Mehr Anträge auf Einsicht in Stasiunterlagen
31. Dezember 2012Mehr als 22 Jahre nach dem Ende der DDR verzeichnet die Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen (BStU) einen nicht nachlassenden Strom von Auskunftsuchenden. Im Gegenteil, die Zahl der Antragsteller wächst wieder: In der Zeit von Januar bis November 2012 waren es mit 84.743 Anfragen schon knapp 5000 mehr als im gesamten Jahr 2011. Diese Zahlen veröffentlichte die "Berliner Zeitung" unter Berufung auf BStU-Sprecherin, Dagmar Hovestädt.
Öffentlicher Dienst unter der Lupe
Auch die Zahl der Überprüfungsanfragen für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes hat demnach im zu Ende gehenden Jahr deutlich zugenommen. 310 Anfragen bedeuten einen Anstieg von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für die gestiegene Nachfrage könnte eine neue Regelung verantwortlich sein: Seit diesem Jahr ist es Angehörigen von Verstorbenen leichter möglich, Akteneinsicht zu nehmen.
DDR-Vergangenheit noch nicht restlos aufgearbeitet
Für den Verein DDR-Opfer-Hilfe ist die gestiegene Zahl der Anfragen ein klares Signal für noch mehr Aufklärung: Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist alles andere als abgeschlossen", sagte der Vorsitzende des Vereins, Ronald Lässig, in Berlin. Er forderte angesichts des gestiegenen Interesses an Einsicht in die Stasi-Akten mehr Personal und mehr Geld für die Aufarbeitungsbehörde. Deren Arbeit war erst im vergangenen Jahr um weitere acht Jahre bis 2019 verlängert worden.
Aktenmaterial ohne Ende
Die Stasi-Unterlagen-Behörde bewahrt in ihren Archiven die 1990 sichergestellten Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR auf. Dabei handelt es sich um mehr als 111 Kilometer Aktenmaterial und mehr als 1,4 Millionen Fotos. Der BStU stellt sie nach den gesetzlichen Vorschriften des Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) Privatpersonen, Institutionen und der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Ihr erster Leiter war von 1990-2000 der jetzige Bundespräsident Joachim Gauck, der zu DDR-Zeiten als Pastor und Bürgerrechtler gegen das SED-Regime gekämpft hat. Im Volksmund wurde die BStU nur als Gauck-Behörde bezeichnet. Zur Birthler-Behörde wurde die Einrichtung unter Gaucks Nachfolgerin, der Grünen-Politikerin und Bürgerrechtlerin Marianne Birthler, die von 2000-2011 die Leitung innehatte. Seit vergangenem Jahr steht der Journalist und Bürgerrechtler Roland Jahn an der Spitze der BStU.
mak/sc (epd, afp, dpa)