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Corona macht Schule

Marco Müller | Kommentarbild
Marco Müller
11. Februar 2022

Die Corona-Fallzahlen an Schulen und Kindergärten in Deutschland sind hoch - sehr hoch. Aber in der Politik scheint das niemanden zu kümmern. Das ist mindestens Fahrlässigkeit, meint Marco Müller.

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Kinder einer Grundschule zum Teil mit Mundschutz stehen in einem Klassenzimmer eng zusammen - vorne eine Lehrerin, die die Hand hebt
Mindestabstand und Maskenpflicht funktionieren ganz einfach in Schulen nichtBild: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

In Deutschland sind wir noch weit von einer Sieben-Tage-Inzidenz von 3700 entfernt - unsere Kinder aber nicht. Denn bei den Fünf- bis 14-Jährigen liegt sie aktuell genau dort - und damit weit mehr als doppelt so hoch wie im gesamtdeutschen Durchschnitt. Aber die Erwachsenen haben bei den hohen Infektionszahlen der Kinder kräftig mitgeholfen. Denn dass die Lage in den Schulen und Kindergärten so ist, steht in engem Zusammenhang mit ihrem Tun bzw. vor allem ihrem Nichtstun.

Überrascht kann jedenfalls auf dem Höhepunkt der fünften Welle niemand sein. Wenn die einzigen Maßnahmen zum Schutz der Kinder eine nicht sehr strenge Maskenpflicht und die Aufforderung zum gelegentlichen Lüften der Klassenräume sind, dann ist klar, dass das nicht reichen kann. Offiziell soll zum Schutz vor Corona alle 15 bis 20 Minuten für fünf Minuten gelüftet werden: Lassen Sie Ihre Kinder mal nachzählen, wie oft das in der Schule tatsächlich eingehalten wird. Luftfilter, oder wenigstens eine CO2-Ampel, die bei zu viel verbrauchter Luft Alarm gibt, sucht man in den allermeisten Schulen jedoch vergebens.

Inkonsequente Maskenpflicht

Und die Maskenpflicht? Sie kam viel zu spät und wird nicht konsequent eingehalten. Ein Beispiel aus der Praxis: In einer Grundschulklasse sitzen ohne Abstand 25 Kinder mit Masken - allerdings nur so lange bis die Frühstückspause beginnt. Dann ziehen alle im Klassenraum die Masken aus, essen und trinken. Danach setzen sie sie wieder auf und der Unterricht geht weiter. Leider kein Scherz!

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DW-Redakteur Marco MüllerBild: Marco Müller/DW

Beim schweißtreibenden Sportunterricht müssen die Masken übrigens aufbleiben. Beim Schwimmunterricht hingegen trägt bereits in der Gemeinschaftsumkleide vor dem Schwimmen niemand mehr eine, beim Schwimmen sowieso nicht und auch nachher in der Umkleide nicht. Erst wenn alle fertig umgezogen sind, wird sie wieder anlegt. Muss Schwimmunterricht zwingend auf dem Höhepunkt der Pandemie sein?

Im Kindergarten gibt es - verständlicherweise - keine Maskenpflicht. Dass in vielen Kindergärten aber überhaupt nicht auf Corona getestet wird, ist jedoch unverständlich. Viele Eltern erfahren erst, dass das Virus in der Einrichtung ihrer Kinder umgeht, wenn nur noch eine Notbetreuung angeboten werden kann, weil plötzlich die Hälfte der Erzieher infektionsbedingt ausfällt.

#WirWerdenLaut - Protest der Kinder

Weil den Schülern niemand hilft, versuchen die sich nun selbst zu helfen: Mitte vergangener Woche wurde die Petition "#WirWerdenLaut - Schulen in der fünften Welle" gestartet. Darin fordern die Jugendlichen unter anderem einen Diskurs mit Schülern, statt allein über sie. Sie verlangen Luftreiniger, kleinere Lerngruppen, bessere Tests, eine schnelle Information über Infektionen in den Lerngruppen und eine Bildungs- statt Präsenzpflicht. Die Familien sollen selbst entscheiden, ob sie die Schule für einen sicheren Ort halten oder ob die Kinder eher zu Hause beschult werden sollen. Alles nachvollziehbare Forderungen. Kein Wunder, dass nach einer guten Woche schon mehr als 130.000 Menschen die Petition unterschrieben haben.

Die Worte "Gute Besserung Liebe Glück" mit Fingerfarben an die Scheibe einer Kindertagsstätte gemalt
Wenn zu viele Erzieher oder Kinder erkranken, müssen ganze Kindergärten schließenBild: Uwe Zucchi/dpa/picture alliance

Aber es gibt einem schon zu denken, dass in der Pandemie die sinnvollsten Vorschläge nicht von Politik, Erziehern, Eltern oder Lehrern kommen, sondern von Kindern und Jugendlichen. Zwar wird immer wieder betont, wie groß die psychischen Folgen seien, wenn kein Präsenzunterricht stattfinden könne, aber entsprechende Vorbereitungen wurden in den Sommermonaten kaum irgendwo getroffen. Warum nicht?

Und so bleibt der Verdacht, dass die Schulen vor allem deswegen um jeden Preis offenbleiben müssen, damit die Eltern arbeiten, Geld verdienen und Steuern zahlen können, also das Gemeinwesen am Laufen halten. Der Preis hierfür ist die Durchseuchung quasi durch die Hintertür, weil die Kinder und Jugendlichen in den allermeisten Fällen nur leicht erkranken. Ist das verantwortbar? Die Initiatoren von #WirWerdenLaut haben jetzt ihre Antwort gegeben.