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PolitikEuropa

Touristen-Visa für Russen in Kriegszeiten stoppen

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
14. August 2022

Die Staaten der EU machen auch in dieser Frage das, was sie am besten können: uneinheitlich agieren. Eine klare Linie muss her, auch wenn die einige Ausnahmen haben darf, meint Miodrag Soric.

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Junge blonde Frau betrachtet Handtaschen in einer Lederwaren-Boutique
Gäste aus Russland waren bisher gern gesehene Gäste in den Einkaufsmeilen und Boutiquen WesteuropasBild: Matej Kastelic/Panther Media/picture alliance

Die Diskussion nimmt gerade erst Fahrt auf: Kann es sein, dass russische Bürger als Touristen in Spanien oder Frankreich Urlaub machen dürfen, während Moskaus Armee in der Ukraine Tausende Frauen und Kinder mordet? Auf keinen Fall, meinen immer mehr Menschen in der EU.

Tatsächlich sollten die Schengen-Staaten allen Russen bis auf weiteres Touristenvisa verweigern. Zumindest so lange Moskau Teile der Ukraine besetzt hält. Denn bislang unterstützen Millionen Russen diesen Krieg oder tun so, als ob sie mit dem Waffengang nichts zu tun hätten. Ihnen gilt es klarzumachen, dass sie in Europa bis auf weiteres unerwünscht sind. Für viele Moskowiter mag es normal sein, in Cafés und Restaurants das Leben zu genießen, während ihre Landsleute die Hände in Blut baden. In der zivilisierten Welt ist das nicht normal.

Ungerechtigkeiten in Kauf nehmen

Sicher: Pauschal allen Russen Touristen-Visa für den Schengen-Raum zu verweigern ist zumindest in Teilen ungerecht. Denn es trifft auch Unschuldige: Menschen, die Russlands Krieg nicht unterstützen, aber nicht den Mut haben, dagegen zu protestieren. Doch solche "Kollateralschäden" lassen sich nur schwer verhindern.

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DW-Chefkorrespondent Miodrag Soric

Auch nicht den Umstand, dass manche Russen dann erst recht die Nähe zum Kreml suchen werden. Sollen sie. Den Bade-Urlaub an der Cote d'Azur oder das Shopping-Wochenende auf den Champs Élysées darf es auf keinen Fall mehr geben. Übrigbleiben wird ein Gefühl des Unwohlseins, des "Auf-der-Anklagebank-sitzens". Genau das ist gewollt. Denn Russen können in Zeiten des Krieges nicht mehr wie ein normales Volk behandelt werden, so wie auch die Deutschen zwischen 1939 und 1945 sowie den ersten Jahren danach. 

Für ein Ende der Touristen-Visa für Russen sprechen zudem Sicherheitsaspekte. So reiste der Russe Vadim Krasikov mit einem solchen Visum nach Berlin, um dort kaltblütig einen Asylsuchenden aus Georgien zu erschießen - mutmaßlich im Auftrag des FSB. Das macht Russland, wie deutsche Außenpolitiker festhielten, zu einem "Terrorstaat". Und vor dem gilt es Europa zu schützen.

Einheitliche Regeln aller Schengen-Staaten

Dennoch sollen ausgewählte Menschen aus Russland weiterhin die Möglichkeit bekommen, europäischen Boden zu betreten. Denn Deutschland und Europa haben ein demographisches Problem. Unzählige Unternehmen suchen seit Jahren Fachkräfte. In den vergangenen Jahren sind Millionen Russen, vor allem junge und gebildete Menschen, übergesiedelt. Das gilt es weiter zu fördern. Auch russische Studenten oder Wissenschaftler, die ihre Ausbildung oder Arbeit im Westen fortsetzen wollen, sollen weiter kommen dürfen; so wie auch russische Oppositionelle. In begrenztem Rahmen müssen sogar weiterhin Verwandtenbesuche möglich sein.

Wichtig ist nur, dass sich die Regierungen aller Schengen-Staaten auf einheitliche Regeln einigen; auch darauf, diese Sanktionen wieder aufzuheben, wenn ein dauerhafter Frieden in der Ukraine herrscht. Seit Monaten unterstützt eine Mehrheit der Deutschen die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine. Eine Minderheit ist dagegen - zumeist mit dem Verweis auf Deutschlands Geschichte. Gerade sie würden es begrüßen, Russen keine Touristen-Visa mehr zu erteilen. Denn diese Form von Sanktionen zeigt schnell Wirkung, fordert aber keine Menschenleben. 

Ein Stopp für Touristenvisa könnten selbst Russlands gleichgeschaltete Medien nicht ignorieren. Zunächst würden sie es gewiss hämisch kommentieren. Vielleicht die Frage stellen, ob nicht auch andere westliche Staaten diesem Beispiel folgen sollten. Irgendwann würden sie dann beginnen, den Russen Vorzüge zu nennen, daheim zu bleiben. So wie damals, in der UdSSR. Und dass Moskaus Cafés und Restaurants auf diese Weise einen zusätzlichen Glanz bekämen.