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Politik

Perus Demokratie in der Krise

DW Sendung | A Fondo 12.11.20 - Isaac Risco
Isaac Risco
16. November 2020

In Peru zeigt sich gerade, wie gefährlich es ist, wenn sich die Bürger von der Politik abwenden: Weil dann Schurken die Institutionen des Staates für sich vereinnahmen, meint Isaac Risco.

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Karikatur von Vladdo: Der Oberkörper mit der Amtsschärpe des peruanischen Präsidenten hat keinen Kopf mehr. Im Kragen steckt ein Schild mit der Aufschrift "Vacante" - der Posten ist frei.
Peru hat keinen Präsidenten mehr - Manuel Merino hielt sich keine Woche im Amt

Was für ein Chaos: Erst wurde Perus Präsident fünf Monate vor der nächsten Wahl vom Kongress gestürzt. Dann brechen in dem südamerikanischen Staat heftige Proteste aus, zwei Menschen sterben, Dutzende werden verletzt. Keine Woche später muss nun deswegen auch der neue Interimspräsident seinen Hut nehmen.

Zur Stunde weiß nun niemand so recht, wer die Führung des von COVID-19 so schwer gebeutelten Landes - Peru hat die zweithöchste Todesrate weltweit im Vergleich zur Einwohnerzahl - übernehmen wird. Selbst eine Rückkehr des gestürzten Martín Vizcarra scheint möglich.

Jahrelanges Versagen der politischen Eliten

Dieses Chaos wäre auf jeden Fall vermeidbar gewesen. Und es ist ein Lehrstück darüber, wie sich das jahrelange Versagen der politischen Eliten bitter rächen kann, stabile demokratische Institutionen aufzubauen. Und darüber, dass wirtschaftlicher Erfolg fruchtlos bleibt, wenn man die Politik Schurken überlässt.

DW Sendung | A Fondo 12.11.20 - Isaac Risco
DW-Redakteur Isaac RiscoBild: DW

Die Absetzung Vizcarras war mit vagen Korruptionsvorwürfen begründet worden. Sie basieren vor allem auf Aussagen vermeintlicher Kronzeugen, die von der Justiz noch überprüft werden müssen. Obwohl Vizcarra einem Ermittlungsverfahren zugestimmt hatte, machte das Parlament jedoch kurzen Prozess und ersetzte den Staatschef durch einen obskuren Provinzpolitiker. Als Parlamentspräsident war Manuel Merino nicht nur federführend an dem Sturz Vizcarras beteiligt, sondern auch dessen kurzzeitiger Nutznießer.

Und noch eine andere Tatsache lässt aufmerken: Mehr als die Hälfte der 105 Abgeordneten, die gegen Vizcarra stimmten, werden selbst der Korruption bezichtigt. Das zeigt, wo das eigentliche Problem des Landes liegt.

Vereinnahmung durch korrupte Interessengruppen

In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde die peruanische Politik durch korrupte Interessengruppen systematisch vereinnahmt. Seit dem Ende des autoritären Regimes von Alberto Fujimori im Jahr 2000 hat sich Peru ökonomisch hervorragend entwickelt. Der Wirtschaftsboom hat aber nie die politischen Institutionen stabilisiert. Richtige politische Parteien gibt es nicht - vielmehr kamen für jede Wahl teils widersprüchliche Allianzen zustande, die sich bald darauf hoffnungslos zerstritten und die immer schriller und absurder wurden.

So zogen immer öfter zweifelhafte Gestalten ins Parlament ein - dubiose Unternehmer, korrupte Provinzfürsten, ja sogar Hochstapler, Kleinkriminelle und Gauner, die in der Politik lediglich ein Mittel zur Bereicherung entdeckt hatten. Politische Überzeugungen einten sie nie. Mit Erstaunen kann man in Perus Legislative heutzutage beobachten, in welchem Ausmaß das politische Leben eines Landes degenerieren kann.

Demokratie braucht Engagement

Dies alles wurde aber auch erst durch die Apathie der Wähler möglich. Seit den 1990er-Jahren hat sich in Peru eine gefährliche Politikverdrossenheit breit gemacht. Das zeigt ein zynischer, im Land beliebter Spruch: "Er klaut zwar, aber tut auch was!" Damit wird die vermeintliche Eignung von korrupten Politikern beschrieben, die zumindest auch Krankenhäuser in den Elendsvierteln bauen ließen.

Einen Lichtblick sind deswegen die überwiegend jungen Menschen, die jetzt auf die Straßen gehen. Sie scheinen verstanden zu haben: Zur Demokratie gehört auch das politische Engagement. Ansonsten überlässt man den Schurken das Feld.