützung des internationalen Terrorismus vor.

Libyen war unter anderem für den Bombenanschlag von 1988 auf einen Jumbo-Jet der US-Fluggesellschaft Pan Am über der schottischen Ortschaft Lockerbie verantwortlich gemacht worden, bei dem 270 Menschen ums Leben kamen. Einige der Angehörigen der Opfer zeigten sich entsetzt über die aktuelle Entscheidung der USA: Dieses Vorgehen sei gefährlich und nun würden die Terroristen auch noch belohnt. Es gehe den USA doch nur ums Öl.

Auch der Sprengstoffanschlag auf die Berliner Discothek "La Belle" wurde dem libyschen Geheimdienst zugeschrieben - bei dem Attentat im April 1986 wurden zwei Amerikaner und eine Türkin getötet und 230 Menschen verletzt. Nach dem Anschlag ordnete der damalige US-Präsident Ronald Reagan Luftangriffe gegen Libyen an.

Tauwetter nach Waffenverzicht

Doch die Beziehungen zu den USA verbesserten sich dramatisch, als Gaddafi im Jahr 2003 versprach, Massenvernichtungswaffen aufzugeben und die Lockerbie-Opfer mit mehreren Millionen Dollar zu entschädigen. Seit 2004 unterhalten die USA wieder ein diplomatisches Büro in Libyen - und Libyen ein Verbindungsbüro in Washington.

Alltag in Libyen Ölindustrie
Seit dem Ende des Embargos investieren US-Ölfirmen wieder in LibyenBild: AP

Im gleichen Jahr fiel auch das Handelsembargo, mit dem der nordafrikanische Ölproduzent 18 Jahre zuvor belegt worden war. Danach kündigten mit ConocoPhilipps und Marathon Oil auch die ersten US-Ölfirmen an, im rohstoffreichen Libyen zu investieren. Auch deutsche Unternehmen sehen Libyen nach dem Ende des Embargos als wichtigen Exportmarkt.

Nachdem die USA Libyen von der Liste mit den Terror-Unterstützern gestrichen haben, bleiben noch fünf "Schurkenstaaten" übrig. Bei der letzten Veröffentlichung wurde der Iran als der weltweit aktivste Staat in der Förderung von Terroraktivitäten gebrandmarkt. Die übrigen Länder auf der Liste sind Kuba, Nordkorea, der Sudan und Syrien. Der Irak war nach dem Sturz von Ex-Präsident Saddam Hussein im Jahr 2003 von der Liste gestrichen worden. (reh)