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Mehr Kopf, mehr Herz

17. September 2018

Zum Champions League-Auftakt stehen sich Jürgen Klopps FC Liverpool und Thomas Tuchels Paris St. Germain gegenüber. Die beiden Erfolgstrainer verbindet einiges. Doch Klopp und Tuchel sind völlig unterschiedliche Typen.

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Deutschland Bundesliga Klopp und Tuchel
Bild: picture-alliance/dpa/F. von Erichsen

"Thomas Tuchel und Jürgen Klopp sind absolute Ausnahmetrainer, jeder auf seine eigene Art", sagte Christian Heidel einmal über die beiden deutschen Trainer, die am Dienstag mit ihren aktuellen Vereinen zum Auftakt der Champions League aufeinandertreffen: Klopps FC Liverpool empfängt Tuchels Paris St. Germain (Anpfiff um 21 Uhr MESZ). Heidel, inzwischen Sportvorstand des FC Schalke 04, hat mit beiden Trainern als Manager des Bundesligisten FSV Mainz 05 zusammengearbeitet. "Thomas Tuchel ist ein komplett anderer Typ als Jürgen Klopp, aber kein schlechterer Kerl", befand Heidel. "Thomas ist einer, dem ist völlig egal, was einer für ein Preisschild umhängen hat, wo der herkommt und ob der Nationalspieler ist. Er geht mit allen gleich um. Er ist kein einfacher Typ, aber wer glaubt, dass Jürgen Klopp ein einfacher Typ ist, der kennt ihn überhaupt nicht."

Unterschiedliche Taktik

Nach außen wirkt Klopp stets wie der Kumpel, der mit jedem kann. Mit seiner offenen, oft auch witzigen Art gewinnt der 51-Jährige schnell die Herzen der Spieler und Medien. Tuchel wirkt im Vergleich zum emotionalen Dauerbrenner Klopp dagegen eher zurückhaltend, fast schon "verkopft". Doch nicht nur das Auftreten unterscheidet die beiden Trainer, sondern auch ihr taktisches Konzept. Klopp gilt als Verfechter des schnellen Umschaltspiels. Wie schon bei Borussia Dortmund lässt er seine Spieler auch in Liverpool fast überfallartig aus der Defensive nach vorne stürmen - egal, welches Team auf der Gegenseite steht. Auch Tuchel liebt das schnelle Offensivspiel, richtet seine Taktik aber mehr auf die Schwachstellen des jeweiligen Gegners aus. Der 45-Jährige hatte Klopp als Trainer erst in Mainz, dann auch beim BVB beerbt. Mit dem Engagement beim Starensemble in Paris ist Tuchel endgültig aus dem Schatten Klopps herausgetreten.

Mit Paris durchgestartet

Frankreich Fußball Paris St. Germain Thomas Tuchel
Thomas Tuchel: Erfolgreicher Saisonstart bei Paris St. GermainBild: Getty Images/AFP/F. Fife

Auch in Paris bestätigt Tuchel Heidels Einschätzung, dass große Namen für den Trainer nicht zählen. Zwar ist Torwartlegende Gianluigi Buffon in der Champions League gesperrt und kann in Liverpool nicht spielen, doch musste er seinen Platz als Nummer eins zwischen den Pfosten auch in der Liga zuletzt an Frankreichs Nationalkeeper Alphonse Areola abgeben. Tuchel beorderte zudem Brasiliens Superstar Neymar von der linken offensiven Seite ins Mittelfeld, als klassischen Spielmacher. Die ersten Partien gaben ihm Recht. PSG ist in die neue Saison der französischen Ligue 1 regelrecht durchgestartet: Fünf Spiele, fünf Siege, fünf Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten. Klubpräsident Nasser Al-Khelaifi äußerte sich euphorisch über Tuchels Einstieg. "Wir haben den besten Trainer der Welt", schwärmte der Geschäftsmann aus Katar. Doch die Begeisterung dürfte verfliegen, wenn sich die PSG trotz ihres extrem teuren Spielerkaders erneut früh aus der Champions League verabschieden sollte.

Tuchel hofft auf großen Lauf

In den vergangenen beiden Spielzeiten war jeweils im Achtelfinale Endstation, in den vier Jahren zuvor im Viertelfinale. Der Gewinn der Champions League sei nicht planbar, sagte Tuchel gegenüber der Sportzeitung "L'Equipe". Ihm ist jedoch klar, dass er vor allem daran gemessen wird, wie Paris St. Germain in der Eliteklasse abschneide. Der PSG, so Tuchel, fehle eine Erfolgsserie, wie sie etwa Real Madrid hingelegt habe. "Es wird der Tag kommen, an dem du einen wichtigen Sieg feierst, der wiederum einen Lauf nach sich zieht."

England Fußball FC Liverpool Jürgen Klopp
Jürgen Klopp: Fünf Spiele, fünf SiegeBild: picture-alliance/ZumaPress/S. Calabrese

Einen Lauf hat derzeit auch Jürgen Klopps FC Liverpool. Auch die "Reds" gewannen ihre ersten fünf Saisonspiele in der Premier League allesamt. Nur aufgrund der schlechteren Torausbeute liegt Liverpool auf Platz zwei hinter dem punktgleichen FC Chelsea. In seiner vierten Spielzeit als Trainer des englischen Traditionsvereins will Klopp endlich seinen ersten Titel holen. In der vergangenen Saison scheiterte Liverpool im Champions-League-Finale an Real Madrid, 2016 im Endspiel der Europa League am FC Sevilla und in derselben Saison im englischen Ligapokal an Manchester City.

"Keine Sekunde, die leicht ist"

Vor dem Champions-League-Auftakt gegen PSG stapelte Klopp tief: "Die sind wirklich gut, ein sehr interessantes Fußballprojekt", sagte der deutsche Erfolgstrainer über den Gegner und verwies darauf, dass Paris am vergangenen Freitag beim 4:0-Sieg gegen AS St. Etienne sogar ohne zwei Superstars gespielt hatte: Weltmeister Kylian Mbappe war gesperrt, Neymar wurde von Tuchel geschont.

"Die Leute sagen: 'Ihr solltet in diesem Jahr die Champions League gewinnen, weil ihr im letzten Jahr das Finale erreicht habt'", beschrieb Klopp die hohen Erwartungen an ihn und seinen FC Liverpool. "Aber Leute, hört auf! Wir spielen in den zwei härtesten Wettbewerben der Welt, der Premier League und der Champions League. Da gibt es nicht eine Sekunde, die leicht ist."

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter