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Politik

Die Wirklichkeit schlägt zurück

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Ines Pohl
2. Oktober 2020

Er trägt demonstrativ fast nie eine Maske und hat die Gefahr von COVID-19 kleingeredet. Nun ist US-Präsident Trump selbst infiziert und damit wird sein Umgang mit der Pandemie auch die Wahl bestimmen, meint Ines Pohl.

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USA | Pennsylvania | Trump Wahlkampfauftritt in Old Forge
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Minchillo

Nun hat es ihn also selbst erwischt. Monatelang hat Donald Trump die Gefahren von COVID-19 heruntergespielt, hat sich lustig gemacht über die Menschen, die sich mit Masken zu schützen versuchen, hat die potenziell tödliche Erkrankung zu einer Erfindung der Demokraten erklärt und behauptet, dass alles nicht so schlimm sei.

Auch wenn so kurz nach Bekanntwerden der positiven Diagnose noch nicht abzusehen ist, ob und wie schwer der 74-Jährige erkranken wird, sind die Auswirkungen auf die politische Kampagne so kurz vor der Wahl klar: Sie sind desaströs.

Ohne Rücksicht auf Verluste

Alle Versuche, vom eigenen Versagen abzulenken, die Tatsache herunterzuspielen, dass es keinen einheitlichen nationalen Plan gibt, um die Menschen zu schützen, dass Gouverneure allein gelassen wurden und mittlerweile über 200.000 Amerikanerinnen und Amerikaner an dem Virus gestorben sind, sind ab sofort hinfällig.

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Ines Pohl leitet das DW-Studio in WashingtonBild: DW/P. Böll

Die Wirklichkeit hat das Lügengebilde des Präsidenten zerschlagen. Es wird ihm und seinem Stab nicht mehr gelingen, Nebelkerzen zu zünden, die gewaltsamen Ausschreitungen in manchen Städten als gefährlicher darzustellen als die Tatsache, dass 1000 Amerikaner täglich an dem Virus sterben.

Mit aller Macht und ohne Rücksicht auf Verluste hat Donald Trump versucht, die Wirtschaft noch vor dem Wahltag wieder einigermaßen auf Trab zu bringen. Auch dieser Plan ist mit dieser Diagnose hinfällig. Selbst die größten Corona-Leugner werden nun nicht mehr umhinkommen zuzugeben, dass das Virus hochgradig ansteckend ist - wenn es sogar den starken Mann im Weißen Haus erwischen kann. Von einer Normalisierung, auf die Trump so dringend gehofft hat, ist das Land an diesem 2. Oktober weiter entfernt denn je.

Häme und Verschwörungstheorien

Sofort nach Bekanntwerden seiner Infektion ergoss sich eine Flutwelle an Häme über den Präsidenten. Bis hin zu Verschwörungstheorien, dass er das alles nur erfunden habe, um von seinen miesen Umfrageergebnissen abzulenken.

Mit all dem kann er umgehen, das ist der Präsident der "alternativen Fakten" gewohnt. Nicht aber mit dem Verlust seines Selbstbildes als kraftstrotzender Bulle. Denn dann bleibt nicht viel.

Biden plötzlich nicht mehr alt, sondern vorsichtig

Nach der ersten TV-Debatte war das Hauptargument der Anhänger Trumps für ihn, dass er deutlich fitter und damit besser geeignet sei für dieses kräftezehrende Amt des US-Präsidenten als sein Herausforderer. Wenn Joe Biden sich nicht ebenfalls während der Debatte angesteckt hat, dürfte dieses Argument - zumindest in den kommenden Wochen - nicht mehr zählen. Nun dürfte nicht mehr seine Altersschwäche im Vordergrund stehen, sondern seine Altersweisheit, die sich in angemessener Vorsicht ausdrückt.

Ein kraftloser Präsident Trump hat nicht mehr viel zu bieten. Und ganz bestimmt nicht das richtige Rezept, mit der gefährlichen Infektionskrankheit umzugehen. Der Anstand gebietet es, Donald Trump und seiner Frau Melania für die kommenden Tage alles Gute zu wünschen.

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Ines Pohl Büroleiterin DW Studio Washington@inespohl