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Mbonimpa: "Ich stehe das durch"

Domitille Kiramvu / Hilke Fischer27. Oktober 2015

Der burundische Menschenrechtsaktivist Pierre Claver Mbonimpa überlebte nur knapp einen Anschlag und ist nun zur Behandlung in Belgien. Im DW-Interview spricht er über seinen Einsatz für Frieden in Burundi.

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Menschenrechtler Pierre-Claver Mbonimpa aus Burundi Foto: DW/D. Kiramvu
Pierre Claver Mbonimpa in einem Brüsseler KrankenhausBild: DW/D. Kiramvu

Burundi steckt in einer schweren politischen Krise, seit Präsident Pierre Nkurunziza im Frühjahr für eine dritte Amtszeit kandidierte. Die burundische Verfassung sieht maximal zwei Amtszeiten für einen Präsidenten vor. Seit dem Gewaltausbruch im Frühling zwischen Regierung und Opposition wurden mehr als 140 Menschen getötet. Nach UN-Angaben werden fast täglich Leichen in den Straßen Bujumburas gefunden. In den vergangenen Wochen richteten sich die Anschläge vermehrt gegen Vertraute des Präsidenten und prominente Regierungsgegner. Im August überlebte der Menschenrechtler Pierre Claver Mbonimpa ein Attentat und wurde schwer verletzt. Jetzt wird er in Belgien behandelt. Die Deutsche Welle ist das erste internationale Medium, mit dem Mbonimpa seitdem gesprochen hat.

DW: Herr Mbonimpa, wie ist es zu diesem Anschlag gekommen?

Pierre Claver Mbonimpa: Am 3. August habe ich gegen 12 Uhr mein Büro verlassen. Ich habe ein Motorrad gesehen, auf dem mehrere Personen saßen. Einen Mann habe ich erkannt, er arbeitet für den Geheimdienst. Als wir nur noch etwa 800 Meter von meiner Wohnung entfernt waren, stießen wir auf einen Kleinlaster, der uns die Straße versperrte. Dahinter sah ich ein Motorrad, das links von mir vorbei fuhr. Als ich mich zu ihm umdrehte, habe ich direkt für mindestens eine Minute das Bewusstsein verloren. Als ich wieder zu mir kam, stellte ich fest, dass ich blutüberströmt war. Daraus schloss ich, dass auf mich geschossen wurde.

Wie wollen Sie Ihren Kampf für die Menschenrechte nun weiterführen?

Unsere Arbeit ist sehr ehrbar. Es ist eine tolle Arbeit, die aber mit Risiken verbunden ist. Das muss allen Verteidigern der Menschenrechte bewusst sein. Das ist es, was wir durchstehen müssen. Ich stehe das durch, auch heute noch. Ich habe damit Erfahrung. Das ist nicht das erste Mal. Die Staatsanwaltschaft hat mich schon mehrmals vorgeladen. Ich wurde verhaftet, eingesperrt. Mit dem Mordversuch ist nun eine neue Eskalationsstufe erreicht. Aber all das muss ich ertragen, denn als Verteidiger der Menschenrechte zu arbeiten, bedeutet, alles aushalten zu müssen. Sobald ich genesen bin, werde ich deshalb nach Burundi zurückkehren und mit meiner Arbeit weitermachen. Wenn ich das nicht tue, wenn ich aufgebe, dann würde das Volk mich als Verräter ansehen. Ich werde bis zu meinem Lebensende weitermachen.

Pierre Claver Mbonimpa Foto: CARL DE SOUZA/AFP/Getty Images
Stets kämpferisch: Pierre Claver MbonimpaBild: AFP/Getty Images/C. de Souza

Präsident Nkurunziza hat am Freitag gesagt, dass er niemals mit den Oppositionellen, die sich im CNARED (Nationalrat für den Respekt des Abkommens von Arusha für Frieden und Versöhnung in Burundi und die Wiederherstellung des Rechtsstaats) zusammengeschlossen haben, Gespräche führen will. Was sagen Sie dazu?

Präsident Nkurunziza muss, ob er will oder nicht, letztendlich am Dialog teilnehmen. Ich glaube nicht, dass Nkurunziza stärker ist als Buyoya (Anm.d.Red.: Pierre Buyoya war von 1987 bis 1993 und von 1996 bis 2003 Staatspräsident von Burundi. Unter seiner Herrschaft kam es 1988 zu einem Aufstand der Hutu mit ungefähr 20.000 Toten.) Buyoya war stärker als Nkurunziza. Aber am Ende hat Buyoya Gespräche akzeptiert. Dass muss Nkurunziza auch, notgedrungen. Die Afrikanische Union hat das beschlossen. Und auch die USA und die UN fordern den Dialog mit der Opposition. Nkurunziza kann also nicht selbst entscheiden, mit wem er reden will und mit wem nicht.

Werden Sie versuchen, die Person, die sie umbringen wollte, zur Rechenschaft zu ziehen?

Ich habe nichts gegen ihn. Ich bin Christ. Der Herr sagt uns immer, dass wir den Menschen vergeben sollen, die uns Leid zufügen. Ich habe schon sehr oft vergeben. Es war nicht das erste Mal, dass mir so ein Unglück widerfahren ist. Ich habe die Ereignisse von 1972 (Anm. d. Red.: Massaker an den Hutu mit mindestens 100.000 Toten) und von 1993 (der Beginn des bis 2006 andauernden Bürgerkriegs) durchlebt. Ich habe meinen Vater und meine Mutter verloren. Ich konnte nicht bei ihrer Beerdigung dabei sein. Unlängst wurde mein Schwiegersohn getötet. Auch ihm konnte ich nicht die letzte Ehre erweisen. Ich muss verzeihen.

Pierre Claver Mbonimpa ist Vorsitzender der burundischen Menschenrechtsliga (Aprodh). Er setzt sich dafür ein, dass Burundis Präsident Pierre Nkurunziza die Gespräche mit der Opposition wieder aufnimmt.

Das Interview führte Domitille Kiramvu.