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Mein Deutschland: Füreinander geschaffen

Zhang Danhong17. September 2015

Eine deutsch-chinesische Ehe kann fruchtbar sein, weiß unsere Kolumnistin Zhang Danhong aus eigener Erfahrung. Warum solche Bindungen in Deutschland immer häufiger werden, darüber hat die Malerin Jiny Lan nachgedacht.

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China Gemälde von Jiny Lan EINSCHRÄNKUNG
Bild: Jiny Lan

Wenn die in Deutschland lebende Jiny Lan nicht gerade malt, grübelt sie über deutsche und chinesische Männer und darüber, welche Chinesinnen dafür geeignet sind, deutsche Männer zu heiraten. Hier einige Gedanken von ihr:

Diejenigen, die ein etwas eigenwilliges Aussehen haben. Chinesische Männer beurteilen das Aussehen einer Frau nach gängigen chinesischen Kriterien. In China gilt eine Frau nur dann als schön, wenn sie große Augen, eine hohe Nase und einen Kirschmund hat. Der deutsche Mann legt seine individuellen Maßstäbe an und kann auch Gefallen an Schlitzaugen oder Stupsnase finden.

Die "übrig gebliebenen Frauen" sollten ebenfalls einen Deutschen ehelichen. Das sind Chinesinnen, die die Schwelle von 30 Jahren überschritten haben und immer noch nicht unter die Haube gekommen sind. Dieses eiserne Gesetz gilt auch für Frauen, die sonst allen Schönheitsidealen in China entsprechen. Grund ist, dass für Männer aller Altersstufen nur eine Chinesin unter 30 in Frage kommt.

Am besten eine Stufe unter dem Mann

Alleinerziehende Mütter haben keine Chance bei ihren Landsleuten. Deutsche hingegen sehen darin keinen Nachteil.

Frauen mit Doktortitel sind ebenfalls hoffnungslose Fälle. Unter chinesischen Männern kursiert ein böser Spruch: "Es gibt auf der Erde Männer, Frauen und Frau Doktor." Mit dem Erlangen des Doktortitels wird einer Frau quasi jede Weiblichkeit aberkannt. Für deutsche Männer - mit oder ohne Titel - spielt das Präfix vor dem Namen in der Regel keine Rolle.

Zhang Danhong Kommentarbild App
DW-Redakteurin Zhang Danhong

Extrovertierte Chinesinnen werden in ihrem Heimatland als zu dominant oder unerzogen empfunden. Deutsche Männer nehmen sie eher als lebhaft oder selbstbewusst wahr - also positiv.

Mit anderen Worten: Ein Heer von gebildeten, erfahrenen, charakterstarken und durchaus attraktiven Chinesinnen ist bereit, sich einem passenden deutschen Mann anzuvertrauen. Kein Wunder, dass chinesisch-deutsche Ehen wie Pilze aus dem Boden schießen.

Feudalistische Überreste

Mit ihrem fast zehn Jahre jüngeren deutschen Mann hat Jiny Lan inzwischen drei Kinder - auch das ist gar nicht typisch chinesisch. Die Künsterlin provoziert gerne mit ihren Bildern und Texten. Sie wolle durch Übertreibung und Verallgemeinerung ihre Landsleute ärgern und dadurch eine Diskussion über die Stellung der Frau in China anstoßen. Denn auch 66 Jahre nach der Gründung der Volksrepublik sind feudalistische Denk- und Verhaltensmuster längst nicht ausgerottet. Abfällige Bemerkungen über das weibliche Geschlecht sind im Alltag oder auch im Fernsehen zu hören, ohne dass sich jemand darüber aufregt.

chinesische Künstlerin Jiny Lan mit ihrem Mann
Jiny Lan mit ihrem Mann MoritzBild: Privat

Bevor die Kommunisten an die Macht kamen, war es in wohlhabenden Kreisen üblich, sich eine oder mehrere Nebenfrauen zuzulegen. Die Hauptfrau war für die standesgemäße Vertretung des Hauses nach außen zuständig, die Nebenfrau für die Erotik. Der in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts bekannte deutsche Sinologe Eduard Erkes sah darin ein stabilisierendes Korrelat für die Ehe, das dem monogamen System in Europa fehle.

Heute müssen sich auch die chinesischen Männer mit einer einzigen Frau begnügen. Es ist daher nachvollziehbar, dass diese eine alle Tugenden der früheren Haupt- und Nebenfrau in sich vereinen soll: Standes- und bildungsmäßig soll sie zu ihm passen, aber auf gar keinen Fall gebildeter und begabter sein als ihr Mann. Sonst wäre er ja der Vorstellung beraubt, er sei der Größte. Sie muss zudem den öffentlichen Schönheitskriterien standhalten und darüber hinaus seine erotischen Träume erfüllen.

Sind deutsche Männer so toll?

Dieses Gehabe hasst die Künstlerin Jiny Lan wie die Pest. Sie hält den deutschen Mann schlicht für den besseren Ehemann. Für ihn wiegen die inneren Werte einer Frau schwerer als das Aussehen. Und wenn er sich für eine Frau entschieden hat, dann ist sie für ihn ohnehin die schönste und beste auf der Welt. Für den chinesischen Mann zählt nur das eigene Kind. Er trauert der Polygamie heimlich nach und sieht in jeder jungen hübschen Frau eine potenzielle Nebenfrau.

Natürlich ist jedes Pauschalurteil mit Vorsicht zu genießen. Hier wie dort gibt es oberflächliche Männer wie Sand am Meer. Aber in der Tendenz gebe ich Jiny Lan recht. Vor allem wenn sie sagt, dass ein in Deutschland sozialisierter chinesischer Mann tausendmal zuverlässiger sei als ein Deutscher, der lange in China lebt und die Geschlechterrollen dort verinnerlicht hat.

Nach einem Studium an der China Academy of fine Arts kam Jiny Lan 1995 nach Deutschland. Heute lebt sie in Bochum und hat ihr Atelier in Düsseldorf. Ihre Werke sind Ende September auf der Art Fair in Köln zu sehen.

Zhang Danhong ist in Peking geboren und lebt seit über 20 Jahren in Deutschland.