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Manipulierter Kriegsgrund?

Daniel Scheschkewitz, Washington18. Juni 2003

Auf Initiative demokratischer Abgeordneter wird nun auch in den USA untersucht, ob Geheimdienstinformationen von der US-Regierung zur Begründung des Irak-Kriegs aufgebauscht oder vorsätzlich falsch interpretiert wurden.

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Sollte der US-Präsident etwa gelogen haben?Bild: AP

Noch Ende Februar dieses Jahres behauptete US-Präsident George W. Bush im Brustton der Überzeugung: "Im Irak baut und versteckt ein Diktator Waffen, mit denen er den Nahen Osten beherrschen und die Welt terrorisieren kann." Viele Amerikaner, die sich mit solchen Worten vor kurzem noch von der Notwendigkeit einer Irak-Invasion überzeugen ließen, fragen sich heute, wo die Waffen sind, gegen die sie zu Felde ziehen sollten. Der Grund: Auch zweieinhalb Monate nach der militärischen Niederlage Saddam Husseins haben die US-Truppen im Irak keinerlei Massenvernichtungswaffen gefunden.

Eine Erfindung der Bush-Regierung?

Irak Chemiewaffen Massenvernichtungswaffen US-Militär
Vergebliche SucheBild: AP

Über dreihundert verdächtige Stellen sollen bislang untersucht worden sein. Doch außer zwei Lastwagen, die angeblich als mobile Waffenlabors gedient haben könnten, bleibt Saddams Arsenal an Massenvernichtungswaffen ein Mysterium, oder gar eine Erfindung der Bush-Regierung. Phyllis Bennis, Nahostexpertin beim "Institute for Policy Studies" in Washington hält es für offensichtlich, "dass die Bush-Regierung gelogen und übertrieben hat, was die Waffen im Irak angeht."

Natürlich könne es sein, dass einige Waffen vor dem Krieg versteckt oder zerstört wurden. Das Entscheidende sei jedoch, dass bestimmte Informationen der Geheimdienste ignoriert und die Hinweise auf Massenvernichtungswaffen dafür aufgebauscht wurden. Man sei offenbar zum Krieg entschlossen gewesen. Ein Eindruck, den auch Präsidenten-Berater Paul Wolfowitz mit der Äußerung bestätigte, die Massenvernichtungswaffen seien die bürokratische Legitimation gewesen, auf die sich alle einigen konnten.

Regierung muss sich Fragen gefallen lassen

Peter Struck bei Senator Carl Levin
Senator Carl Levin, hier mit Bundesverteidigungsminister Peter StruckBild: AP

Dass es, wie in Großbritannien, zu einer öffentlichen Untersuchung kommt, haben die republikanischen Kongressabgeordneten bislang verhindern können. Auf Initiative von Carl Levin, dem einflussreichen Senator der Demokraten im Verteidigungsausschuss müssen sich CIA-Beamte und Regierungsmitglieder inzwischen ebenfalls Fragen gefallen lassen, wenn auch in nicht öffentlicher Sitzung. Zum Beispiel die Frage, warum Präsident Bush noch im Januar in seiner Rede zur Lage der Nation behauptete, der Irak habe sich im Niger Uran zur Herstellung von Atomwaffen besorgt, obwohl zu diesem Zeitpunkt dem CIA längst klar war, dass diese Information auf einer plumpen Fälschung beruhte.

"Es gibt Besorgnis erregende Beweise dafür, dass Geheimdienstinformationen in ein bestimmtes Licht getaucht und übertrieben wurden", weiß Senator Levin. Er fordert daher eine gründliche und parteiunabhängige Untersuchung. Levin will auch aufklären lassen, ob der CIA den UN-Waffeninspekteuren vor dem Krieg bestimmte Informationen vorenthalten hat und ob die Bush-Regierung die Geheimdienste unter Druck setzte, Informationen zum Irak gezielt aufzubereiten.

Gelassenheit im Weißen Haus

Levin hält das internationale Vertrauen in die USA für erschüttert: "Die amerikanische Öffentlichkeit und alle Länder, von denen wir möchten, dass sie uns bei künftigen Aktionen unterstützen, müssen Vertrauen in die Aussagen unserer Geheimdienste haben können", fordert der Senator. Im Weißen Haus gibt man sich derzeit noch gelassen. Bush selbst bezichtigt die "Zweifler" der Geschichtsrevision.

Sicherheitsberater Condoleezza Rice
US-Sicherheitsberaterin Condoleezza RiceBild: AP

Seine Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice setzt auf Zeit: "Erst wenn wir Gelegenheit hatten, im Irak Leute zu interviewen und die vielen tausend Seiten an Dokumenten durchforstet haben, in deren Besitz wir nun gelangt sind, werden wir das ganze Ausmaß des irakischen Waffenprogramms kennen." Bis man sagen könne, was mit den Massenvernichtungswaffen passiert ist, brauche es nun einmal seine Zeit.