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Machtwechsel in Pakistan

Rachel Baig13. Mai 2013

Nawaz Sharif ist Sieger der Parlamentswahlen in Pakistan. Der ehemalige Premierminister, der sich zunächst auf die Bewältigung der Wirtschaftskrise konzentrieren will, steht vor einem Berg an Problemen.

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Nawaz Sharif in Lahore (Foto: Xinhua/Jamil Ahmed)
Nawaz Sharif in LahoreBild: picture-alliance/landov

Vierzehn Jahre nach seinem Sturz durch das Militär hat Nawaz Sharif einen triumphalen Wahlsieg in Pakistan erzielt. Sharif hatte sich bereits am Samstag (11.05.2013) nach Schließung der Wahllokale zum Sieger ausgerufen. Der Spitzenkandidat der Pakistan Muslim Liga-Nawaz (PML-N) hat sowohl die regierende Volkspartei "Pakistan People's Party" (PPP) als auch die Partei des früheren Kricket-Stars Imran Khan, "Pakistan Tehreek-e-Insaaf" (PTI) besiegt. Er feierte mit seinen Anhängern in der Metropole Lahore. Vor der jubelnden Masse rief Sharif alle Parteien dazu auf, bei der Lösung der Probleme Pakistans mitzuarbeiten.

Anhänger von PML-N feiern das Wahlergebnis in Lahore (Foto: REUTERS/Damir Sagolj)
Unterstützer der PML-N feiern das WahlergebnisBild: Reuters

Doch auch der politische Newcomer Imran Khan konnte einen Sieg erzielen: Seine Partei errang immerhin den zweiten oder dritten Platz. Das genaue Ergebnis ist noch unklar, das amtliche Endergebnis und einen offiziellen Wahlsieger wird die Wahlkommission verkünden. Sie hat dafür maximal 14 Tage Zeit. Khan räumte am Sonntag ein, dass die PML-N stärkste Kraft geworden sei. Er selbst liegt nach einem Unfall im Krankenhaus. Der PTI-Spitzenkandidat war bei einer Wahlkampfveranstaltung von einer provisorischen Hebebühne gestürzt.

"Das Ergebnis zeigt, dass die Wähler mit der Regierung der vergangenen Jahre extrem unzufrieden sind. Sie machen die PPP für die Wirtschaftskrise und Energieknappheit im Land verantwortlich", erklärt Britta Petersen, Leiterin des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Islamabad, im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Historische Wahl

Mit der diesjährigen Wahl wird zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Pakistans, im Jahr 1947, eine zivile Regierung nach dem Ende ihrer Legislaturperiode durch eine gewählte Nachfolgerin abgelöst. Der Wahltag war von Anschlägen und Angriffen durch Extremisten überschattet - landesweit starben mehr als 20 Menschen. Bereits während des Wahlkampfs war es zu zahlreichen Anschlägen mit weit über hundert Toten gekommen. Die Wahlbeteiligung lag trotz der schlechten Sicherheitslage bei fast 60 Prozent und war damit die höchste seit 1977. Vielerorts blieben die Wahllokale wegen des großen Andrangs sogar länger geöffnet als geplant.

Tausende Menschen feierten noch in der Nacht den Sieg des "Löwen von Punjab", wie Sharif von seinen Anhängern genannt wird. Nawaz Sharif würde somit zum dritten Mal Pakistan regieren. Er stand bereits von 1990 bis 1993 und von 1997 bis 1999 an der Spitze der Regierung. In beiden Legislaturperioden verlor er sein Amt vorzeitig. 1992 wurde er vom damaligen Präsidenten Ishaq Khan und dem Militär aus dem Amt gedrängt, offizieller Grund waren Korruptionsvorwürfe. 1999, nach einem Putsch von Armeechef Pervez Musharraf, ging Sharif ins Exil nach Saudi-Arabien. Lange Zeit hörte man nichts vom "Löwen". Doch seit seiner Rückkehr im Jahr 2007 hat Sharif stetig daran gearbeitet, seine politische Rolle wieder aufzubauen.

Andrang an Wahllokal in Pakistan (Foto: Abdul Ghani Kakar)
So viele Wähler wie noch nie seit 1977 gaben ihre Stimme abBild: DW

Große Herausforderungen

Die künftige Regierung Pakistans steht vor großen Herausforderungen: Das Land leidet seit Jahren unter Terrorismus und Gewalt; die Wirtschaft steckt in einer Krise. Rund ein Fünftel der Bevölkerung lebt in extremer Armut.

"Die Tatsache, dass eine einzige Partei so stark werden konnte, bedeutet, dass die kommende Regierung keine schwache sein wird. Pakistan kann dadurch sowohl politisch als auch wirtschaftlich gestärkt werden", sagt Mubashir Zaidi, Politologe aus Pakistan, gegenüber der Deutschen Welle. Wirtschaftspolitisch verfolgt Nawaz Sharif einen marktwirtschaftlichen Kurs. Man erwartet daher, dass er versuchen wird, mit Privatisierungen für neue Wachstumsimpulse zu sorgen.

Politisch stellt sich Sharif gegen eine Einmischung des Militärs in die Regierung. Die Geschichte Pakistans ist reich an Militärputschen. Doch in den vergangenen fünf Jahren hat sich das Militär aus der Politik herausgehalten und die Wahl unterstützt. Zudem verlangt Sharif ein Ende des Einsatzes von US-Drohnen im Kampf gegen Extremisten. Doch Britta Petersen bezweifelt, dass Sharif in dem Punkt einen Politikwechsel der USA erwirken kann: "Pakistan ist von den USA wirtschaftlich abhängig. Insofern ist in den außenpolitischen Beziehungen keine große Veränderung zu erwarten", sagt sie.

(Foto: Britta Petersen)
Britta Petersen: "Die außenpolitischen Beziehungen zu den USA bleiben gleich"Bild: Petersen

Bessere außenpolitische Verhältnisse

Experten sehen den Wahlsieg der PML-N mit gemischten Gefühlen. Außenpolitisch könnte sich Nawaz Sharif für eine Verbesserung des Verhältnisses zum Nachbarn Indien einsetzen. Bemühungen um eine Ausweitung der bilateralen Handelsbeziehungen liegen jedoch derzeit noch auf Eis. "Sharif hat bereits vor zwei Tagen in einem Interview mit einem indischen TV-Sender angekündigt, dass seine Regierung die Beziehungen zu Indien verbessern werde", betont Mubashir Zaidi. Der Politologe hält es für absolut notwendig, dass Pakistan keine Zeit mit Streitereien mit seinen Nachbarländern verschwendet, sondern sich um den Fortschritt im Inland kümmert.

"Die Taliban haben schon vorab angekündigt, dass sie bereit wären, auf Gesprächsangebote einzugehen falls die PTI oder die PML-N Teil der neuen Regierung werden", sagt Zaidi. Auch Sharif hat angedeutet, dass er Gespräche mit den Taliban aufnehmen werde, um den Terror im Land zu beenden.