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Wie sich Armin Laschet verdient machen kann

Mikhail Bushuev DW Russisch
Mikhail Bushuev
9. September 2021

Auch Markus Söder kann jetzt die Union im Wahlkampf nicht mehr retten. Darüber sollten sich sogar Konservative freuen. Denn die Talfahrt ist eine echte Chance für die Partei und Deutschland, meint Mikhail Bushuev.

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Großes Wahlplakat CDU zur Bundestagswahl 2021
Die CDU wirbt mit vielen Köpfen, doch ihr Kanzlerkandidat Armin Laschet ist nur selten auf Plakaten zu sehenBild: Revierfoto/dpa/picture alliance

Die Union in der Wählergunst bei lediglich 19 Prozent?! Daran hat man erst einmal zu kauen. Eine Momentaufnahme, klar, und bisher nur von Forsa registriert. Aber allein die Zahl markiert für CDU und CSU einen nie da gewesenen Tiefpunkt in der gesamten Nachkriegszeit - mit enormen psychologischen Folgen. Zwei Dinge lassen sich bereits schlussfolgern: Die Geschichte der "Volkspartei" ist noch nicht zu Ende (Nein, hier folgt jetzt kein Abgesang), aber sie steht vor einer Zäsur, die zugleich eine Chance für Deutschland ist.  

Armin Laschet hat die Wahlkampagne fürchterlich vermasselt. "Zu träge", attestierte seinem Wahlkampf neulich selbst der NRW-Innenminister und Laschet-Vertraute Herbert Reul. Man kann (ein bisschen) Mitleid haben mit dem CDU-Vorsitzenden: Laschet trägt zwar die Hauptschuld, aber eben nicht nur er. Sondern die gesamte Union.

Ein Vakuum, das niemand füllen kann

Das schließt Angela Merkel mit ein - ein Teil der Schuld ist sicher auch ihr anzukreiden. Ja, sie war und bleibt ein Phänomen: Deutschland geht es (relativ) gut - das wird der Kanzlerin zugutegehalten. Aber Deutschland ist ziemlich schlecht auf die Zukunft vorbereitet - das aber lastet kaum jemand Merkel an. Mit ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit und ihrem - nennen wir es einmal so - Geschick hat die Kanzlerin viele (zu viele, um ehrlich zu sein) Versäumnisse ihrer 16-jährigen Regierungszeit von sich und ihrem Kabinett fernhalten können. Doch nun geht sie und hinterlässt ein riesiges Vakuum. Größer jedenfalls, als es ein Armin Laschet oder irgendjemand sonst aus CDU oder CSU hätte füllen können. Zumindest nicht so schnell, dass es am 26. September für ein respektables Ergebnis reicht. 

Mikhail Bushuev vor dem DW-Funkhaus in Bonn
DW-Redakteur Mikhail BushuevBild: DW

Vor allem die CDU hat ein gravierendes Problem. Seit Merkels überdimensionierter Schatten schwindet, sehen es alle. Niemand weiß mehr, wofür diese Union eigentlich steht! Da kann Laschet personelle Rochaden vornehmen, wie er will: Jens Spahn, seinen Partner aus dem Kampf um den CDU-Vorsitz, nicht in sein Zukunftsteam berufen. Stattdessen aber ein "Modernisierungsjahrzehnt" mit Friedrich Merz, einem Mann von gestern, versprechen. Das alles wirkt beliebig und wenig glaubwürdig. Ach ja, und "merkeln" - also unverbindlich bleiben und sich nicht festlegen - kann Olaf Scholz viel besser! All das ist hart für treue Wählerinnen und Wähler der CDU und ich fühle wirklich mit ihnen.

Nun heißt es immer öfter, die CDU-Basis sei dermaßen enttäuscht und frustriert, dass die Wahlplakate mit Armin Laschet fast nirgendwo mehr aufgehängt werden. Das versprüht einen leichten Hauch von Sabotage. Doch es bleibt zu hoffen, dass diese und andere "Saboteure" nicht tun, was unter vorgehaltener Hand immer wieder kolportiert wurde: den Spitzenkandidaten Laschet gegen den deutlich beliebteren CSU-Chef Markus Söder auszutauschen, um das Wahlergebnis irgendwie noch zu retten. Das würde der Union sicherlich helfen und das ein oder andere Prozent mehr einbringen. Doch der Schaden für Deutschland wäre umso größer, denn Söder steht ja nicht weniger als Laschet für die heutige Beliebigkeit der Union. Zum Glück ist die Zeit für einen solchen Schachzug drei Wochen vor der Wahl inzwischen vorbei - oder etwa nicht? Und dazu kann man Deutschland und sogar den frustrierten Unionswählern nur gratulieren. 

Ein wohltuender Entzug der Macht

Denn das Beste, was Armin Laschet jetzt noch machen kann (machen muss!), ist dies: nach der absehbaren historischen Pleite - und das ist jedes Wahlergebnis unter 30 Prozent - die Union geordnet in die Opposition zu führen. Und zwar für die gesamte Legislaturperiode. Das wäre mehr als nur ein wohltuender Entzug der Macht: Die Union hätte Zeit für ihre bitter nötige inhaltliche und personelle Neuaufstellung. Sie könnte in Ruhe ihre Korruptionsaffären (zum Beispiel die Maskendeals) aufarbeiten und so wieder Glaubwürdigkeit gewinnen. Denn ein glaubwürdiger Chef oder eine glaubwürdige Chefin allein reicht nicht - die ganze Partei muss es sein!

Armin Laschet mag es, wie ihn die Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock einmal beschrieben hat: Er sei "standhaft bei Gegenwind". Nun soll er seine Standhaftigkeit unter Beweis stellen und die überfällige Erneuerung der Union ins Werk setzen. Das wird nicht nur ihm und der Partei guttun, sondern auf Dauer ganz Deutschland.