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Meinung: Russland, Iran und andere Freiheitsfeinde

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp
22. Oktober 2022

Es sind nicht viele Staaten, die Russland unterstützen. Doch alle pflegen sie einen zumindest autoritären Kurs und treten die Menschenrechte mit Füßen. Umso mehr gilt es ihnen entgegenzutreten, meint Kersten Knipp.

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Abgesperrter Einschlagsort, Menschen schauen darauf
Ist es ein Einschlag einer Drohne - die ukrainischen Behörden gehen davon ausBild: Vladyslav Musiienko/REUTERS

Geht es nach Dmitri Poljanski, dem Vizechef der russischen UN-Vertretung, liegt es auf der Hand, dass Russland bei seinem Angriff auf die Ukraine keine iranischen Drohnen eingesetzt hat. Der Beweis, so Poljanski am Mittwoch: An den abgeschossenen Drohnen befänden sich schließlich russische Schriftzeichen.

Bliebe Zeit, man würde sich wundern über die Einfalt der Behauptungen, mit denen russische Diplomaten die UN-Vollversammlung von ihrer Weltsicht zu überzeugen versuchen. Aber es bleibt keine Zeit, denn ebenfalls am Mittwoch trat auch der iranische Revolutionsführer Ali Chamenei an die Öffentlichkeit: Endlich würden andere Staaten die Drohnentechnik Irans anerkennen, triumphierte er der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge. Lange habe man von Bildern iranischer Drohnen gesagt, sie seien gefälscht. "Jetzt sagen sie, iranische Drohnen seien gefährlich, warum verkauft ihr sie oder gebt sie an diesen oder jenen", zitierte ihn die Nachrichtenagentur IRNA.

Das indirekte Eingeständnis dürfte Poljanski ungelegen kommen, kam der Einspruch gegen seine Behauptung doch von höchster iranischer Stelle und stützen, was das ukrainische Militär nach eingehenden Untersuchungen erklärte: Die Bauteile abgeschossener Drohnen sind iranischen Ursprungs. Eine Untersuchung durch die Vereinten Nationen, die Russland ja auch entlasten könnten, lehnte Poljanski ab.

Kersten Knipp
DW-Nahost Experte Kersten KnippBild: W. Knipp

Glaube an den totalitären Staat

Dass Iran Russland gegen die Ukraine militärisch unterstützt, ist nur konsequent. Schon in Syrien hatten sich beide Länder auf die Seite von Präsident Baschar al-Assad gestellt, mit ihm zusammen die dortige Protestbewegung bekämpft und einen demokratischen Aufbau in dem seit den frühen 1970er Jahren vom Assad-Clan eisern beherrschten Land verhindert. Dieser Clan lässt nun weiter missliebige Personen nach Lust und Laune in seinen Kerkern verschwinden. Dazu beigetragen hat auch der von Putin zuletzt ernannte Oberkommandierende für die Streitkräfte in der Ukraine, Sergej Surowikin. Die in der Ukraine angewandte Taktik, ukrainische Städte - auch mit iranischen Drohnen - zu beschießen, hatte er zuvor in Syrien erprobt. Der Iran seinerseits schickte eigene Truppen wie auch Milizen etwa der Terrororganisation Hisbollah in das Land.

Worum es Chamenei und Putin geht, zeigte sich in Syrien ebenso wie derzeit in der Ukraine: Beide sind Feinde und Verächter des freien Wortes. In ihren jeweiligen Ideologien mögen sie sich unterscheiden - beim einen der Traum von einem islamistisch, beim anderen vom zaristisch-sowjetisch gefärbten Absolutismus. Doch beide eint der Glaube an den totalitären Staat, die absolute Macht, die keinen Einspruch duldet. Wie bedenkenlos sie bei der Durchsetzung ihres Traumes vorgehen, zeigt sich dieser Tage, da sich die ohnehin gut belegten iranischen und russischen Gefängnisse zusätzlich füllen: Sowohl in Teheran wie in Moskau gilt Dissidenz als Verbrechen.

Gewaltaffine Diktaturen

Durch seine militärische Unterstützung reiht sich Iran in die Reihe jener eine, die Russland diplomatisch unter die Arme greifen, so etwa in der vergangenen Woche, als die UN-Vollversammlung über die Verurteilung Russlands wegen der völkerrechtswidrigen Annexion abstimmte: Von den 193 Mitgliedstaaten sprachen sich nur vier gegen die Verurteilung aus: Nicaragua, Nordkorea, Syrien und Belarus.

Ungeachtet ideologischer Differenzen lassen sich die Gemeinsamkeiten der russischen Unterstützer- Staaten rasch auf den Punkt bringen: Alle sind lupenreine, gewaltaffine Diktaturen. Ein Blick auf die von der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen veröffentlichte "Rangliste der Pressefreiheit 2022" gibt näheren Aufschluss: Drei der Unterstützerstaaten - Nordkorea, Syrien und Iran - stehen auf den letzten zehn der insgesamt 180 Plätze. Nicaragua schafft es mit Platz 161 immerhin unter die 20 letzten, Russland - Rang 155 - bleibt nur knapp oberhalb, geschlagen nur von Belarus auf Rang 153.

So sieht die Welt aus, für die Russland, Iran und die ihnen verbundenen Staaten kämpfen. Ob in Europa, Nahost, Asien oder Lateinamerika: Überall nimmt diese Achse es mit den Freiheitsrechten auf, skrupellos, zynisch und brutal. Inzwischen stehen diese Regime dank entschlossener Gegenwehr ihrerseits unter Druck. Der darf um der Freiheit aller willen nicht nachlassen. Besser noch, er wächst.

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika