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Ältestes und größtes Maya-Monument entdeckt

4. Juni 2020

Mit Laser-Scannern haben Archäologen im südlichen Mexiko einen monumentalen Maya-Komplex entdeckt. Der spektakuläre Fund soll auch überraschende Erkenntnisse zur Gesellschaft vor mehr als 3000 Jahren liefern.

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Mexiko: Das größte und älteste Maya-Denkmal
Bild: picture-alliance/dpa/Takeshi Inomata

Die markanten Pyramiden-Städte der Maya-Kultur wie Tikal in Guatemala sind in jedem Reiseführer zu finden, aber zahllose ihrer einstigen Monumental-Bauten, Häuser, Verkehrswege, Entwässerungsgräben, Wasserbecken, Versorgungsterrassen liegen nach wie vor im dichten Regenwald verborgen.

Um diese überwucherten Strukturen sichtbar zu machen, tasten Forscher seit 2017 vom Flugzeug aus mit Laser-Scannern das Grenzgebiet zwischen Mexiko und Guatemala systematische nach auffälligen Bodenstrukturen ab. Mittels dieser sogenannten Lidar-Technologie (light detection and ranging) konnten sie so in den vergangenen Jahren immer neue spektakuläre Funde sichtbar machen und faszinierende neue Erkenntnisse über die Maya-Kultur liefern.

Sensationeller Fund unter üppiger Vegetation

Im mexikanischen Bundesstaat Tabasco haben Archäologen jetzt mit dieser Methode die bislang wohl größte und älteste Monumentalanlage der Maya-Kultur entdeckt. In der Fachzeitschrift "Nature" berichten Forscher um Takeshi Inormata von der University of Arizona von 21 größeren und kleinere Zeremonialzentren, die räumlich alle sehr ähnlich angelegt wurden.

Der größte Komplex ist Aguada Fénix mit einem rechteckigen Plateau, das mehr als 1400 Meter lang und 400 Meter breit ist. Dieses künstlich aufgeschüttete Plateau verläuft in Nord-Süd-Richtung und überragt das umliegende Flachland um 10 bis 15 Meter.

Eine Vogelansicht von Mexikos ältester und größter Monumentalanlage der Mayas
Selbst aus der Luft sind die Plateaus, Dämme und Stauseen von Aguada Fénixi nur schwer zu erkennenBild: picture-alliance/dpa/Takeshi Inomata/University of Arizona

Mittels Radiokarbon-Methode wurden die ältesten Funde aus Aguada Fénix auf etwa 3200 Jahre datiert. Demnach soll der Bau der großen Plattform etwa um das Jahr 1000 v. Chr begonnen und etwa 200 Jahre lang in mehreren Phasen fortgesetzt worden sein. Damit wäre dies laut Inomata nicht nur die größte, sondern auch älteste Monumentalanlage der Maya, die bislang identifiziert werden konnte.

Hierarchiefreie Gemeinschaft schafft Gemeinschaftswerk?

Im Gegensatz zu den steilen Maya-Pyramiden der klassischen und spätklassischen Epoche boten die monomentalen Plateaus von Aguada Fénix sehr vielen Menschen Platz. Die Autoren schlussfolgern daraus, dass die Monumentalanlagen für eine und von einer weitgehend hierarchiefreien Gemeinschaft gebaut wurden.

Auch die Tatsache, dass bislang in Aguada Fénix keine Skulpturen von Individuen mit einem hohen Status gefunden wurden, spricht nach Ansicht der Forscher dafür, dass die Maya in der Frühphase in einer klassenlosen Gesellschaft ohne größere soziale Unterschiede lebten, in der die gemeinschaftliche Arbeit eine zentrale Bedeutung einnahm.

Erst "zu späteren Zeiten gab es mächtige Herrscher und Verwaltungssysteme, die die Menschen zur Arbeit zwangen. Aber diese Stätte ist viel älter, und wir sehen keine Belege für eine mächtige Elite. Dies ist eher das Resultat gemeinschaftlicher Arbeit", so die Wissenschaftler um Takeshi Inomata.

Zeitgeschichtliche Einordnung

Die ersten Maya waren ab etwa 1500 v. Chr. vom Hochland in Guatemala aus nach Norden in Richtung der Halbinsel Yucatán aufgebrochen. Ihre Blütezeit erreichte die Maya-Kultur, die sich vom heutigen Südmexiko bis nach Honduras erstreckte, etwa zwischen 200 und 800 nach Christus. Der Niedergang manifestierte sich mit dem Verlassen ihre Stadtstaaten im 9. und 10. Jahrhundert.

Original Wandmalerei im Tempel, Templo de las Pinturas, Ruinenstadt der Maya, Bonampak, Lacanja Chansayab, Chiapas, Mexiko, Mittelamerika
Was verraten die Steinfunde über die Gesellschaftsstruktur? Diese Wandmalerei aus Chiapas ist leichter zu entschlüsselnBild: picture-alliance/H. Mahr

Der Zeremonialkomplex Aguada Fénix verändere laut Inomata nicht nur das Bild von den frühen Maya, sondern stelle auch ein Verbindung zur noch älteren Olmeken-Kultur dar, die als erste Hochkultur Mittelamerikas gilt.

Die jüngsten Funde zeigen, dass die Maya offenkundig schon früher als angenommen in Städten mit monumentalen Anlagen lebten. Bislang seien Archäologen davon ausgegangen, dass Sesshaftigkeit die Voraussetzung für gemeinsame religiöse Feiern war, kommentiert die Anthropologin Patricia McAnany von der University of North Carolina die Funde. "Die neue Hinweise deuten darauf hin, dass es umgekehrt war". Die Anthropologie schlussfolgert daraus, dass es zuerst religiöse Feiern in monumentalen Anlagen gab, bevor sich dörfliches Leben entwickelte.

Viele Fragen bleiben

Ob diese weitreichenden gesellschaftlichen Schlussfolgerungen allein aufgrund der gemachten Funde tatsächlich Bestand haben, wird sich zeigen. Denn natürlich bleiben bislang noch viele Fragen unbeantwortet.

Etwa die zentrale Frage, warum die Maya überhaupt vor mehr als 3000 Jahren einen derartigen Aufwand betrieben und allein für die Hauptplattform geschätzte 3,2 bis 4,3 Millionen Kubikmeter Erde aufschütteten.

Mexiko: Maya Tempel
In Tikal haben die Maya ihre Kultur auf die Spitze getrieben - allerdings hatten oben nur wenige Priviligierte PlatzBild: picture-alliance/F. Soreau

Welche Funktion hatte das zentrale Plateau? Als Sonnenobservatorium wurde das Monument wohl eher nicht genutzt. Denn die Annahme, vom westlichen Hügel aus ließe sich zur Sommer- und Wintersonnenwende der Sonnenaufgang in den Ecken der östlichen Plattform beobachten, trifft nicht zu.

Zwar ist die Anlage nach Osten orientiert, aber nicht wirklich präzise ausgerichtet, räumt auch der Archäologe Inomata ein, der davon ausgeht, dass auf dem Plateau Rituale in Zusammenhang mit dem Sonnenkalender abgehalten wurden.

Völlig unklar ist auch, warum der aufwändige Komplex von Aguada Fénix und alle umliegenden Anlagen nach nur wenigen Jahren um 750 v. Chr. bereits wieder aufgegeben wurden.

Möglicherweise haben klimatische Veränderungen dafür gesorgt, dass die Menschen weiterziehen mussten und die üppige Vegetation die frühen Besiedlungspuren wieder überwucherte.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund