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Oskars Krankheit

19. November 2009

Die Krebserkrankung des Linken-Chefs Oskar Lafontaine bringt noch mehr Unruhe in die Partei. Vorstandsmitglied Ramelow wirft die Frage des Generationswechsels auf. Politische Gegner wünschen erstmal Genesung.

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Oskar Lafontaine unterhält sich in Rheinsberg mit Gregor Gysi (Foto: DPA)
Linken-Fraktionsklausur im Oktober: Lafontaine tritt nicht für den Vorsitz anBild: dpa

So viele gute Wünsche vom politischen Gegner wie in diesen Tagen erhielt Oskar Lafontaine wohl noch nie. Der Chef der Linkspartei ist an Krebs erkrankt und das rückt den Menschen Lafontaine in den Blickpunkt und nicht das Feindbild. Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber wünschte Gottes Segen und eine rasche Genesung. Selbst in Lafontaines einstiger Partei, der SPD, wich der Groll auf den als Verräter angesehenen Ex-Genossen für den Moment dem Mitgefühl.

Wahlplakat der Bundestagswahl 1994 mit Gerhard Schröder&Rudolf Scharping&Oskar Lafontaine (Foto: F.C. Gundlach)
Ex-Rivale Scharping schickte GenesungswünscheBild: F.C. Gundlach

Der von Lafontaine mit einem spektakulären Redeauftritt 1995 gestürzte Parteivorsitzende Rudolf Scharping sah über "politische Gräben" hinweg und wünschte Besserung. Die Gattin von Ex-Kanzler Schröder, dem Lafontaine 1999 sein Ministeramt vor die Füße warf, schickte eine E-Mail mit "lieben Grüßen".

Redeauftritt kurz vor der Operation

Der 66-jährige Lafontaine ist nach Angaben der Deutschen Presseagentur an Prostata-Krebs erkrankt - ein Tumor, der bei rechtzeitiger Entdeckung gute Heilungschancen hat. Dass der wohl umstrittenste Spitzenpolitiker der Republik nicht ans Aufgeben denkt, wurde am Mittwoch (18.11.2009) deutlich. Einen Tag vor der lange geplanten Operation in einer Homburger Klinik hielt Lafontaine im saarländischen Landtag eine Rede und zeigte sich angriffslustig wie eh und je.

Bei der Landtagswahl im August hatte die Linke mit Spitzenkandidat Lafontaine im Saarland sensationelle 21 Prozent der Stimmen geholt. Das war ein persönlicher Triumph für den Mann, der einst 12 Jahre lang als Ministerpräsident dieses kleine Bundesland geführt hatte, allerdings damals noch mit SPD-Parteibuch in der Tasche. Derzeit sitzt Lafontaine als Fraktionschef der Linken im Saarbrücker Landtag und als Abgeordneter im Deutschen Bundestag in Berlin.

Der Typ, der das will und kann

In der Hauptstadt geht Fraktionschef Gregor Gysi davon aus, dass sich der erkrankte Parteivorsitzende nach der Genesung Anfang kommenden Jahres für einen Verbleib in der Bundespolitik entscheiden wird. Lafontaine sei "der Typ, der das will und der das kann".

Lafontaine hatte bereits 1990 einen schweren Rückschlag überwunden: Eine geistig verwirrte Frau brachte ihn durch ein Messer-Attentat mitten im Bundestagswahlkampf an den Rand des Todes. Trotzdem hielt er an seiner Kanzlerkandidatur für die Sozialdemokraten fest, verlor allerdings gegen Helmut Kohl.

1999 legte Lafontaine alle Regierungs- und Parteiämter für die SPD nieder und führte später enttäuschte Sozialdemokraten und Gewerkschafter aus dem Westen mit der ostdeutsche PDS zur gesamtdeutschen Linken zusammen. Obwohl es in der Linken auch Kritik am Konfrontationskurs Lafontaines gibt, gilt er doch als unverzichtbar für Wahlerfolge im Westen.

Wenig Beifall für "Herrn Ramelow"

Bodo Ramelow, Linken-Fraktionschef in Thüringen (Foto: AP)
Linken-Politiker Ramelow will GenerationswechselBild: AP

In der Partei hat die am Dienstag bekannt gewordene Erkrankung des Parteivorsitzenden Bestürzung ausgelöst. Zwar reagierte ein Sprecher mit der laxen Bemerkung "Nachrufe müssen nicht geschrieben werden" und man hoffe auf die Rückkehr eines voll einsatzfähigen Spitzenmannes. Doch offenbar planen einige mittlerweile schon ohne Lafontaine, selbst wenn dieser wieder genesen sollte.

Wenig Taktgefühl zeigte der Thüringer Linken-Politiker Bodo Ramelow, der sich selbst jeden Posten zutraut. Er erklärte in der "Leipziger Volkszeitung", unabhängig von der Krebsoperation müsse man sich "bei einem Lebensalter (Lafontaines, d. A.) von 66 Richtung 67" als Partei "auf den Wechsel vorbereiten". Die von Parteichef Lafontaine selbst angestoßene Debatte über eine Doppelspitze für die nächste Parteiführung sei Teil eines "notwendigen Generationswechsels".

Ramelows Vorpreschen zur Unzeit kam in der Partei nicht gut an. Der vom Schicksalsschlag seines politischen Weggefährten Lafontaine sichtlich betroffene Gysi kanzelte den Thüringer Genossen mit den Worten ab, "Herr Ramelow" könne ja schon über alles nachdenken, aber der Wechsel im Parteivorsitz sei eine Frage, die ihn - Gysi - in diesem Moment nicht sonderlich bewege.

Krankheit statt Liebesaffäre

Für viele Beobachter ist die Krebserkrankung auch eine Erklärung für den kürzlich überraschend geäußerten Verzicht Lafontaines auf den Fraktionsvorsitz der Linkspartei im Bundestag. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte dagegen über eine mögliche Affäre Lafontaines mit der Linken-Abgeordneten Sarah Wagenknecht spekuliert. Kurz darauf war Lafontaine mit der Information über seine Krebserkrankung an die Öffentlichkeit gegangen "um weiteren Spekulationen vorzubeugen".

Autor: Bernd Gräßler

Redaktion: Kay-Alexander Scholz