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Liebe CDU, die Linke ist keine rote AfD!

28. November 2020

Die Konservativen lehnen Kooperationen mit der Linken und den zunehmend extremen Rechtspopulisten ab. Zeit, diese infame Gleichsetzung zu beenden, meint Marcel Fürstenau.

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Wahlplakate zur Bundestagswahl Die Linke AfD
Feindbilder der CDU: Linke und AfD (Archivbild)Bild: imago/epd/J. Blume

Die Bilder sind noch in frischer Erinnerung, durchaus auch außerhalb Deutschlands: Bundestagsabgeordnete und Minister werden am Tag der Abstimmung über das neue Infektionsschutzgesetz bedrängt und mit Smartphones gefilmt. Ein Fall von Nötigung und Einschüchterung, für den es nicht den Hauch eines Verständnisses geben darf. Schnell wurde klar, wer diese schamlose Aktion eingefädelt hatte: die Alternative für Deutschland (AfD). Denn die Störer waren auf Einladung einzelner Parlamentarier aus ihren Reihen in das Reichstagsgebäude gelangt.

Empörung und Entsetzen über diese offenkundig geplante Provokation eint die "Altparteien", wie die sich weiter radikalisierende AfD ihre Konkurrenten abschätzig nennt. So viel Einigkeit gibt es sonst nie zwischen Bündnis 90/Die Grünen, Christdemokraten (CDU), ihrer bayrischen Schwesterpartei CSU, Sozialdemokraten (SPD), Freien Demokraten (FDP) und den Linken. Wenn die sich ihrerseits rhetorisch von der AfD abgrenzen wollen, sprechen sie gerne von den "demokratischen" Parteien. Soll heißen: Die AfD ist undemokratisch, also gehört sie nicht zu uns.

Die Ablehnung der Linken ist Ideologie von gestern

So weit, so nachvollziehbar. Zwar ist die Rechtsaußen-Partei von Millionen Deutschen als stärkste Oppositionsfraktion ins Parlament gewählt worden, aber das Verhalten gerade auch hochrangiger AfD-Politiker lässt immer wieder berechtigte Zweifel an ihrer demokratischen Zuverlässigkeit aufkommen. Dass einige besonders radikale Strömungen schon länger im Blickfeld des Verfassungsschutzes sind, ist weit mehr als eine fragwürdige Laune einer Behörde, die sich selbst als "Frühwarnsystem" versteht.  

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
DW-Redakteur Marcel FürstenauBild: DW

Dass niemand mit dieser AfD koalieren oder sonst wie zusammenarbeiten will, ist verständlich. Die CDU hat sich dafür 2018 auf ihrem Parteitag sogar die Zustimmung der Basis geholt, in Form eines Unvereinbarkeitsbeschlusses. Allerdings hat der einen Schönheitsfehler, der unter dem Eindruck des jüngsten AfD-Skandals noch hässlicher geworden ist: Er betrifft nämlich noch eine andere Partei.

"Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab."

Die SED-Vergangenheit liegt ewig zurück

Hinter dieser Gleichsetzung steckt eine verstaubte, rückwärtsgewandte und ideologisch aufgeladene Geisteshaltung, die schon vor dem jüngsten AfD-Skandal nur noch lächerlich und peinlich war. Es stimmt ja: Die Linke ist Nachfolgerin der DDR-Staatspartei SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands). Doch was hat der Hinweis auf diese formaljuristische Tatsache mit der Realität der Linken im Jahr 2020 zu tun?

"Nichts" wäre eine bequeme, aber auch feige und falsche Antwort. Denn die SED-Vergangenheit wird immer Teil der Parteigeschichte bleiben. Drei Jahrzehnte nach der friedlichen Revolution in der DDR 1989/90 haben wir es aber mit einer anderen Wirklichkeit zu tun. Entscheidend ist, welche Lehren eine Partei aus ihren Fehlern zieht. Und da kann man der Linken rückblickend manche Zögerlichkeit vorwerfen, wenn es etwa um den Umgang mit Stasi-Verstrickungen einzelner Politiker ging.

Das Programm der Linken erinnert an die alte SPD

Heute aber haben wir es mit einer Linken zu tun, deren personelle Altlasten Vergangenheit sind. Fast zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten kommen aus dem Westen, manche waren früher bei der SPD oder den Grünen. Die sind nicht bei der Linken gelandet, weil sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen wollen. Ihre Motive sind ehrenwert und respektabel: Sie engagieren sich für eine andere Wirtschafts-, Sozial- und Friedenspolitik. Und sie tun es mit einem Programm, das vor der Ära des SPD-Bundeskanzlers Gerhard Schröder von dessen Partei hätte stammen können.

All das kann der CDU herzlich egal sein. Soll sie sich doch weiter daran laben und davon profitieren, wenn sich drei vermeintlich linke Parteien gegenseitig Wähler wegnehmen. Wobei nur noch die wirklich links ist, die auch so heißt. Angst muss niemand mehr vor dieser Partei haben. Das sollten auch die Konservativen beherzigen, die sich in unter dem 18 Jahre dauernden Parteivorsitz von Angela Merkel immer mehr in die politische Mitte bewegt haben.

Gleichsetzung mit der AfD ist eine Beleidigung

Auch deshalb darf man von einer sich modern gebenden CDU erwarten, in der Linken nicht länger das Gespenst des Kommunismus zu erblicken. Abgesehen davon ist und bleibt die per Beschluss erfolgte Gleichsetzung mit der AfD eine Beleidigung. Seit den von ihr zu verantwortenden beschämenden Bildern aus dem Bundestag Mitte vorvergangener Woche mehr denn je.

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Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland