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Politik

Demokratische Revolution in Kolumbien

Jose Ospina-Valencia
José Ospina-Valencia
20. Juni 2022

Die Wahl des Ex-Guerillero Gustavo Petro zum Präsidenten bedeutet einen historischen Umbruch für Kolumbien. Es ist ein Sieg für junge Menschen, Frauen und Minderheiten, meint José Ospina-Valencia.

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Kolumbien, Präsidentschaftswahlen: Wahlsieger Gustavo Petro Francia Márquez
Kolumbiens Wahlsieger: Präsident Gustavo Petro und Vizepräsidentin Francia MárquezBild: Fernando Vergara/AP Photo/picture alliance

"Es ist ein nationales Ziel, die Kolumbianer zu einen", sagte der frisch gewählte kolumbianische Präsident Gustavo Petro am Wahlabend nach seinem Sieg. Er verkündete das vor dem Hintergrund von 200 Jahren Diskriminierung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe, der Indigenen und der Ärmsten, 70 Jahren eines bewaffneten Konflikts und 20 Jahren unter der ideologischen Dominanz von Ex-Präsident Álvaro Uribe (2002 bis 2010). Diese Geschichte hat 50 Millionen Kolumbianer in Angst, Hass, Trauer und Unsicherheit gestürzt. Und die Pandemie hat die Zahl der hungernden Kolumbianer auf 20 Millionen ansteigen lassen. Es überrascht also nicht, dass das neue Staatsoberhaupt ein "großes nationales Bündnis" vorgeschlagen hat, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden.

Doch Gustavo Petro, der erste linke Präsident in der Geschichte Kolumbiens, wird noch Millionen von Menschen von seinem Kurs überzeugen müssen, die Opfer von Hass und Stigmatisierung geworden sind. Ihre Abneigung gegen ihn und sein Projekt des sozialen und wirtschaftlichen Wandels ist groß, denn sie haben nicht verstanden, dass aus Kolumbien kein zweites Venezuela mit autokratischer Herrschaft wird oder werden kann. Erstens ist dies nicht die Absicht des neuen Präsidenten und zweitens würden dies weder der Kongress noch die Streitkräfte zulassen.

Ein Votum für die Verfassung von 1991

Diejenigen, die für Petro votiert haben, haben auch für die vollständige Einhaltung der Verfassung von 1991 gestimmt. Genau dies erwarten auch diejenigen, die ihre Stimme seinem Herausforderer Rodolfo Hernández gegeben haben, der nun seinen Sitz im Kongress einnimmt.

José Ospina-Valencia, DW-Redakteur
DW-Redakteur José Ospina-ValenciaBild: DW

Der 77-jährige Hernández, der wegen seiner skurrilen Auftritte in den sozialen Medien auch "TikTok-Opa" genannt wurde, trieb vielen Kolumbianern wegen seiner realen Siegeschancen den Angstschweiß auf die Stirn. Viele befürchteten einen massiven Rechtsruck. Seine Geringschätzung demokratischer Institutionen ließen Gustavo Petro wie einen Garanten der Rechtsstaatlichkeit erscheinen. Umso lobenswerter war es, dass der unterlegene Hernández auf Twitter seine Niederlage eingestanden und angeboten hat, "den versprochenen Wandel, für den Kolumbien gestimmt hat, zu unterstützen".

In Zeiten, in denen einige kolumbianische Politiker im Kongress, in den Ministerien und in den Gemeinden das Gesetz brechen und die mit der Untersuchung der Verfehlungen beauftragten Organe angreifen und in ihrer Arbeit behindern, erscheinen die demokratischen Spielregeln so stark wie noch nie. Es ist kaum zu glauben, aber auch beruhigend.

Die Vizepräsidentin: Afrokolumbianierin und soziale Aktivistin

All dies hat eine zivilisierte Wahl ermöglicht, auch wenn der Wahlkampf einer der schmutzigsten in der Geschichte des südamerikanischen Landes war. Auch das Wahlbündnis hinter Gustavo Petro hat seine Gegner diskreditiert und verunglimpft. Nun gilt es, die Wunden in der Gesellschaft zu schließen und zu heilen.

In Kolumbien vollzieht sich nun eine demokratische Revolution, an die Gustavo Petro schon vor 30 Jahren glaubte, als er aus der linksgerichteten Guerilla M-19 ausstieg. Sein Versprechen, Millionen von jungen Menschen aus der Perspektivlosigkeit zu holen, wird nun zu einer großen Herausforderung.

Teil des historischen Umbruchs ist auch die Tatsache, dass mit Francia Márquez eine Afrokolumbianierin und soziale Aktivistin die Vizepräsidentschaft übernimmt. Angesichts der vielen Morde an sozialen und umweltpolitischen Aktivisten in Kolumbien ist dies ein klares Zeichen des neuen Präsidenten. Bei den Massenprotesten 2021 für bessere Lebensbedingungen und gegen die soziale Not haben beispielsweise Menschen ihr Augenlicht verloren, andere wurden vergewaltigt oder getötet. Diese gewalttätige Seite Kolumbiens muss überwunden werden.

Immerhin: Gustavo Petro hat den Wahlkampf und seine Wahl lebend überstanden. Ein weiterer Sieg für Kolumbien.

Kolumbien: Der große Traum vom Frieden