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Merkel in Hightech-China

25. Mai 2018

Zum Abschluss ihrer China-Reise besuchte die deutsche Kanzlerin die Innovationsregion um Shenzhen. Die Stadt hat sich innerhalb weniger Jahrzehnte von einem Fischerdorf zu einer Hightech-Metropole entwickelt.

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China Shenzhen - Angela Merkel besichtigt das Startup iCarbonX
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Angela Merkel traf am Morgen in der südchinesischen Stadt Shenzhen ein. Sie nahm dort unter anderem an der Eröffnung eines Innovationszentrums der deutschen Auslandshandelskammer teil. Auf der Tagesordnung stand danach die Besichtigung eines Werkes, das der deutsche Industriekonzern Siemens betreibt.

In der High-Tech-Metropole Shenzhen wollte sich die Bundeskanzlerin über den Stand chinesischer Innovationstechnologien wie autonomes Fahren oder künstliche Intelligenz informieren. In der Provinz Guangdong, in der Shenzhen liegt, ist die deutsche Wirtschaft mit etwa 600 Unternehmen vertreten. Siemens baut hier seit 2002 bildgebende Geräte zur Gesundheitsdiagnostik. Insgesamt hat Siemens in China 65 Standorte mit über 32.000 Mitarbeitern.

Sicherheit bei Schlüsseltechnologien

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China brauche eine neue Grundlage, sagte Merkel am Freitag bei ihrem Besuch. "Die Kooperation muss nun auf ganz neue Füße gestellt werden, natürlich auch mit Blick auf die Digitalisierung", sagte die Kanzlerin. "Denn Daten sind der entscheidende Faktor und Datensicherheit damit für die Unternehmen das A und O."

Sie hoffe, dass in den nächsten Monaten eine Absichtserklärung mit China im Bereich des autonomen Fahrens unterzeichnet werden könne, sagte die Kanzlerin. Dies solle deutschen Unternehmen mehr Möglichkeit und Sicherheit in dieser Schlüsseltechnologie bieten.

Auch das chinesische Biotech-Startup iCarbonX besuchte die Kanzlerin. Seit 2015 arbeitet die Firma an einer auf künstlicher Intelligenz und der Auswertung großer Datenmengen basierenden Plattform zur Gesundheitsförderung und -vorsorge. Dazu sollen in den nächsten fünf Jahren Gesundheitsdaten wie etwa Herzschlag, Schlafmuster, Blutwerte und die Erbsubstanz von bis zu einer Million Menschen analysiert werden.

Streitpunkt Marktzugang

Merkel war am Donnerstag zu ihrem elften China-Besuch als Kanzlerin in Peking eingetroffen. Dort wurde sie von Ministerpräsident Li und Präsident Xi empfangen. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China. Merkel forderte, beide Seiten müssten die gleichen Voraussetzungen für den Zugang zum Markt haben. 

China Peking - Angela Merkel bei treffen mit Xi Jinping
Merkel in Peking: Politische Gespräche um Wirtschaftsfragen Bild: picture-alliance/AP Images/J. Lee

Die Millionenstadt Shenzen, in der Deng Xiaoping vor 40 Jahren Chinas Öffnungspolitik verkündete, ist heute eine Hightech-Stätte des Landes. "Diese Stadt steht stellvertretend für diese Öffnung", sagte Merkel in dem Siemens-Werk, in dem für den chinesischen und amerikanischen Markt modernste Computertomografen gebaut werden. In nur 40 Jahren habe sich das Fischerdorf mit 30.000 Einwohnern zu einer Metropole mit 21 Millionen Menschen entwickelt. Mittlerweile ist Shenzhen eine der reichsten Städte Chinas mit einem Pro-Kopf-Einkommen von über 27.000 US-Dollar. Der landesweite Durchschnitt liegt bei gut 7800 Dollar.

Trotz unveränderter Differenzen beim Marktzugang für deutsche Unternehmen wollen Deutschland und China hier ihre Zusammenarbeit vertiefen. Bei dem Treffen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping am Donnerstag sagte die Bundeskanzlerin, dass für sie eine weitere Öffnung des chinesischen Marktes und gleiche Behandlung von Unternehmen in beiden Ländern bei der Entwicklung der Beziehungen "eine große Rolle spielen" werden.

Das Schicksal der Inhaftierten

Merkel hatte sich zuvor während ihrer China-Reise bei der Ehefrau des inhaftierten chinesischen Menschenrechtsanwalts Yu Wensheng nach dessen Schicksal erkundigt. "Ich bin der Kanzlerin sehr dankbar, dass sie mir zugehört hat", sagte Xu Yan, die Frau von Yu Wensheng, am Freitag in Peking. Sie war am Vorabend mit Merkel in der deutschen Botschaft zusammengekommen.

Merkel hatte Yu Wensheng vor dessen Festnahme bei einem früheren Besuch in Peking kennengelernt - genau wie den mittlerweile ebenfalls in Haft sitzenden Anwalt Jiang Tianyong. Seit Juli 2015 läuft in China eine breit angelegte Verfolgung unter anderem von Bürgerrechtsanwälten und Aktivisten. Während des Besuches der Kanzlerin haben die chinesischen Sicherheitsbehörden auch den bekannten Bürgerrechtler Hu Jia unter Hausarrest gestellt, um ein befürchtetes Treffen mit Merkel zu verhindern. Ein solches Vorgehen ist in China durchaus üblich.

Ob die Kanzlerin in ihren Gesprächen über den Fall der seit acht Jahren unter Hausarrest stehenden Witwe des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo gesprochen hat, blieb offen. Chinas Premier reagierte nur ausweichend auf die Journalistenfrage nach einer Ausreise von Liu Xia. Die 59-Jährige ist krank und möchte nach Deutschland ausreisen. Ihr Mann, der Bürgerrechtler Liu Xiaobo, war vor einem Jahr in Haft an den Folgen von Leberkrebs gestorben.

ar/hb (dpa, rtr, afp)

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