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PolitikChina

Lässt China den harten Worten zu Taiwan bald Taten folgen?

Yuchen Li aus Taipeh
6. März 2024

Der Ton gegenüber Taiwan hat sich auf der jährlichen Sitzung des chinesischen Volkskongresses verschärft. Ob Peking damit seine Politik der "friedlichen Wiedervereinigung" mit der Insel aufgibt, ist nicht ausgemacht.

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Taiwan I Kampfjets der chinesischen Luftwaffe fliegen in Formation während eines Trainings am Stadtrand von Peking
Peking erhöht weiter seine Militärausgaben - Kampfjets der chinesischen Luftwaffe fliegen in Formation während eines Trainings am Stadtrand von PekingBild: Jason Lee/REUTERS

Der Nationale Volkskongress in China ist am Dienstag zu seiner wichtigsten jährlichen Parlamentssitzung zusammengetreten. Der Sitzungsmarathon, der sich über eine ganze Woche erstreckt, bietet internationalen Beobachtern die Möglichkeit, einen Einblick in die Ausrichtung von Pekings Politik für das kommende Jahr zu erhalten.

Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang bekräftigte bereits vor dem Kongress, dass Peking "entschlossen die Sache der Wiedervereinigung Chinas" vorantreiben werde, um "die Taiwan-Frage in der neuen Ära zu lösen". Das sei Bestandteil der "Gesamtstrategie" der Kommunistischen Partei Chinas.

Peking betrachtet Taiwan, das sich offiziell Republik China nennt, als eine abtrünnige Provinz und Territorium Chinas. Präsident Xi Jinping hat die "Wiedervereinigung" der demokratisch regierten Insel mit dem chinesischen Festland bereits seit Jahren ins Zentrum seiner strategischen Politik gesetzt.

Die Sprache hat sich aber verschärft. Im diesjährigen Bericht von Ministerpräsident Li fehlte das Wort "friedlich" vor "Wiedervereinigung", das in den Formulierungen der vergangenen Jahre noch enthalten war.

Chinas Militär führte in letzter Zeit regelmäßig Luft- und Seemanöver in der Straße von Taiwan durch, darunter eine groß angelegte Übung im April 2023. Dabei wurde die Insel vollständig eingekreist, gleich nachdem sich Präsidentin Tsai Ing-wen mit hochrangigen US-Parlamentariern getroffen hatte.

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Im Januar wählte Taiwan dann Lai Ching-te von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) zum nächsten Präsidenten. Die Partei, die nun am Anfang ihrer dritten Regierungsperiode steht, betrachtet Taiwan als selbst verwaltend. Sie hat sich aber nicht für eine formelle Unabhängigkeitserklärung ausgesprochen, die für Peking eine rote Linie darstellen würde.

Peking hat den gewählten Präsidenten Lai vor diesem Hintergrund bereits als "gefährlichen Separatisten" bezeichnet und schon vor der Wahl damit gedroht, jede Form des "Versuchs" einer taiwanesischen Unabhängigkeit zu "zerschlagen".

Am Dienstag bekräftigte nun Ministerpräsident Li, dass die Regierung in Peking weiterhin "dem Separatismus und der Einmischung von außen entschieden entgegentreten" werde.

Lis Bericht besagt auch, dass Chinas Rüstungsausgaben im Jahr 2024 um 7,2 Prozent steigen wird. Damit setzt sich der Trend der Ausgabensteigerung in den letzten Jahren fort. Der Militärhaushalt hat sich seit 2015 mehr als verdoppelt.

Keine großen politischen Änderungen in Bezug auf Taiwan?

Dennoch sei die Formulierung in Lis Bericht "übertrieben interpretiert" worden, meint Chang Wu-ueh, Professor für China-Studien an der taiwanesischen Tamkang-Universität, im Gespräch mit der DW.

"Im Grundsatz sieht Chinas Gesamtstrategie immer noch den Frieden als oberste Priorität, während nicht-friedliche Mittel ein letzter Ausweg sind", sagte Chang.

"Wichtige Entscheidungsträger in Peking und die Staatsmedien haben nie den Ausdruck 'gewaltsame Wiedervereinigung' benutzt", fügt Chang hinzu. Es sei höchstens darüber diskutiert worden, dass nicht-friedliche Mittel nicht ausgeschlossen werden sollten.

Wang Hsin-Hsien, Experte für chinesische Politik an der Nationalen Chengchi-Universität in Taiwan, sagte der DW, Premier Li habe sich, als er zur "Wiedervereinigung" aufrief, für die Förderung von "Beziehungen über die Meerenge hinweg und friedliche Entwicklung" ausgesprochen. Wang sagte, Li habe einfach die Aussage "friedliche Wiedervereinigung" auf zwei getrennte Sätze verteilt.

China Peking | Volkskongress
Li Qiang, Ministerpräsident von China, (auf dem Bildschirm) spricht während der Eröffnungssitzung des Nationalen Volkskongresses (NVK) Bild: Ng Han Guan/AP/dpa

Die Experten weisen darauf hin, dass die Berichte der Regierung auf den Sitzungen des Nationalen Volkskongresses nur selten drastische Veränderungen in Chinas Politik gegenüber Taiwan auf den Tisch bringen.  Dieses Jahr sei auch nicht das erste Mal, dass China das Wort "friedlich" in seinen Erklärungen zu Taiwan weglässt.

"Handeln anstatt reden"

Der Experte Wang räumt aber ein, dass Chinas öffentliche Aussagen zur Taiwan-Politik zu weniger zuverlässigen Indikatoren für seine realen Pläne werden könnten. Es bestehe die Möglichkeit, dass Peking nun "mehr tun und weniger sagen" wird.

Er fügte hinzu, dass China zunehmend Taktiken einer "Grauzone" anwendet, um Taiwan unter Druck zu setzen. Das Center for International Strategic Studies (CSIS) definiert diese Grauzonenoperationen als "Druck unterhalb der Ebene der direkten Kriegsführung", die "Informationskampagnen, politischen und wirtschaftlichen Zwang und Cyberoperationen" umfasse.

"China würde es jetzt einfach handeln, ohne darüber reden", fürchtet Wang und fügt hinzu, dass diese Strategie die nächste Schritte Pekings noch weniger vorhersehbar mache.

Die meisten Länder, einschließlich der USA, erkennen die Republik China auf Taiwan nicht als unabhängigen Staat an. Washington stellt sich jedoch gleichzeitig gegen jeden potenziellen Versuch, die demokratische Insel gewaltsam zu erobern, und ist entschlossen, sie bei ihrer Verteidigung zu unterstützen.

Peking betrachtet die internationalen Unterstützung für Taiwan als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas.

Mit einer Taktik der "Grauzone" könnte Peking aber vermeiden, zu viel globale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. "Das ist eine große Herausforderung", sagt Wang. Es sei damit weniger wahrscheinlich, dass die internationale Gemeinschaft unter Druck gerät. Aber für Taiwan ist es in der Tat ein strategischer Verlust", fügte er hinzu.

Mitarbeit: DW-Korrespondent Tzu-Hsin Chou.

Redaktion: Wesley Rahn

Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand