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Libyen will härter gegen Schlepper vorgehen

19. August 2016

Von Libyen starten noch immer viele Boote mit Flüchtlingen nach Europa. Ministerpräsident al-Sarradsch erklärt sich bereit, die EU im Kampf gegen Schlepper zu unterstützen. Er hofft zudem auf Hilfe für die eigene Marine.

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Boote der libyschen Küstenwache im Hafen von Tripolis
Boote der libyschen Küstenwache im Hafen von Tripolis (Foto: dpa)Bild: picture-alliance/ZB/M. Tödt

Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch stellte in Aussicht, mit Deutschland, Italien und der Europäischen Union gegen die Netzwerke vorzugehen, "damit wir die Flüchtlingen retten und die Schmuggler besiegen können". Die Europäer sollten Druck auf die umliegenden Staaten wie den Tschad, den Niger oder Mali ausüben, "damit die Grenzkontrollen funktionieren und ernst genommen werden", sagte al-Sarradsch dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Die Grenzsoldaten auf beiden Seiten benötigten mehr Training.

Zugleich äußerte der Premier die Hoffnung, dass die EU im Rahmen der "Operation Sophia" die Marine des Landes modernisieren werde, "damit sie ihre Rolle spielen kann". Aktuell sei die libysche Marine "sehr schwach", sagte der 56-Jährige, der seit März 2016 an der Spitze der neuen Einheitsregierung steht. Al-Sarradsch verlangte zudem allgemein mehr Unterstützung des Westens. Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi habe der Westen "Libyen im Stich gelassen", klagte er. Das Land habe mit seinen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Problemen allein dagestanden.

Lukrative Geschäfte

In Libyen machen zahlreiche Schlepperbanden mit Flüchtlingen Geschäfte. Im vergangenen Jahr kamen über die zentrale Mittelmeerroute mehr als 150.000 Migranten in die Europäische Union. Libyen gilt als Schlüsselland auf den Flüchtlingsrouten von Afrika nach Europa. Schätzungen zufolge warten weit über Hunderttausend Menschen an der Küste auf eine illegale Überfahrt. Die EU startete im Juni 2015 die multinationale Militäraktion "Eunavfor Med Operation Sophia", um Schleppern auf dem Mittelmeer das Handwerk zu legen und schiffbrüchige Flüchtlinge zu retten.

Seit Oktober 2015 dürfen deutsche Marinesoldaten auch mit Waffen gegen die kriminellen Netzwerke vorgehen. Diese bringen jedoch die Flüchtlinge von der libyschen Künste aus meist nur ein paar Meilen in internationale Gewässer und setzen dann einen Notruf ab.

Erst am Donnerstag rettete die Bundesmarine im Mittelmeer 49 Flüchtlinge. Das Versorgungsschiff "Werra" sei angewiesen worden, zwei Schiffen von Nichtregierungsorganisationen bei der Rettung von Flüchtlingen auf Holzbooten zu unterstützen, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit. Dabei habe die Besatzung der "Werra" ein weiteres Holzboot mit 27 Flüchtlingen sowie ein offenes Boot mit vier Fischern und der Leiche eines Kindes entdeckt. Später habe die "Werra" 22 weitere Menschen von dem britischen Forschungsschiff "Enterprise" übernommen. Nach eigenen Angaben rettete die Bundeswehr damit seit Beginn ihres Einsatzes im Mittelmeer Anfang Mai 2015 insgesamt 17.540 Menschen aus Seenot.

Gegenregierung im Osten

Die von der Vereinten Nationen unterstützte neue Einheitsregierung mit Sitz in Tripolis versucht seither, ihre Macht in der Hauptstadt zu festigen und das gesamte libysche Staatsgebiet unter ihre Kontrolle zu bekommen. Im Osten des Landes gibt es jedoch weiterhin eine Gegenregierung, die die Einheitsregierung nicht anerkennt.

Ein verlassenes Flüchtlingsboot treibt vor der libyschen Küste bei Sabratha (Foto: dpa)
Ein verlassenes Flüchtlingsboot treibt vor der libyschen Küste bei SabrathaBild: picture-alliance/AP Photo/E. Morenatti

Nach dem Sturz und dem Tod des libyschen Machthabers al-Gaddafi im Zuge des Nato-Einsatzes im Jahr 2011 war Libyen ins Chaos gestürzt. Seitdem beherrschen konkurrierende bewaffnete Milizen das ölreiche Land. Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) nutzte die unübersichtliche Lage in Libyen, um sich auszubreiten, unter anderem in Sirte, Gaddafis Heimatstadt. Die USA fliegen derzeit Luftangriffen gegen Sirte. In anderen Städten kommt es immer wieder zu Attentaten, wie kürzlich in Bengasi, als durch die Explosion einer Autobombe 22 Menschen getötet wurden.

kle/stu (epd, afp, dpa, kna)