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PolitikAsien

Klare Kante gegenüber den Taliban

30. März 2022

Die Machthaber in Kabul sind und bleiben radikal. Doch der Westen darf nicht einfach zusehen, wie die Taliban in Afghanistan die Uhr zurückdrehen. Das verbietet sich schon aus Eigeninteresse, meint Waslat Hasrat-Nazimi.

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Mädchen mit Kopftuch und Mundschutz in einem Klassenzimmer, alle heben die Hand
Heranwachsende Mädchen in einem Klassenzimmer - leider ein Bild aus der Vergangenheit AfghanistansBild: Sayed Khodaiberdi Sadat/AA/picture alliance

Weinende Mädchen. Schluchzende Lehrerinnen. Nachrichtensprecher, die die Fassung verlieren und viele fließende Tränen. Als die Taliban am 23. März trotz anderslautender Ankündigungen die Schulen für Mädchen ab der sechsten Klasse doch nicht öffneten, herrschten Schock, Wut und Trauer. Monatelang hatten sie sowohl die Menschen in Afghanistan als auch die internationale Gemeinschaft vertröstet. Man wolle die nötigen Bedingungen schaffen, damit die Sicherheit der Mädchen und jungen Frauen gewährleistet sei. Sowohl in bilateralen Gesprächen als auch in Statements gegenüber den Medien hatten Taliban immer wieder versichert, dass afghanischen Mädchen das Recht auf Bildung haben sollten. 

187 Tage lang hatten die Mädchen in Afghanistan gewartet. Noch einen Tag vor dem Schulbeginn veröffentlichten die Taliban ein Statement, dass die Schulen für alle geöffnet würden. Am nächsten Morgen dann die bittere Erkenntnis: Mädchen dürfen weiterhin nicht kommen. Aus organisatorischen Gründen - als hätten sieben Monate nicht ausgereicht, um diese zu klären. Warum diese 180-Grad-Wendung?

Kein Interesse an Anerkennung?

Viele dürfte es nicht überrascht haben, dass die Ziele der Taliban oder zumindest die der Hardliner innerhalb der Taliban immer noch dieselben wie in den 1990er-Jahren sind. Trotz des Aufschreis afghanischer Frauen und der scharfen Kritik der internationalen Gemeinschaft zeigen die Taliban keine Einsicht. Stattdessen erlassen sie weitere Beschränkungen. So dürfen Frauen ohne männlichen Verwandten jetzt weder innerhalb des Landes noch ins Ausland reisen, Frauen dürfen nur noch an bestimmten Tagen die Parks in den Städten besuchen. Männer ohne Bart und traditionelle afghanische Kleidung dürfen nicht mehr in afghanischen Behörden arbeiten.

Waslat Hasrat-Nazimi
Waslat Hasrat-Nazimi leitet die Afghanistan-Redaktion der DWBild: Fahim Farooq

Nationalen Medien wurde es verboten, ausländische Medien, darunter auch die DW, auszustrahlen, weil diese angeblich Inhalte senden, welche die islamischen und afghanischen Werte missachten. Es scheint, als sei den Taliban die Reaktion der internationalen Gemeinschaft egal. Dabei wurde ihnen immer wieder klar gemacht, dass die Missachtung von Frauenrechten ihre internationale Anerkennung verhindern werde. Sind die Taliban etwa nicht mehr daran interessiert?

Das Thema internationale Anerkennung scheint vom Tisch. Auf die Forderung, unverzüglich die Schulen für Mädchen zu öffnen, reagierten die Taliban nicht. Statt dessen kam es in den vergangenen Tagen zu Treffen mit hochrangigen Vertretern Russlands and Chinas in Kabul. Dabei versicherte man sich gegenseitiger Unterstützung und guter Beziehungen. Den beiden mächtigen Partnern der Taliban kommt es gelegen, wenn diese nun vollends mit dem Westen brechen. Sie erhoffen sich Zugänge zu den reichen Ressourcen des armen Landes. China will nun mit dem Abbau von Kupfer in der Mine Mes Aynak im Osten des Landes beginnen. Der Vertrag wurde bereits 2012 geschlossen, aufgrund der Sicherheitslage herrschte jedoch bislang Stillstand. Außerdem will China Güter aus Afghanistan exportieren, ein Millionengeschäft für die Taliban. Rücksicht auf Frauenrechte oder Pressefreiheit sind nicht Teil des Deals. Auch die Nachbarn Iran und Pakistan, denen seit Jahren vorgeworfen wird, die Taliban zu finanzieren, werden diese in Zukunft nicht allein lassen. Wer braucht da noch den Westen? Ist das für die Radikalislamisten womöglich schon ausreichend?

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Der Westen muss handeln

Das Zeitfenster für den Westen, um Einfluss auf die Taliban zu nehmen, ist fast, aber noch nicht ganz geschlossen. Vor allem EU und USA müssen rasch und wirksam gegen den Rückfall Afghanistans in Zustände wie vor über 20 Jahren vorgehen. Sanktionen gegen die Taliban und ihre Familien in Katar und Pakistan sowie Reiseeinschränkungen sind dabei das Mindeste. Leere Worte und Bekundungen des Bedauerns reichen nicht. Es mag sein, dass die westlichen Staaten Afghanistan aus dem Blick verloren haben. Die Geschichte hat aber gezeigt, dass es nicht möglich ist, Afghanistan zu ignorieren. Die Leichen, die der Westen im Hinterhof verscharrt hat, werden sonst morgen aus der Erde steigen und wieder an die Tür klopfen. Die Furcht, dass Afghanistan ein weiteres Mal Rückzugsort für Terroristen wird, ist nicht unbegründet. Terror kennt keine Grenzen und wird auch vor den Toren Europas nicht Halt machen. Nach 20 Jahren vergeblichem Einsatz in Afghanistan darf der Westen eine Wiederholung der Geschichte nicht zulassen.