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Merkel: Orban soll Opposition achten

2. Februar 2015

Leise Kritik, höflich verpackt: Die Bundeskanzlerin sprach den ungarischen Premier auf Missstände an, die aus dem Munde seiner Kritiker deutlich härter klingen. Vor allem aber ging es um die Ukraine-Krise.

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Angela Merkel und Viktor Orban in Budapest (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/L. Balogh

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Ungarns Regierungschef Viktor Orban zu mehr Offenheit gegenüber seinen Kritikern aufgefordert. Merkel sagte nach einem Treffen mit dem rechtskonservativen Politiker in Budapest: "Auch wenn man eine sehr breite Mehrheit hat wie der ungarische Ministerpräsident, ist es sehr wichtig, in einer Demokratie die Rolle der Opposition, die Rolle der Zivilgesellschaft, die Rolle der Medien zu schätzen."

Gesellschaften lebten davon, dass sie im Wettstreit miteinander um den besten Weg ringen. "Ich glaube, dass dies auch für Ungarn ein wichtiges Modell ist." Orban wird ein autoritärer Regierungsstil und Druck auf die Medien vorgeworfen. Seine Kritiker sagen, er habe die Unabhängigkeit von Justiz und Notenbank unterhöhlt. Journalisten und Nichtregierungsorganisationen bremse er systematisch aus, um seine Macht zu zementieren.

"Keine deutschen Waffenlieferungen"

Merkels Treffen mit Orban galt jedoch vor allem einem außenpolitischen Thema: der Ukraine-Krise. Als die Bundeskanzlerin nach den Gesprächen vor die Presse trat, schloss sie deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine aus. "Ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Konflikt militärisch nicht gelöst werden kann", sagte Merkel. Auch Orban erklärte, dass sein Land keine Waffen nach Kiew schicken werde. Mehrere Medien hatte zuvor berichtet, die USA erwögen Waffenlieferungen an die Ukraine.

Die beiden Regierungschefs bekräftigten, dass sie die Vision einer Freihandelszone zwischen der EU und der von Russland dominierten Eurasischen Union begrüßten. Die Kanzlerin sprach allerdings von einer langfristigen Option, die nichts daran ändere, dass sich die EU derzeit in einem "sehr harten Konflikt" mit Russland befinde. Die EU und die USA werfen Moskau vor, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine auch militärisch zu unterstützen.

Proteste werden versteckt

Unterdessen haben die ungarischen Behörden neue Proteste gegen die Politik der Regierung aus dem Blickfeld der deutschen Bundeskanzlerin verbannt. So untersagte die Anti-Terror-Polizei TEK kurzfristig eine geplante Kundgebung von Bürgerrechtlern vor der Andrassy-Universität in Budapest, wie die Initiative "Most mi!" (Jetzt wir) auf ihrer Facebook-Seite bekanntgab. Die Kundgebung musste einen Häuserblock weiter stattfinden.

In einer Diskussion mit Studenten der deutschsprachigen Universität betonte Merkel, dass Regierungen die Opposition nicht als "Feind" ansehen sollten. Gerade das Regieren mit großer Mehrheit verlange "einen behutsamen und auf Konsens ausgerichteten Umgang mit der Verfassung". Demokratien würden durch Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit stärker, nicht schwächer.

"Rette uns vor dem Bösen!"

Am Sonntag hatten mehrere tausend Ungarn gegen die autoritäre Politik der Regierung demonstriert. Vor dem Parlament in der Hauptstadt Budapest waren auch deutschsprachige Transparente zu lesen. Auf einem der Plakate stand: "Frau Merkel, retten Sie Ungarn!", auf einem anderen: "Angela, rette uns vor dem Bösen, wir wollen EU-Bürger bleiben."

jj/gmf (dpa, afp, rtr)