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Politik

Mali wählt einen neuen Präsidenten

Katrin Gänsler
28. Juli 2018

Terror im Norden, ethnische Spannungen im Zentrum, eine hohe Arbeitslosigkeit: Mali steht vor der Präsidentschaftswahl vor gewaltigen Herausforderungen. Katrin Gänsler war vor Ort.

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Anhänger von Cheick Modibo Diarra tanzen und jubeln in Sikasso
Cheick Modibo Diarra wird von seinen Anhängern in Sikasso gefeiertBild: DW/K. Gänsler

Mali wählt neuen Präsidenten

Die Unterstützer von Cheick Modibo Diarra warten schon seit Stunden im Zentrum von Sikasso, einer Provinzhauptstadt im Süden Malis. Diarra ist einer von 24 Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten. Früher arbeitete der 66-Jährige für die US-Weltraumbehörde NASA, nach dem Putsch 2012 wurde er Premierminister der malischen Übergangsregierung. Seydou Diallo, einer seiner Anhänger, setzt große Hoffnungen in ihn: "Meiner Meinung nach ist er der Kandidat für einen Wechsel. Er ist ein neues Gesicht. Er hat Ideen und kann mit der aktuellen Lage fertig werden, ob es nun um Arbeit, Ausbildung oder andere Dinge geht."

Gerade an Arbeit mangelt es in Mali, das auf dem UN-Entwicklungsindex auf Platz 175 liegt - von 188 Staaten weltweit. Besonders junge Menschen - 66 Prozent der knapp 18 Millionen Einwohner sind unter 25 - klagen über schlechte Schulbildung, fehlende Arbeitsplätze und Chancenlosigkeit. Laut einer aktuellen Meinungsumfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung, dem "Malimetre", führe das zur Politikverdrossenheit, sagt Landesdirektor Philipp Goldberg: "Das ist auf den Straßen in Bamako und auch in anderen Regionalhauptstädten wie Sikasso und Kayes wahrnehmbar."

Wahlplakate mit den Slogans und Bildern der Kandidaten in der Hauptstadt Bamako
24 Kandidaten stellen sich zur Wahl Bild: DW/K. Gänsler

Dennoch stellt sich auch Amtsinhaber Ibrahim Boubacar Keïta wieder zur Wahl. IBK, wie er im Land nur genannt wird, setzte sich 2013 in der Stichwahl gegen Soumaïla Cissé durch. Nach einem Staatsstreich im Jahr zuvor und der monatelangen Besatzung des Nordens durch islamistische Gruppen sollte er das Land versöhnen und vor allem stabilisieren. Das sei ihm gelungen, sagt er bei der Vorstellung seines Wahlprogramms, das eher eine Zusammenfassung der vergangenen fünf Jahre ist: "Die Situation heute hat nichts mehr mit der von früher zu tun. Sie ist überwunden worden."

Gewalt im ganzen Land

Seine Kritiker sehen das anders. Kalfa Sanogo, etwa, Bürgermeister von Sikasso und unabhängiger Präsidentschaftsbewerber: "Die Grenze verschiebt sich weiter in Richtung Süden", sagt er. Neben den Anschlägen von Terrorgruppen kommt es im Zentrum Malis zu ethnischen Ausschreitungen. Es geht um den Zugang zu fruchtbarem Land im Niger-Binnendelta sowie um Macht. Die beiden große Volksgruppen, Dogon und Fulani, haben längst Milizen gegründet. Sanogo hat deshalb im Norden erst gar keinen Wahlkampf betrieben. Dort könne man sich nicht mehr sicher bewegen, meint er.

Martin Nadon vor einer blauen UN-Fahne
Martin Nadon von der UN-Mission MINUSMA verspricht UnterstützungBild: DW/K. Gänsler

Dabei soll dort die UN-Mission MINUSMA für Stabilität und Ruhe sorgen. Knapp 13.300 Soldaten sind derzeit im Land stationiert, darunter knapp 700 Deutsche. Seit Beginn der Mission sind 169 Soldaten getötet worden. Manchmal kommt es mehrmals pro Woche zu Angriffen auf die Soldaten. Die Einschätzungen darüber, wie erfolgreich die Mission ist, variieren stark.

Aktuell entsteht jedoch manchmal der Eindruck, dass Wahlen ohne die MINUSMA gar nicht möglich wären. Sie hat beispielsweise den Kandidaten angeboten, sie in Flugzeugen nach Kidal oder Timbuktu zu bringen. Beiden Städte liegen im gefährlichen Norden des Landes, wo es immer wieder zu Angriffen und Anschlägen kommt. Außerdem transportiert sie auch Wahlunterlagen. Martin Nadon, Direktor des Bereichs Wahlen bei der Mission, sagt jedoch: "Weder organisiert die MINUSMA die Wahlen, noch ist sie für die Sicherheit verantwortlich. Wir unterstützten nur bei der Sicherheit und der Organisation." Bezüglich der Spekulationen, ob die Wahllokale im Norden angesichts der angespannten Sicherheitslage geöffnet werden können, sagt er: "Weder 2013 noch 2016 ist es gelungen, alle Wahllokale zu öffnen. 90 Prozent waren es aber."

Opposition: Wählerverzeichnisse sind manipuliert worden

Kampf gegen Islamisten - die Bundeswehr in Mali

Mali steht jedoch noch vor weiteren logistischen Problemen. Die Ausgabe der Wählerausweise verlief schleppend. Anhänger von Oppositionskandidat Soumaïla Cissé - in den Augen vieler Malier der Oppositionskandidat mit den besten Chancen - behaupten zudem, es gebe zwei Wählerverzeichnisse und mehr als 1.2 Millionen fiktive Wähler. Nach Regierungsangaben gibt es knapp 8.5 Millionen Wähler. Es ist völlig unklar, wie hoch die Wahlbeteiligung sein wird.

Der 30-jährige Seydou Diallo aus Sikasso möchte aber auf jeden Fall wählen gehen. Für die Zukunft Malis sieht er allerdings nicht nur den künftigen Präsidenten in der Verantwortung: "Letztendlich ist es die Bevölkerung, die das Land täglich weiter voranbringen muss." Erreicht an diesem Sonntag kein Kandidat die absolute Mehrheit, wird es am 12. August eine Stichwahl geben.