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Klimakrise: Wir müssen uns anpassen

16. Juli 2021

2021 dürften viele begriffen haben, dass der Klimawandel längst eine Klimakrise ist. Dass nun viel über das Thema geredet wird, ist wichtig - doch eine zweite Ebene wird häufig noch vergessen, meint David Ehl.

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Deutschland Unwetter
Hochwasser in Westen der Bundesrepublik Bild: Marius Becker/picture alliance/dpa

Das Ausmaß der Flutkatastrophe wird erst langsam sichtbar: Dutzende Menschen sind tot, viele werden noch vermisst. Die Wassermassen haben ganze Orte verwüstet, Häuser, Autos und Bäume mit sich gerissen.

Solche Naturkatastrophen gab es schon immer, auch lange vor Beginn des mit fossilen Energieträgern befeuerten Industriezeitalters. Doch seitdem der Mensch den CO2-Anteil an der Atmosphäre allmählich verdoppelt und die Erde schon jetzt um ein Grad erwärmt hat, ist deren Zahl und Ausmaß größer geworden.

Die Gleichzeitigkeit in diesem Sommer auf der Nordhalbkugel verdichtet sich zum Bild einer Klimakrise: Während weite Teile Westdeutschlands unter Wasser stehen, hat sich Nordamerika teilweise in einen Backofen verwandelt, mit Hitzetoten, Rekordtemperaturen und mit Wildfeuern, die das Löschwasser schon gar nicht mehr erreicht, weil es vorher verdunstet.

Über Klimaschutz wird geredet, über Schutz vor dem Klima noch nicht

Immerhin wird im Juli 2021 allmählich ernsthaft über Mitigation geredet, also die Abmilderung der schlimmsten Folgen des Klimawandels. Die EU-Kommission hat gerade ihr "Fit for 55"-Paket vorgestellt, das konkrete Maßnahmen zur Verringerung klimaschädlicher Emissionen vorsieht, zum Beispiel ein EU-weites Ende für neue Verbrennungsmotoren ab 2035. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet sagte sogleich, er finde nicht, "dass Politik ein Datum setzen muss". Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg twitterte dagegen: "Wenn die EU ihr #Fitfor55-Paket nicht zerreißt, hat die Welt keine Chance, unter 1,5 Grad Erderwärmung zu bleiben."

Kommentarbild-  David Ehl
DW-Redakteur David EhlBild: Privat

Ich bin als 32-Jähriger schon rein altersmäßig näher bei Greta Thunberg als bei Armin Laschet. Mir macht der Gedanke Angst, dass die Fluten und Hitzewellen dieses Sommers nur ein Vorgeschmack auf die Zustände sind, wie ich sie erlebe, wenn ich irgendwann so alt bin wie Laschet heute - und erst recht gegenüber dem, was künftige Generationen erleben werden. Damit sie eine Chance zum Überleben haben, ist die schon erwähnte Klima-Mitigation entscheidend. Aber ähnlich wichtig ist die Adaptation, also die Anpassung an die Lebensbedingungen auf einer erhitzten Erde.

Wir müssen unseren Lebensraum an die Klimakrise anpassen

In diesem Sommer hat Deutschland bislang eine Hitzewoche erduldet - und prompt registrierte das Statistische Bundesamt in diesem Zeitraum elf Prozent mehr Todesfälle. Kaum vorzustellen, was hierzulande passieren würde, wenn die Temperaturen auf 46, 47 oder 49 Grad steigen, wie jüngst im kanadischen Ort Lytton. Der liegt etwas nördlich des 50. Breitengrads - genau auf der Höhe beschaulicher deutscher Kleinstädte wie Boppard oder Coburg.

Es ist also überfällig, dass wir auch auf dieser zweiten Ebene Vorkehrungen treffen. Gegen extreme Gluthitze gibt es kaum Anpassungsmaßnahmen, aber zumindest ein bisschen können städtebauliche Konzepte dagegen helfen: Frischluftschneisen, durch die ein Luftaustausch stattfinden kann. Grünflächen, die sich als Temperatursenken auswirken, statt Beton und Asphalt, der die Wärme zusätzlich speichert.

Deutschland BdT | Ein Mann baut eine Hochwasserschutzmauer in Koblenz
Wir brauchen bald mehr als Hochwasserschutzwände, wie hier in KoblenzBild: Thomas Frey/dpa/picture alliance

Es gibt schon Konzepte

Auch gegen Hochwasser und Starkregen gibt es bewährte Mittel, die über leistungsfähigere Kanalrohre und Rückstauklappen hinausgehen. Tatsächlich gibt es entlang vieler deutscher Flüsse längst Deiche, Wehre und Rückhaltebecken. Mancherorts gibt es auch Flussauen als Pufferflächen, die problemlos überschwemmt werden können. Solche Überflutungs-Pufferflächen muss man zukünftig wohl auch in Städten anlegen: Mitten in Rotterdam zum Beispiel gibt es einen Platz, auf dem ganz absichtlich drei große Becken angelegt sind. Bei schönem Wetter kann man dort auf Treppenstufen sitzen oder durch Röhren skaten, bei Regen laufen die Bassins nacheinander voll. Eine Klima-Adaptation in höchster Not vollzieht bereits Miami Beach in den USA: Die gesamte Stadt wird schrittweise höher gelegt und mit einem leistungsfähigen unterirdischen Rohr-, Bassin- und Pumpsystem ausgestattet, um auch bei heftiger werdenden Hurrikans und steigendem Meeresspiegel nicht völlig unterzugehen.

Es gibt viele solcher Konzepte - und auch wenn sie sicher nicht all die Schäden abwenden können, die die Extremwetterereignisse von heute und morgen abwenden, können sie ein Stück weit das Ausmaß lindern. Im Kampf gegen die Klimakrise bleibt zwar das wichtigste, den weiteren CO2-Ausstoß rasch zu beenden. Aber wir brauchen auch ein stärkeres Bewusstsein dafür, wie wir uns besser vor den verheerenden Auswirkungen der Klimakrise schützen können.