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Lösung im VW-Zuliefererstreit

23. August 2016

Es gibt eine Einigung zwischen Volkswagen und zwei Zulieferern. Die ist auch nötig, liegen bei VW Teile der Produktion still. Nun solle die Teilelieferung so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden.

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Wolfsburg Volkswagen-Werk Mitarbeiter
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Im Lieferstreit bei Volkswagen haben sich die beiden Zulieferer Car Trim und ES Automobilguss und Volkswagen geeinigt. Über die Inhalte der Einigung sei Stillschweigen vereinbart worden, teilte VW mit. Dagegen hieß es von der "Hannoversche Allgemeinen Zeitung", die Unternehmen hätten eine langfristige Partnerschaft geschlossen. Dabei berief sie sich auf Verhandlungskreise. Die Lieferanten nehmen die Belieferung von Volkswagen kurzfristig wieder auf, teilte ein VW-Sprecher am Dienstag mit. Die betroffenen Standorte sollten nun schrittweise die Wiederaufnahme der Produktion vorbereiten.

Die beiden zur Prevent-Gruppe mit Sitz in Slowenien gehörenden Firmen hatten die Lieferung von Sitzbezügen und Getriebegehäusen eingestellt. Vergangene Woche waren Gespräche mit den Zulieferern aus Sachsen ohne Einigung geblieben.

Niedersachsens Ministerpräsident und Volkswagen-Aufsichtsratsmitglied Stephan Weil (SPD) begrüßte den Durchbruch. "Ich freue mich vor allem für die Beschäftigten, die nun rasch wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren können. Sie sind in den letzten Tagen Opfer eines Konfliktes geworden, der ohne Not auf ihrem Rücken ausgetragen worden ist", teilte er in Hannover mit. Zugleich äußerte er Kritik am Verhalten der Zulieferer aus Sachsen. "Es bleibt bei mir ein Unbehagen über das Vorgehen der Prevent Group, die nicht bereit war, den in unserem Rechtsstaat vorgesehenen Weg einer Klärung vor den Gerichten zu gehen. Sie hat stattdessen einen Großkonflikt mit beträchtlichen Schäden eröffnet", erklärte Weil.
Von dem Streit wurde die Produktion bei VW stark in Mitleidenschaft gezogen. Am Montag hieß es von VW, fast 30.000 Beschäftigte des Konzerns müssten in den kommenden Tagen zuhause bleiben, weil ihnen wegen fehlender Bauteile die Arbeit ausginge. Der Autobauer sprach von "Flexibilisierungsmaßnahmen bis hin zu Kurzarbeit". Für den Steuerzahler hätte das teuer werden können: Bei Kurzarbeit übernimmt die Bundesagentur für Arbeit bis zu zwei Drittel des bisherigen Nettolohns. VW hatte angekündigt, das Kurzarbeitergeld aufzustocken, so dass die Mitarbeiter fast keine Einbußen haben sollen.

Den VW-Mitarbeitern Kurzarbeitergeld zu zahlen, ist in der Politik nicht unumstritten. "Kurzarbeit ist keine Streikkasse für Unternehmen, die sich im Wirtschaftskampf befinden und eingegangene Verträge mutwillig nicht einhalten", sagte Karl Schiewerling, Arbeitsmarktexperte der Regierungspartei CDU, der Süddeutschen Zeitung.

Der Streitpunkt

Der Streit ist entbrannte aufgrund eines von Volkswagen gekündigten Auftrags. Die Firmen hatten Volkswagen Machtmissbrauch vorgeworfen. Der Autobauer habe Aufträge "frist- und grundlos" gekündigt und lehne einen finanziellen Ausgleich dafür ab. Es geht dabei um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Der Lieferstopp geschehe zum Selbstschutz und im Kampf für die Zukunft der eigenen Mitarbeiter, hieß es.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh attackierte die beiden Zulieferer: "Nach unserer Auffassung liegt die Verantwortung eindeutig beim Zulieferer", so Osterloh gegenüber der Bild-Zeitung.

Ob hinter dem Konflikt eigentlich ein Preiskampf steht, ist unklar - darüber wird aber spekuliert. Wegen der immensen Belastungen durch den Abgasskandal muss Volkswagen seinen Sparkurs bei der renditeschwachen Konzern-Kernmarke VW verschärfen.

"Ich sehe keinen Zusammenhang zu der Dieselaffäre", sagte dagegen Analyst Frank Schwope von der NordLB im Gespräch mit der DW. "Aber es sind natürlich wieder Negativ-Schlagzeilen, die VW letzten Endes auch Geld kosten."

Große Abhängigkeit

Volkswagen hatte alle rechtlichen Hebel gezogen, um die Belieferung seiner Werke wieder in Gang zu bringen. Dazu gehört auch die Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft gegen die beiden Firmen. Zudem hatten die Wolfsburger eine Ermächtigung angestrebt, die benötigten Bauteile bei ES Automobilguss abholen zu lassen.

VW ist bei den Komponenten, die nun nicht mehr geliefert werden, offensichtlich von den Zulieferern abhängig. Vor allem bei dem wichtigen Getriebeteil hat sich VW für das Erfolgsmodell Golf in weiten Teilen auf nur einen Zulieferer verlassen. Das Prinzip ist in der Branche bekannt als "single sourcing" (Einzelquellenbeschaffung).

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer spricht in diesem Zusammenhang von "Fehlern" bei VW: "Wenn man schon auf single sourcing geht, braucht man eine sehr solide und äußerst stabile Geschäftsbeziehung."

Millionenkosten

Der Lieferstopp wirbelte große Teile der Produktion bei VW empfindlich durcheinander. Allen voran steht die Golf-Produktion im Stammwerk Wolfsburg still. Den erwarteten Produktionsausfall durch den Lieferstreit bezifferte VW bislang nicht. Im größten VW-Werk in Wolfsburg rollen in normalen Zeiten bis zu 3850 Fahrzeuge täglich vom Band, davon mehr als 1000 Golf. Im Passat-Werk in Emden, wo die Bänder bereits seit Donnerstag vergangene Woche stillstehen, werden im Schnitt 1250 Fahrzeuge am Tag produziert.

Am Montag hatte sich auch die Politik eingeschaltet. Das Bundeswirtschaftsministerium forderte eine rasche Lösung. "Wir gehen davon aus und erwarten auch, dass die beteiligten Unternehmen die ungeklärten Fragen so bald wie möglich lösen können", sagte ein Sprecher in Berlin.

Auswirkungen auf andere Lieferanten

Nach Branchenangaben stehen hinter der Golf-Produktion rund 500 Lieferanten, die ebenfalls betroffen sind. Wegen der Montage-Engpässe bei VW könnten sie ihre Teile nicht ausliefern und müssten Bestände aufbauen.

"Die Folgewirkungen für die gesamte Wertschöpfungskette sind schon heute beträchtlich", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, Christoph Feldmann, am Montag in Frankfurt.

Unterdessen streitet auch Daimler mit der Zulieferer-Gruppe Prevent vor Gericht. Vor dem Landgericht Braunschweig wolle der Lieferant 40 Millionen Euro Schadenersatz erstreiten, sagte ein Sprecher des Gerichts. Prevent sehe demnach Verträge von Daimler als nicht erfüllt und nicht wirksam beendet an. Mit einer raschen Entscheidung ist nicht zu rechnen. Am 8. November müsse zunächst die Frage geklärt werden, welche Kammer überhaupt für das Verfahren zuständig ist.

iw/hb (dpa, rtr)