L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt gestorben
21. September 2017Die Multi-Milliardärin sei "friedlich" zu Hause gestorben, teilte deren Tochter Françoise Bettencourt Meyers in Paris mit. Die verschlungenen Finanzaffären um die greise Erbin des Kosmetikkonzerns L'Oréal hatten Frankreich jahrelang in Atem gehalten.
Im August 2016 war ihr langjähriger Vertrauter François-Marie Banier laut Tageszeitung "Le Monde" von einem Berufungsgericht zu vier Jahren Haft auf Bewährung und 375.000 Euro Strafe verurteilt worden. Dem Jetset-Fotografen war vorgeworfen worden, die Demenzerkrankung von Bettencourt für sich ausgenutzt zu haben. Banier ließ sich die Treffen mit der Milliardärin mit Zuwendungen im Gegenwert von mehreren Hundert Millionen Euro vergolden, wie im Laufe der Zeit herauskam.
Entmündigung mit 89 Jahren
Bettencourts einzige Tochter Françoise fürchtete um das Lebenswerk ihres Großvaters Eugène Schueller und sah schließlich keinen anderen Ausweg, als die Justiz einzuschalten. Vor Vormundschaftsrichtern warf Françoise der Mutter vor, im Zustand geistiger Unzurechnungsfähigkeit mit Geld um sich zu werfen, und beantragte eine medizinische Untersuchung.
Die Mutter wehrte sich gegen die Tochter mit Klagen wegen Psychoterrors. "Was ist da bloß in meine Tochter gefahren? Das ist eine große Dummheit", sagte sie in Interviews und erweckte den Eindruck, Françoise sei nur eifersüchtig auf den Fotografen. Sie kenne den Künstler Banier seit mehr als 20 Jahren, er habe ihr sehr geholfen - auch, als sie ihren Mann André verloren habe.
Über ihre Anwälte ließ Bettencourt verbreiten, sie habe alle Geschenke freiwillig gemacht. Wenig später tauchten allerdings heimlich aufgenommene Abhörbänder auf, die ausgerechnet ein Butler Bettencourts angefertigt hatte - und die inzwischen sogar in Buchform nachzulesen sind. Sie und die Aussagen einer anderen früheren Angestellten stützten die These, dass die Seniorin zumindest mit erheblichen Gedächtnisproblemen zu kämpfen hatte und brachten zudem eine ganze Lawine neuer Probleme mit sich.
Steuerhinterziehung und Parteienfinanzierung
Es fanden sich Hinweise auf Steuerhinterziehung, Kungeleien mit Politikern und Bereicherungsversuche von anderen Vertrauten. Die Justiz nahm Ermittlungen auf. Zumindest der prominenteste Verdächtige, Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, konnte im Oktober 2013 aufatmen. Die zuständigen Untersuchungsrichter sahen nicht genügend Anhaltspunkte dafür, dass der konservative Politiker die Demenzerkrankung der Milliardärin ausnutzte, um an Geld für seinen Wahlkampf 2007 zu kommen.
Kurz vor Bettencourts 89. Geburtstag im Jahr 2011 verfügte ein Gericht die Entmündigung der L'Oréal-Erbin, ihr Enkel Jean-Victor Meyers wurde zum Vormund bestellt. "Sie wollen mich einsperren", hatte die Seniorin zuvor einer Zeitung erklärt - und gedroht, im Fall der Entmündigung auszuwandern. Es war das letzte öffentliche Aufbegehren.
Förderin der Kultur
Die großen Verdienste der Milliardenerbin waren angesichts der vielen Affären in den Hintergrund gerückt. Dazu gehört die 1987 gegründete Stiftung Bettencourt Schueller, die Wissenschafts- und Kulturprojekte fördert, aber vor allem ihr Einsatz für den Kosmetikkonzern. Bettencourt war Tochter des Gründers von L'Oréal, Eugène Schueller. Die Familienholding hält etwa 33 Prozent der Unternehmensanteile.
Bettencourt stand nach der Forbes-Liste an 14. Stelle der reichsten Menschen der Welt. Das US-Magazin bezifferte ihr Vermögen auf fast 37,4 Milliarden Euro. Bettencourt wäre am 21. Oktober 95 Jahre alt geworden.
Das weltweit agierende Unternehmen L'Oréal beschäftigt nach eigenen Angaben fast 90.000 Menschen und erzielt jährlich einen Umsatz von rund 26 Milliarden Euro.
cgn/jj (afp, dpa, rtr)