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Mit einem Meldebutton gegen Antisemitismus im Sport

David Vorholt mit dpa, SID
31. Oktober 2023

Antisemitische Vorfälle im Sport kommen regelmäßig vor, die Dunkelziffer ist mutmaßlich viel höher als die bekannten Fälle. Ein neues Meldesystem soll den Kampf gegen Antisemitismus im Sport vereinfachen und verbessern.

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Fussball l Sportklub Makkabi in Frankfurt - B1-Fussballjugend
Die B1-Fussballjugend des jüdischen Sportklubs Makkabi mit einer Flagge in Frankfurt am Main (Foto vom 04.12.2018)Bild: Heike Lyding/epd/imago

Nicht erst seit dem brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel häufen sich in Deutschland die Berichte über antisemitische Übergriffe im Sport. Besonders im Amateurfußball als größter Breitensportsektor mit seinen rund 2,2 Millionen aktiven Spielerinnen und Spielern sind Jüdinnen und Juden immer wieder betroffen. Den Fällen, die in der Öffentlichkeit bekannt werden, steht eine mutmaßlich um ein vielfaches höhere Dunkelziffer gegenüber. Der Grund dafür ist, dass viele mutmaßliche Fälle überhaupt gar nicht erst gemeldet und dementsprechend auch nicht öffentlich bekannt werden.

Das soll sich durch eine neue Möglichkeit zur zentralen Erfassung von antisemitistischen Übergriffen im Sport ändern. Zu diesem Zweck wurde ein Meldebutton entwickelt, der den Vereinen, Verbänden und Fanorganisationen den Hinweis auf entsprechende Vorgänge vereinfacht. Der Bundesverband RIAS (Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus), der das Projekt "Zusammen1" in Zusammenarbeit mit dem jüdischen Sportverband Makkabi Deutschland ins Leben gerufen hat, möchte damit den "Missstand im Umgang mit Diskriminierungserfahrungen im Sport" bekämpfen. Antisemitische Vorfälle im Sport können ab sofort unter der Internetseite "zusammen1.de/vorfall-melden" gemeldet werden. 

Screenshot Vorfall melden
Die Website "zusammen1.de" soll den Kampf gegen Antisemitismus im Sport stärken

"Meilenstein um Kampf gegen Antisemitismus"

RIAS-Geschäftsführer Benjamin Steinitz sprach bei der Vorstellung des Buttons im Stadion des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund von einem "Meilenstein im Kampf gegen Antisemitismus". Er verwies dabei auch auf die "spürbare Zunahme antisemitischer Vorfälle als Reaktion auf die Angriffe der Hamas" und betonte, es sei wichtig, Antisemitismus sichtbar zu machen.  

"Die Erkenntnisse aus den Meldungen werden im Bereich der Restriktionen, aber insbesondere auch im Bereich einer noch zielgenaueren Antisemitismusprävention weiterhelfen", teilte die Antisemitismusbeauftragte von Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP), auf DW-Anfrage mit. Sie stehe "als Antisemitismusbeauftragte in einem engen Austausch mit RIAS, sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene". Das Projekt sei enorm wichtig, weil "für den gesamten Sportbereich keine genauen Zahlen" vorliegen. 

Makkabi-Präsident Alon Meyer sagte, die Situation habe "dramatische Züge angenommen", was auch die rund 40 jüdischen Vereine in Deutschland betreffe. "Einige Ortsvereine mussten den Spielbetrieb teilweise oder in Gänze einstellen", sagte Meyer. 

Fussball l Makkabi-Vorsitzender Alon Meyer
Makkabi-Deutschland-Präsident Alon Meyer spricht von einem "Meilenstein"Bild: MAKKABI Deutschland e. V./dpa/picture alliance

Die Meldebutton-Schöpfer verwiesen auf eine Studie von 2021, wonach 83 Prozent der Vorfälle noch im privaten Umfeld besprochen werden, aber nur 54 Prozent an den eigenen Verein gemeldet werden. 38 Prozent der Fälle erreichen die Stellen des organisierten Sports und lediglich 24 Prozent die außersportliche Meldestellen. Diesen Missstand soll der Button beheben und es erleichtern, die Meldefunktion laut Initiatoren "niedrigschwellig auf allen Webseiten einzubinden".

Anonym, einfach und wirksam? 

Mit dem Aufrufen des Buttons können Meldungen über antisemitische Übergriffe anonym abgeben werden. Diese werden dann automatisch und sicher an RIAS zur Bearbeitung und systematischen Auswertung weitergeleitet. Betroffene Personen werden nach Angaben von RIAS gegenüber der DW zur Verifizierung des Vorfalls und für mögliche Unterstützung von geschultem Personal kontaktiert. Betroffene werden bei Bedarf "von Zusammen1 bei der Aufarbeitung im organisierten Sport unterstützt", beispielsweise mit Anzeigen beim zuständigen Verband.

Per Code kann der Meldebutton auf jeder beliebigen Website eingebunden werden, was Sichtbarkeit und Bekanntheit fortlaufend erhöhen soll - und damit auch die gemeldeten Fälle. "Die neuen Meldestrukturen mit dem Meldebutton Sport sind ein wichtiger Schritt, um das Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle im Sport zu erhellen und insbesondere Meldungen zu vereinfachen", teilte Sabine Leutheuser-Schnarrenberger auf DW-Anfrage mit. 

Wie mit an RIAS gemeldeten Fällen weiterverfahren werden soll, können die meldenden Personen grundsätzlich selbst entscheiden. Eine strafrechtliche Verfolgung beispielweise erfolgt so nicht zwingend auf einen gemeldeten Fall. In erster Linie geht es um die zentrale Erfassung von antisemitischen Vorfällen im Sport, so wie auch bei der von RIAS betriebenen allgemeinen Meldewebsite report-antisemitism.de. "Verifizierte Vorfälle werden systematisiert und ausgewertet", heißt es hier und mit "Ein­verständnis wird der Vorfall in unserer Chronik ver­öffentlicht". 

Eine Spielszene der Partie Berolina Stralau - Makkabi Berlin im Landespokal Berlin Mitte Oktober 2023
Spielszene der Partie Berolina Stralau - Makkabi Berlin im Landespokal Berlin Mitte Oktober 2023Bild: Monika Skolimowska/dpa

Auch nicht-jüdische Sportlerinnen und Sportler, die in den Makkabi-Vereinen aktiv sind und dort sogar die Mehrheit bilden, sind als Makkabi-Mitglieder immer wieder von antisemitischen Anfeindungen betroffen. Der Meldebutton richtet sich auch an sie. Ziel sei die "Förderung eines Umfelds, in dem sich alle sicher und akzeptiert fühlen", sagte Makkabi-Präsident Alon Meyer.      

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion