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PolitikAfrika

Kongo-Mission offenbart die Schwächen der UN

George Okachi vor Hintergrund mit der Schrift The 77 percent
George Okachi
19. August 2022

Die Wut in der Demokratischen Republik Kongo über die UN-Friedenstruppen ist ein Weckruf. Die UN müssen ihr Konzept für Missionen in den Krisengebieten Afrikas dringend reformieren, meint DW-Redakteur George Okach.

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Demonstranten und brennende Barrikaden vor einem großen blauen Metalltor mit der Aufschrift "MONUSCO" sowie dem Logo der Vereinten Nationen
Gewalttätige Proteste vor dem MONUSCO-Hauptquartier in Goma im Osten der DR KongoBild: Moses Sawasawa/AP/picture alliance

Nach wochenlangen Protesten mit Dutzenden Toten gegen die UN-Friedensmission im Kongo, MONUSCO, wurde Mathias Gillmann, der Sprecher der Mission, zur unerwünschten Person auf kongolesischem Gebiet erklärt. Doch selbst das reichte nicht aus, um die wütenden Kongolesen zu beruhigen. Sie fordern, dass die gesamte MONUSCO-Mission ihr Land sofort verlässt.

Die Demonstranten werfen den Blauhelmen vor, sie nicht vor der Gewalt der bewaffneten Rebellen zu schützen, die den Osten des Kongos seit fast zwei Jahrzehnten verwüsten. Es ist nicht das erste Mal, dass die Menschen im Kongo ihre Ablehnung gegenüber den Vereinten Nationen deutlich machen.

Zeit für einen Neustart des Systems

Die MONUSCO ist seit mehr als einem Jahrzehnt in verschiedenen Teilen des Kongos tätig. Doch vor allem die Friedenssicherung im unruhigen Osten des Landes hat sich als schwierige Aufgabe erwiesen. Ein Freund von mir scherzte einmal, dass die MONUSCO entweder zu langsam lerne oder dass der Kongo-Konflikt einfach ein zu komplexes Puzzle sei, als dass die UN-Truppe es enträtseln könne.

George Okach vor dem Logo der DW-Sendung The 77 Percent
DW-Redakteur George OkachBild: DW

Gemäß ihrem UN-Mandat wird die MONUSCO den Kongo im Jahr 2024 verlassen. Aber Kinshasa hat angedeutet, dass es den Abzugsplan noch einmal überprüfen will - das könnte das Ende durchaus beschleunigen. Die anhaltenden Vorwürfe der Kongolesen gegenüber der MONUSCO sind im Prinzip unglaublich, bieten aber auch Gelegenheit zum Nachdenken: Warum scheitert eine solche Mission - mit 14.000 Soldaten eine der größten UN-Missionen weltweit - so kläglich?

Die Fehler sind systemisch und reichen von schlechter militärischer Ausstattung bis hin zu mangelnder lokaler Akzeptanz. Die Leiterin der MONUSCO, Bintou Keita, gibt zu Protokoll, dass sich "die M23 zunehmend wie eine konventionelle Armee und nicht wie eine bewaffnete Gruppe verhält". Die Bewegung des 23. März, auch bekannt als Kongolesische Revolutionsarmee, verfüge über eine immer stärkere Feuerkraft und Ausrüstung und stelle deswegen eine gewaltige Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar.

Ist die M23 besser ausgerüstet als die MONUSCO?

Dieses Eingeständnis spricht Bände. Im Klartext: Die MONUSCO erklärt, dass sie der M23 waffentechnisch unterlegen ist und deshalb die Gewalt der Rebellen nicht eindämmen kann. Dabei ist die MONUSCO-Mission nicht nur eine der größten, sondern mit einem Jahresbudget von einer Milliarde US-Dollar (972 Millionen Euro) auch eine der teuersten weltweit. Dies spiegelt sich jedoch nicht in den militärischen Ressourcen der Mission wider.

Außerdem fehlt es der Mission leider an einem überzeugenden Konzept, wie sie der Lage und den Bedürfnissen der Menschen vor Ort entsprechen kann. Lokale Entscheidungsträger tragen keinerlei Verantwortung in der Mission. Bis heute betrachten die meisten Kongolesen daher die MONUSCO als eine ausländische Organisation, der die Interessen der Einheimischen nicht am Herzen liegen. Der UN-Sicherheitsrat muss nach Wegen suchen, wie solche Missionen die Akzeptanz der Einheimischen gewinnen können. Ihr Leid zu verstehen und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen zu suchen, ist eine Lektion, die die MONUSCO bisher nicht gelernt hat.

Massive Vorwürfe gegen MONUSCO

Hinzu kommt: In der Vergangenheit wurden der MONUSCO eine ganze Reihe von Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen - vor allem sexuelle Ausbeutung. Teile der Mission haben sich darüber hinaus im Kongo mit internationalen Bergbaukonzernen verbündet. Einige Kongolesen argumentieren sogar, dass die MONUSCO nur noch zur Sicherung ausländischer Interessen im Lande sei. 

Karte DR Kongo und Ruanda mit der Region Nord-Kivu, wo Menschen gegen die MONUSCO demonstrierten
In der Provinz Nord-Kivu entbrannten im Juli tödliche Proteste gegen die MONUSCO

Die Fülle dieser Anschuldigungen rechtfertigt das Klima des Misstrauens im Kongo gegenüber der UN-Mission. Truppen, die zur Erhaltung des Friedens eingesetzt werden, müssen eine über jeden Zweifel erhabene Integrität aufweisen, die durch eine sorgfältige und gewissenhafte Auswahl gewährleistet werden muss.

Friedenstruppen aus gescheiterten Demokratien

Bei ihrem Auswahlverfahren sollten die Vereinten Nationen auch berücksichtigen, wie die Menschen in den Krisengebieten einige der Länder wahrnehmen, die Truppen zur Verfügung stellen: "Bringen Sie Ihr eigenes Land in Ordnung, bevor Sie sich in unsere Angelegenheiten einmischen", ist ein Mantra, das viele Kongolesen den MONUSCO-Truppen entgegenschleudern.

So ist der Wunsch nach einem vollständigen und raschen Abzug der Truppen unter den Einheimischen überwältigend. Doch die kurzfristigen Folgen könnten katastrophal sein, warnen Analysten.

Zwar hat die MONUSCO einige Angriffe der M23-Rebellen auf Zivilisten abwehren können, doch die insgesamt lethargische Reaktion auf die seit Monaten stark zunehmende Gewalt hat dem Ansehen der UN-Truppe weiter geschadet. Angesichts der neuen Offensive der M23-Rebellengruppe sollte der UN-Sicherheitsrat dringend überdenken, wie die MONUSCO in der verbleibenden Zeit im Kongo ihr Gesicht wahren kann.