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Melanie Leupolz: Mit Kind bei der Fußball-Weltmeisterschaft

24. Juli 2023

Muttersein und Profisport haben sich lange Zeit ausgeschlossen. Fußball-Nationalspielerin Melanie Leupolz zeigt, dass es auch anders geht. Bei der WM geht es für sie daher nicht nur um den Titel-Gewinn.

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DFB Fußball | Frauen Nationalmannschaft | Deutschland - Vietnam | Melanie Leupolz
Nationalspielerin und Mutter Melanie Leupolz will Vorbild für andere Frauen im Profisport seinBild: Memmler/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Dann war es endlich soweit. Das deutsche Team um Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hatte endlich ihr erstes WM-Spiel. Beim 6:0 gegen Marokko gelang den DFB-Frauen ein überzeugender Start in das Turnier. Mittendrin auch Melanie Leupolz, die für die angeschlagene Lena Oberdorf in die Startelf gerutscht war. "Großartiger Start ins Turnier", schrieb Leupolz auf ihrem Instagram-Kanal nach dem gelungenen WM-Auftakt. Dass die 29-Jährige auf dem Platz in Melbourne stand, war nicht selbstverständlich, denn Leupolz hatte erst im Oktober vergangenen Jahres ihren kleinen Sohn zur Welt gebracht.

Doch eine lange Pause hatte sich die Mittelfeldspielerin nach der Geburt nicht gegönnt. Nur dreieinhalb Monate später hatte sie bereits wieder am Mannschaftstraining ihres Klubs, des FC Chelsea, teilgenommen.

Chelsea als Vorzeigeverein

"Ich habe während der gesamten Phase die beste Unterstützung und das Verständnis meiner Trainerin bekommen. Sie hat selbst auch ein Kind. Deswegen weiß sie, was wichtig ist, um Profi-Fußball und Familie zu vereinen. Deshalb bin ich sehr, sehr dankbar", berichtet Leupolz im DW-Interview.

Chelsea Emma Hayes
Emma Hayes, Trainerin beim FC Chelsea ist selbst Mutter und bringt ihren Sohn manchmal mit zum TrainingBild: Steven Paston/empics/picture alliance

Chelsea-Chefcoach Emma Hayes stand im neunten Schwangerschaftsmonat noch auf dem Trainingsplatz. Und nur wenige Wochen danach wurde dann der Kinderwagen am Rand des Geländes geparkt. "Die Akzeptanz ist absolut da", wird Leupolz auf der Homepage des Deutschen Fußballbundes zitiert: "Emma sagt auch immer, dass ich den Kleinen gerne mit auf die Anlage bringen kann. Er sei keine Ablenkung für die Mannschaft oder für sie."

Chelsea gilt in England als Vorzeige-Klub, wenn es um junge Profi-Mütter geht. "Ich hatte Unterstützung vom Verein, die mir eine Beckenboden-Trainerin zur Seite gestellt haben. Deshalb habe ich auch schnell wieder zu meiner alten Stärke gefunden", erklärt Leupolz. "Alle zwei Wochen hatten ich einen Zoom-Call mit Experten auf diesem Gebiet, mit denen ich die Übungen durchgesprochen habe, die ich problemlos machen kann. Dadurch war meine Ausfallzeit recht kurz, und ich musste nicht so viel wieder aufholen", ergänzt sie in einem Interview mit dem DFB.

Körperlich, so die Mittelfeldspielerin, vermisse sie aktuell nichts mehr und fügt an: "Meine Trainerin sagt sogar, dass ich sehr frisch und leichtfüßig wirke." Zudem hat Chelsea den Vertrag mit Leupolz erst vor wenigen Monaten vorzeitig verlängert - kurz nach der Geburt ihres Sohnes. "Mein Körper hat sich sehr schnell und gut erholt. Ich bin selbst etwas erstaunt, dass es so schnell geklappt hat. Zuletzt in der Champions League bei Olympique Lyon habe ich wieder 90 Minuten auf dem Platz gestanden. Ich freue mich total darüber, dass ich jetzt wieder da bin."

Olympique Lyon streicht Gunnarsdottir das Gehalt

Auch wenn bei Leupolz alles gut verlaufen ist und sie die volle Unterstützung des Vereins bekommen hat, ist bei dem Thema "Muttersein im Profi-Sport" noch viel Luft nach oben. Das zeigt der Fall von Sara Björk Gunnarsdottir. Sie war 2020 vom deutschen Spitzenklub VfL Wolfsburg nach Frankreich zu Olympique Lyon gewechselt und wurde 2021 schwanger. Mit Einverständnis ihres Vereins reiste die Spielerin für die letzten Monate vor der Geburt in ihr Heimatland Island. Der Verein überwies ihr daraufhin aber nur noch einen Teil ihres Gehalts und stellte die Zahlungen später ganz ein. Erst nach einem Tribunal des Weltverbands FIFA bekam Gunnarsdottir rund 82.000 Euro Gehalt von Lyon nachgezahlt. Mittlerweile spielt die Isländerin in Italien bei Juventus Turin.

Melanie Leupolz: "Der DFB ist sehr offen"

Bei Leupolz lief es deutlich besser, trotzdem bleibt eine Doppelrolle, die nicht immer leicht zu meistern ist. "Es ist natürlich eine Herausforderung und auch schwierig, aber es ist schön, dass ich beides vereinen kann", sagte Leupolz der DW. "Ich wusste natürlich, dass es ein gewisses Risiko ist, wenn man ein Kind während seiner Karriere hat. Aber es ist wunderschön, dass es mit der richtigen Unterstützung funktioniert. Deswegen ist es auch cool, dass ich hier dabei sein kann."

Martina Voss Tecklenburg mit Tochter Dina
Martina Voss-Tecklenburg mit ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter DinaBild: Eibner-Pressefoto/picture alliance

Beim DFB wurde das Thema von Beginn an positiv angenommen. Vor Leupolz hatte bereits Torhüterin Almuth Schult mit Kind den Weg zurück in die Nationalmannschaft geschafft. Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg brachte während ihrer aktiven Karriere in den 1990er-Jahren ihre Tochter zur Welt und spielte parallel weiterhin auf höchstem Niveau Fußball. "Der DFB ist bei dem Thema sehr offen. Wenn ich etwas brauche, soll ich Bescheid sagen, dann versuchen sie, es auch umzusetzen", so Leupolz. "Deswegen sind wir zwei da sehr willkommen, und das ist auch wunderschön so."

23 Babysitter und Oma Martina

Während Leupolz' Mitspielerinnen nach dem Training ihre Freizeit genießen, beginnt für die junge Mutter ihr zweiter "Job". "Wenn ich auf dem Platz stehe, bin ich einhundert Prozent Profifußballerin, und wenn ich zu Hause bin, dann bin ich nur Mutter", sagt Leupolz. Die zwei Bereiche würden sich bereichern und es sei "umso besser, dass beides möglich ist".

Die Trainingslager vor der WM konnte Leupolz problemlos mitmachen, sodass der Traum von der WM-Teilnahme wahr werden konnte: Bundestrainerin Voss-Tecklenburg berief Leupolz in ihren WM-Kader, sie durfte gemeinsam mit dem Nachwuchs nach Australien reisen. 

Melanie Leupolz DFB
Melanie Leupolz möchte nicht nur den WM-Titel gewinnen, sondern auch anderen Frauen Mut machenBild: Wunderl/BEAUTIFUL SPORTS/picture alliance

"Wir werden alles möglich machen, was der Melly hilft. Wir sind da ziemlich entspannt", sagte die Bundestrainerin vor dem Turnier. "Viele Spielerinnen freuen sich jetzt schon, wahrscheinlich den ganzen Tag Tagesmutter zu spielen und den kleinen Mann auch zu bespaßen." 23 Babysitter und die "Oma Martina" seien bereit, so Voss-Tecklenburg.

Leupolz möchte anderen Frauen Mut machen

Für Leupolz geht es bei der WM um mehr als den Titel, sie will ihre Doppelrolle nutzen und anderen Frauen Mut machen. "Ich hoffe, dass ich da eine Vorbildrolle einnehmen kann, weil bei mir alles super funktioniert hat. Das sollen auch die anderen Vereine sehen." Leupolz hofft, dass so auch andere Frauen die "Angst beiseitelegen können, dass sie dann fallen gelassen werden von ihren Verbänden und Vereinen."

Es sei natürlich immer ein gewisses Risiko, weil man nie wisse, wie so eine Schwangerschaft verlaufe, aber "wenn sich dann eine Frau dazu entscheidet, ein Kind während ihrer Karriere zu bekommen, dann hoffe ich, dass ich dieser Frau auch Mut mache und zeige, dass es möglich ist."

Dies ist eine aktualisierte Version des am 24.07.2023 erstmals veröffentlichten Artikels.